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0476 - Die Hölle auf Erden

0476 - Die Hölle auf Erden

Titel: 0476 - Die Hölle auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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um ihm erst dadurch wirklich zu helfen. Julian Peters benötigte nicht viel zum Leben - er wußte, daß er sich jederzeit den größtmöglich vorstellbaren Luxus schaffen konnte; er brauchte nur zu träumen. Aber das wollte er nicht mehr. Er hatte Traumwelten geschaffen, die fast realer waren als die wirkliche Welt, und er war dieser Träume derzeit überdrüssig. Er war Fürst der Finsternis gewesen, und er hatte freiwillig wieder auf dieses Amt verzichtet, weil es für ihn kaum mehr als ein Spiel war, jene erschreckende Macht auszuüben. Er hatte sie ausgekostet, er wollte diese Macht nicht mehr.
    Was er jetzt wollte, war, sich selbst zu erkennen. Wer war er, Julian Peters, den sie auch das Telepathenkind nannten? Sohn des Geistersehers Robert Tendyke und der Telepathin Uschi Peters. Innerhalb eines guten Jahres vom Säugling zum Achtzehnjährigen herangewachsen. Vollgestopft mit theoretischem Wissen, aber ohne Lebenserfahrung - die hatte er sich nur in seinen von ihm geschaffenen Traumwelten holen können, in die er zeitweise ausgewichen war.
    Angelique Cascal, das Mädchen, das ihn in die tibetische Bergwildnis begleitet hatte, hob die Brauen. »Du mußt nach Caermardhin«, wiederholte sie. »Darf ich dir in Erinnerung rufen, was ich dir kürzlich gesagt habe?«
    Er nickte. »Ich vernachlässige dich.«
    »Ich bin mit dir hierher gekommen, weil ich dich mag, weil ich dich wahrscheinlich sogar liebe«, sagte sie. »Aber ich habe nicht Baton Rouge aufgegeben, nur um hier deine billige Dienerin zu sein. Du liebst mich nicht. Das tut weh, aber es ist besser, wenn wir jetzt einen klaren Trennstrich ziehen. Du gehst nach Caermardhin. Ich gehe zurück nach Baton Rouge. Meine Geschwister können meine Hilfe wesentlich besser brauchen als du, Julian.«
    »Du meinst es wirklich ernst«, erkannte er.
    »Ich bin nicht dein Anhängsel«, fuhr sie fort. »Wir haben darüber gesprochen; es bringt nichts, diese Diskussion noch einmal zu wiederholen. Wenn du nach Caermardhin gehst, sei bitte so freundlich und bring mich vorher nach Baton Rouge. Ich will nicht hier in der Einsamkeit versauern.«
    »Aber ich komme zurück, und dann wird alles anders«, sagte er. »Vielleicht ist dies meine Bestimmung, der Grund, weshalb es mich überhaupt gibt! Wenn ich damit fertig bin, ist alles ganz anders.«
    »Wenn«, sagte das dunkelhäutige Mädchen bitter. »Wenn, Julian. Wenn und Aber. Seit wir hier sind, gibt es nur Wenn und Aber. Ich hab’s satt. Ich bin eine Großstadtpflanze; ich bin nicht für diese ländliche Einsamkeit ohne jede Abwechslung geschaffen. Außerdem, falls es dir noch nicht aufgefallen ist - es ist saukalt. In Baton Rouge ist es selbst im Winter so warm, daß man keinen Mantel braucht. Ich friere, trotz des Kamins. Ich friere von außen durch die niedrigen Temperaturen, und ich friere innerlich, weil ich Angst vor unserer beider Zukunft habe. Ich will nicht, daß sie so aussieht wie unsere Gegenwart.«
    »Sie wird es nicht.«
    »Das versprichst du ständig. Ich will nicht mehr, Julian. Bring mich nach Hause.«
    »Und wenn du mich nach Caermardhin begleitest?«
    In ihren Augen blitzte es auf. Sekundenlang schien es, als würde sie in ihrer Entschlossenheit wanken. Dann aber schüttelte sie den Kopf.
    »Nein, Julian. Versuche es erst gar nicht. Es ist vorbei.«
    Er sah sie ernst an. »Ich werde es tun - ungern«, sagte er. »Aber ich werde es nie akzeptieren, daß es zwischen uns vorbei sein soll.«
    Ich doch auch nicht , dachte Angélique verzweifelt. Aber, verdammt, wie bringe ich ihm bei, daß auch ich ein lebender, blutwarmer Mensch bin und nicht nur ein Spielzeug? Ich weiß doch, daß er mich liebt, aber alles andere ist für ihn wichtiger. Warum? Und was kann ich tun?
    Nie zuvor in ihren knapp 17 Lebensjahren hatte sie vor einem solchen Problem gestanden. Und das, obgleich sie seit dem Tod der Eltern gewohnt war, auch komplizierteste Probleme zu lösen.
    Aber da war es meist um ihre Geschwister gegangen.
    Hier - ging es um sie selbst.
    Und das machte ihr erheblich zu schaffen.
    ***
    August 2058:
    »Das verdammte Ding geht falsch«, behauptete Gryf. »Ich weiß zwar nicht, wie das bei einer Quartzuhr möglich ist, aber es ist falsch. Warte mal, dieses Modell kenne ich überhaupt nicht. Wer hat das denn produziert?«
    »Du bist schon ein komischer Kauz«, sagte Janet kopfschüttelnd. »Wieso sollte die Uhr falsch gehen?« Sie ging an Gryf vorbei, nahm das Messer mit der langen Klinge auf und tötete den Jäger, ehe

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