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0478 - Der Friedhof der Lebenden

0478 - Der Friedhof der Lebenden

Titel: 0478 - Der Friedhof der Lebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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abschalten. Dann geht alles.«
    Bloß hatte der Mann, als er informiert wurde, wozu er anschließend gebraucht wurde, nicht das geringste Interesse daran, Verkehrshindernis zu spielen. Erst ein größerer Geldschein konnte ihn von seinen mehr oder weniger guten Vorsätzen wieder abbringen.
    Zamorra setzte Merlins Stern ein. Ein Gedankenbefehl brachte das Amulett dazu, einen Blick in die jüngste Vergangenheit zu tun. Der stilisierte Drudenfuß in der Mitte der handtellergroßen Silberscheibe verwandelte sich in eine Art Miniaturfernsehschirm. Zamorra, der sich mit einem magischen Schaltwort in Halbtrance versetzte, steuerte das Bild in der Zeit rückwärts. Da die Entführung noch nicht sehr lange zurücklag, war der erforderliche Kraftaufwand recht gering. In der winzigen Bildfläche zeigte sich nacheinander der Abzug und Aufmarsch der Polizei und dann die Entführung. Zamorra stoppte, wo der Cadillac zum Stillstand kam, und ließ dann gewissermaßen in Zeitlupe das »Geschehen« wieder »vorwärts« rollen. Er erkannte die Totenköpfe, die Nicole gesehen zu haben glaubte, aber natürlich war das Bild viel zu klein, um Einzelheiten erkennen zu lassen. Ob die Totenschädel echt waren oder es sich nur um Masken handelte, war nicht feststellbar.
    Zamorra hob die Hand. Er ließ sich neben dem Taxifahrer nieder. Nicole, Uschi und Angelique quetschten sich wieder auf die Rückbank. Nicole beugte sich zu dem Taxifahrer vor. »Bitte fahren Sie nur in sehr langsamem Schrittempo und achten Sie auf jede Anweisung des Professors«, bat sie.
    »Wer zahlt, befiehlt«, lautete die praxisorientierte Antwort des Fahrers, der mit weiterhin eingeschalteter Warnblinkanlage langsam anfuhr. Er wußte zwar nicht, worum es ging, aber das war ihm auch herzlich egal, solange er genug Geld dabei verdiente, diese Ansammlung von Spinnern durch Baton Rouge zu kutschieren.
    Sie kamen nicht einmal zwanzig Meter weit.
    »Stop!« schrie Zamorra auf.
    Das nur langsam dahinschleichende Taxi stand sofort. Zamorra konzentrierte sich auf das Bild, versuchte den Kontakt zu halten. Aber es gelang ihm nicht.
    Der dunkle Lincoln, mit dem Monica verschleppt worden war, hatte sich nicht einfach unsichtbar gemacht.
    Er war wirklich und wahrhaftig verschwunden.
    ***
    Immer wieder versuchte Monica Peters, Kontakt mit ihrer Schwester zu bekommen. Sie wußte, daß Uschi nicht tot sein konnte, also mußte eine Wiederaufnahme der Verbindung möglich sein. Es sei denn, sie, Monica war in eine andere Dimension verbracht worden, oder die eigenartige Ortsversetzung hatte sie über eine dermaßen große Distanz bewegt, daß die Verbindung einfach abreißen mußte. Also möglicherweise auf die andere Seite der Erdkugel - oder noch weiter fort.
    In eine andere Welt.
    Aber es fiel ihr schwer, daran zu glauben.
    Noch schwerer fiel es ihr aber, einen Sinn in dieser Entführung zu sehen. Warum sie, warum nicht auch Nicole? Das paßte vorn und hinten nicht zusammen.
    Zeit verging.
    Plötzlich tauchten Männer mit Totenkopfmasken auf. Sie lösten Monicas Fesseln, achteten aber darauf, daß sie keine Chance zur Flucht bekam. Monica wurde aus dem unterirdischen, düsteren Gefängnis hinausgebracht. Unversehens fand sie sich auf einem Totenacker wieder.
    Da war ein weiterer Totenkopfmann. Dieser trug eine erdbraune Kutte, und in der Hand hielt er ein Messer. Monica versuchte sich dem Griff der anderen Totenkopfmänner zu entwinden, aber deren Hände hielten sie fast noch fester, als es Stahlklammern vermocht hätten. Der Kuttenträger schnitt wortlos eine Strähne aus Monicas blondem Haar und befestigte sie an einem knorrigen Baum. Dazu murmelte er seltsame, dumpf klingende Worte vor sich hin, die die Telepathin nicht verstand.
    Plötzlich entsann sie sich ihrer besonderen Fähigkeit. Sie setzte sie ein -und war überrascht, daß sie funktionierte. An sich war die Telepathie von der Nähe der Zwillingsschwestern abhängig. Kein Kontakt, keine Telepathie. Aber hier und jetzt funktionierte diese besondere Gabe dennoch!
    Monica konnte in den Gedanken des Kuttenträgers lesen.
    Sie war als Opfer vorgesehen. Sie sollte ihre Lebensenergie jenen schenken, die in der Tiefe hausten. Sie waren nicht tot, jene, die in den Gräbern hockten. Sie lebten auf eine unheilige, schaurige Art. Und eine von ihnen hatte vor weniger als 24 Stunden noch wirklich gelebt, um erst dann durch Aufgabe ihrer Existens zu einer von ihnen zu werden!
    Dieser Totenacker war ein Friedhof der Lebenden!
    Monica

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