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0474 - Der Hexenstein

0474 - Der Hexenstein

Titel: 0474 - Der Hexenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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an der Brücke.«
    »Wer denn, zum Teufel?«
    Grinzer lachte und nickte zugleich. Er wischte über seinem Mund. In den Barthaaren glitzerte Eis.
    »Teufel ist gut!« flüsterte er. »Vielleicht war es sogar der Teufel oder einer seiner Diener.«
    »Wer war es nun?«
    »Thomas!«
    Kaiser lachte leise. »Na und?«
    Mit dieser Reaktion war Giancarlo Grinzer überhaupt nicht einverstanden. »Na und, sagst du? Mehr nicht?«
    »Was soll ich sagen, verdammt?«
    »Das war Thomas.«
    »Laß mich in Ruhe!« Kaiser wurde allmählich sauer. »Wenn du deinen Freund Thomas…«
    »Er ist nicht mein Freund. Wie sollen lebende Tote meine Freunde sein, Helmut?«
    Kaiser war schon einige Schritte gegangen. Als er die laute Frage hörte, blieb er stehen und drehte sich um. »Das möchte ich noch einmal wiederholt haben, Meister.«
    Grinzer tat ihm den Gefallen. »Es ist der Thomas gewesen. Dein Vorgänger im Hotel.«
    »Lag der nicht im Tunnel?«
    »Ja.«
    »Dann ist er längst vermodert, Grinzer. Hast du verstanden?« Er ging wieder auf den Bärtigen zu.
    »Dein Thomas ist vermodert, zerfallen. Was weiß ich alles.«
    Giancarlo starrte den Mann an. »Nein, das kann nicht sein. Ich habe ihn gesehen.«
    »Ja, du hast zu viele Obstwässerli getrunken.«
    »Stimmt nicht. Ich bin nicht betrunken.« Der Schnee knirschte, als Giancarlo vorging. »Ich habe ihn gesehen, davon bringt mich niemand ab, auch du nicht.«
    »Wie lange ist es her, daß er Amok lief? Zwei Jahre?«
    »Ungefähr.«
    »Mach dir doch nicht ins Hemd, Grinzer! Er kann nicht gesehen worden sein, glaube mir.«
    Grinzer nickte. »Du irrst dich. Man hat auch seine Leiche nie gefunden, obwohl sie den Tunnel untersuchten. Viele im Dorf glauben das gleiche wie ich. Aber bei mir ist es jetzt anders. Ich weiß, daß er lebt. Ich habe ihn gesehen.«
    »Und was tat er?«
    »Er ging durch das Dorf. Er schritt über die Straße und blieb an der Brücke stehen. Dort, wo der Weg zum Bahnhof führt.«
    »Und du hast ihn trotz der Dunkelheit erkannt?«
    »So dunkel ist es nicht. Der Schnee macht die Nacht hell. Da kann man einiges sehen.«
    Helmut Kaiser winkte ab. »Es tut mir leid, aber ich glaube dir kein Wort, Grinzer.«
    Giancarlo deutete in Richtung Brücke. »Du kannst mit mir kommen. Ich zeige ihn dir, wenn er noch dort ist.«
    »Bitte.«
    »Gut, wir gehen auf die andere Seite.«
    Beide Männer überquerten die Straße. Grinzer war ängstlicher als der Deutsche. Er schaute sich öfter um, sah dann nach vorn, aber auch nahe der Brücke war es ruhig. Niemand zeigte sich dort.
    Bei dieser Kälte hielten sich die Menschen in den Häusern auf, da waren sie sicherer.
    Es war nicht weit. Der Weg stieg leicht an. Vor ihnen lagen die von den Bergen in den Ort geworfenen Schatten wie lange, graublaue Flächen. Der Schnee war auf seiner Oberfläche gefroren und funkelte manchmal wie ein Diamantenfeld.
    »Wenn ich den an der Brücke nicht sehe, Grinzer, ist etwas im Busch. Das verspreche ich dir!«
    »Willst du mich schlagen, Helmut?«
    »Nein, dann mußt du einen ausgeben.«
    »Umgekehrt auch?«
    »Ja.«
    »Einverstanden.«
    Die letzte Bemerkung hatte Kaiser stutzig werden lassen. So sicher hatte sich Giancarlo nie gegeben. Er mußte tatsächlich etwas gesehen haben. »Ich kann natürlich nicht versprechen, daß er sich noch an der Brücke aufhält«, sagte Grinzer. »Er sah so aus, als wollte er irgendwo hingehen.«
    »Aber nicht in unser Hotel - oder?« Die Frage sollte lässig klingen, und Kaiser merkte selbst, wie es in seinem Hals kratzte.
    »Das weiß man doch nie.«
    Der Gehsteig verengte sich, weil die Häuser etwas vorgebaut standen. Unter anderem auch ein hölzerner Andenkenladen, der ein langgezogenes Dach hatte. Da die Bude selbst tiefer lag als das normale Straßenniveau, konnte ein normaler Erwachsener, wenn er nicht achtgab, leicht mit dem Kopf gegen die Dachrinne stoßen.
    Kaiser wußte das natürlich. Da er genau an der Seite ging, duckte er sich - und bekam trotzdem den Schnee in den Nacken. Er fiel auch auf seine Schulter, als hätte man ihn vom Dach geschaufelt.
    Kaiser blieb stehen. Er schüttelte sich und sah auf Grinzers Rücken. Der Einheimische merkte erst jetzt, daß sich Helmut nicht mehr an seiner Seite befand.
    »Was ist los?« fragte er.
    Kaiser schüttelte sich. Der Schnee rann von seinem Mantel. »Mich hat hier irgendeiner beworfen.«
    »Ich war es nicht«, erklärte Giancarlo und schaute unwillkürlich zum Dach des niedrigen Hauses hoch.
    Da stand die Gestalt.

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