0477 - Ein Kontinent verliert die Nerven
mir seine Pistolenmündung vor die Nase.
Es blieb mir also gar nichts anderes übrig, als dieser Einladung zu folgen und nach einer kurzen Bootsfahrt in die Maschine zu klettern.
Der Professor erwartete mich in einer kleinen Kabine, in der ein gedeckter Tisch stand.
»Hallo, Mr. Cotton«, sagte er in gewohnter Höflichkeit. Die Tatsache, daß ich kurz vorher seine Gang um zwei Mitarbeiter verkleinert hatte, schien ihm nicht im geringsten die gute Laune verdorben zu haben.
»Bitte, setzen Sie sich dort auf den Stuhl«, lud er mich ein. Ich kam bereitwillig seiner Aufforderung nach.
»Lee, du kannst gehen«, sagte der Professor mit einem freundlichen Nicken. Er merkte, wie ich genau verfolgte, daß sie den Raum verließ, und sagte mit leiser Stimme: »Damit wir uns nicht mißverstehen, Mr. Cotton. Ich wünsche mit Ihnen zu speisen. Sollten Sie während dieser Zeit auf die Idee kommen, mich überrumpeln zu wollen, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie auf einem durch Glyzerin angefeüchteten Stahlstuhl sitzen, der einen Kontakt mit einem 20 000 Volt-Aggregat hat. Ein leichter Knopfdruck von mir genügt, um Sie zu töten.«
Das Essen mag zwar herrlich zubereitet gewesen sein, aber es schmeckte mir einfach nicht. Wer kaut schon gern Filets, wenn er auf einem Todesstuhl sitzt?
Dem Professor bereitete die Situation offensichtliches Vergnügen.
»Wissen Sie, Mr. Cotton«, verkündete er, während er kunstvoll ein gekochtes Ei köpfte und sein Fleisch damit garnierte, »ich finde es einfach großartig, daß Sie gegen meine beiden Burschen angekommen sind. Wirklich großartig! Deswegen komme ich Ihnen auch so sehr entgegen. Lee bereitet gerade' ein Bad für Sie. Damit werden Sie wieder desinfiziert, und die Fischpestbazillen verlieren ihre Wirksamkeit.« ' »Wie nett von Ihnen«, meinte ich nur. Ich merkte, wie sich zur gleichen Zeit die Maschine von der Wasseroberfläche abhob. Wir gewannen schnell an Höhe, und irgendwie hatte ich das Gefühl, daß wir auf Westkurs gingen.
»Ja«, setzte der Professor die ziemlich einseitige Unterhaltung fort. »Ich habe deswegen beschlossen, Sie in meinen Mitarbeiterstab aufzunehmen.«
Jetzt mußte ich doch lächeln. Der Wissenschaftler war wirklich ziemlich überheblich.
»Können Sie sich vorstellen, Professor, daß ich da nicht mitspiele? Auch dann, wenn Sie sich wieder eine neue Methode einfallen lassen, mit der ich zu beseitigen bin?«
Simpson schaute mich aus großen Augen an. »Aber natürlich werden Sie mitspielen, Cotton. Sie werden es sogar schön finden, mir zu dienen!«
»Wie Lee Razwill etwa?« spottete ich. »Genau«, sagte der . Professor mit schneidender Stimme. »Sie bekommen die gleiche Droge wie Lee Razwill, und dann werden Sie sich gewissenhaft darum bemühen, meine Aufträge auszuführen.«
Einen Augenblick lang stockte mir der Atem. Jetzt erst begriff ich, warum so ein nettes Mädchen wie Lee es an der Seite dieses Wahnsinnigen aushielt.
»Eine solche Droge gibt es nicht«, sagte ich, aber ich war von meinen eigenen Worten nicht sehr überzeugt.
»Doch«, sagte der Professor ruhig. »Vielleicht haben Sie schon einmal von Scopolamin gehört. Man nennt dieses Mittel auch die Wahrheitsdroge. Man kann damit aus den verstocktesten Leuten eine Antwort herausholen.«
Ich nickte. Scopolamin hatte ich selbst schon einmal zu spüren bekommen. »Sie irren sich, Professor, wenn Sie mir etwas vormachen wollen. Scopolamin ist ein Mittel, mit dem man jemanden in einen Tiefschlaf versetzen kann. Dann antwortet er wahrheitsgemäß auf die Fragen, die man ihm stellt.«
»Natürlich — das herkömmliche Scopolamin«, ging der Professor auf meinen Einwand ein. »Nur, ich habe mir erlaubt, dieses Mittel weiterzuentwickeln. Was dabei herausgekommen ist, sehen Sie ja bei Lee Razwill. Sie war einmal eine sehr eigenwillige und fähige Biologin. Fähig ist sie heute noch. Nur den eigenen Willen habe ich ihr durch meine Droge genommen. Ich zähle sie jetzt zu meinen begabtesten Mitarbeitern.« ‘
Ich spürte, wie die Wut in mir aufstieg. Da saß ich hier auf einem stählernen Stuhl, durch den jeden Augenblick ein tödlicher Stromstoß rasen konnte, und befand mich in den Händen eines wahnsinnigen Verbrechers. Ich konnte einfach nichts machen. Meine Chance bestand nur darin, daß ich Zeit gewann. Vielleicht ergab sich irgendwann doch eine Möglichkeit, mich zu wehren.
Der Professor schob seinen Teller von sich und erhob sich. »Folgen Sie mir bitte ins
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