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0471 - Im Bann der Hexe

0471 - Im Bann der Hexe

Titel: 0471 - Im Bann der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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durchaus in den klischeehaften Verdacht der Trunksucht hätte bringen können. Auf seinem Kopf ein schwarzer Hut, einem Dreispitz nicht ganz unähnlich, ein weinroter Schultermantel, ein grünes Samtwams, eine dunkle Kniebundhose, weiße Strümpfe, Schuhe mit riesigen goldenen Schnallen, eine Ledertasche am Ledergürtel, ein mit Edelsteinen verzierter Degen - und ein mächtiger roter Bart.
    Seltsamerweise hatte Susy zu diesem Mann sofort Vertrauen, obgleich sie ihn doch überhaupt nicht kannte und sein Aussehen und Auftreten doch reichlich exzentrisch war - um nicht zu sagen, reichlich verrückt. Aber war es nicht auch verrückt, daß ihr Spiegel plötzlich schwarz geworden war und sie dann plötzlich hier in dieser seltsamen und fremden Umgebung war? Und sprach es nicht für diesen fremden Mann, daß er nach »standesgemäßer« Kleidung für sie verlangt hatte? Und plötzlich machte es ihr gar nichts mehr aus, daß er sie angestarrt hatte - und seine Verlegenheit, die er sofort darauf zeigte und zu verbergen suchte, sprach ebenfalls für ihn. Dazu, wie er mit dieser Situation fertigwurde. Irgendwie war es wie im Film. Entweder gehörte er zu diesem Film - oder er wurde auf eine ganz besondere Art damit fertig. Er war wohl das, was man einen Helden nannte, auch wenn er gar nicht wie ein Held aussah…
    Er hatte ihre rechte Hand gefaßt, ungeachtet der Tatsache, daß sie darin immer noch die Genever-Flasche festhielt, hatte ihre Hand geküßt und sie dann weiter hoch gehalten, während er dem seltsamen Geschöpf folgte, das einer dieser komischen bayrischen Wolpertinger sein mußte. Der schwarzhäutige Gnom hatte ihn einen familiaris genannt. Ein wenig kannte Susy sich mit der Materie aus; immerhin war sie da ziemlich belesen. Ein familiaris war so etwas wie ein Berater, den der Teufel einer Hexe zur Verfügung stellte, die sich ihm verschrieben hatte.
    Dieser Wolpertinger war also ein Gesandter der Hölle…?
    Susy seufzte leise. Bei aller Liebe zu Fantastik, zu Esoterik und auch ein bißchen Magie - Dinge wie Hölle, Teufel und dergleichen hatte sie nie richtig ernst genommen. Ein wenig fühlte sie sich an ihren Ex-Lover Eddy Nieuwdorp erinnert, der auch nichts von Science Fiction hielt. Was würde der wohl hierzu sagen?
    Mittlerweile wünschte sie sich fast, ihn nicht auf diese ultimative und entwürdigende Weise hinausgeworfen zu haben. Denn dann wäre ihr dies hier vielleicht nicht passiert…
    Aber dann hätte sie vielleicht auch diesen… wie hieß er noch? Als ›Don Cristofero del soundso‹ hatte er sich doch wohl vorgestellt; nun, ihn hätte sie dann vielleicht nicht kennengelernt. Und irgendwie fand sie den Mann doch interessant…
    Deshalb störte es sie auch überhaupt nicht mehr, daß er sie nackt sah; im Gegenteil; die Situation gewann dadurch einen ganz besonderen, seltsam prickelnden Reiz. Wie würde er sich weiter verhalten? Und was hatte es mit dem verwachsenen, schwarzen Zwerg auf sich, der in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu Don Cristofero stand?
    Die Kreatur, die einem Wolpertinger glich, führte sie durch ein verwirrendes Labyrinth von Korridoren und Treppen. Susy fiel auf, daß der Gnom an jeder Abzweigung Markierungen hinterließ. Wie er das machte, war ihr nicht klar. Aber er berührte eine Stelle an der Wand, und dort entstand ein kaum wahrnehmbares Leuchten. Der Kleine dachte also durchaus mit. Auf diese Weise konnten sie den Weg zurück finden - von allein hatte sie längst die Orientierung verloren.
    Schließlich blieb der familiaris vor einer massiven, breiten Holztür stehen, deren Griff für ihn unerreichbar hoch lag. »Hier ist euer Zimmer«, quiekte er.
    Don Cristofero gab dem Gnom einen Wink. Der Namenlose öffnete die Tür und schob das schwere Holz ins Innere des dahinterliegenden Zimmers. Die Angeln knarrten nervtötend.
    Don Cristofero trat, die Hand am Degen, ein und sah sich um. Derweil starrte der Gnom finster auf den familiaris hinab. »Du bist unhöflich, Kleiner«, rügte er. »Du hättest die Tür magisch öffnen können. Sei froh, daß es keine Falle für meinen Herrn war; du würdest jetzt schon nicht mehr leben.«
    Susy von Loowensteen lächelte verloren. Sie folgte Don Cristofero in das Zimmer. Zimmer? Es war ein Festsaal. Krasser konnte der Gegensatz zu den kahlen, düsteren Gängen, durch die sie geführt worden waren, kaum ausfallen. Dort hatten nur in großen Abständen Fackeln an den Wänden geräuchert, deren matter Flackerschein die gröbsten

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