0478 - Der Friedhof der Lebenden
»Nichts, gar nichts.«
»Kannst du Nicole wenigstens lokalisieren? Kannst du feststellen, ob sie noch lebt, ob es ihr gutgeht?«
Abermals verneinte die Telepathin. »Dazu müßte ich halbwegs genau wissen, wo sie sich zuletzt befunden haben. Aber das weiß ich, trotz der bisherigen Verbindung mit Moni einfach nicht. Und aufs Geratewohl nach ihrem Gehirnstrommuster zu suchen -das ist aussichtslos. Dazu brauchte ich wahrscheinlich Merlin und die Bildkugel iri seiner Burg, mit der er jedes Lebewesen auf der Erde jederzeit finden kann, vorausgesetzt, es denkt.«
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Er mußte herausfinden, was mit Nicole Duval und Monica Peters geschehen war. Julian und Angelique konnten noch etwas warten. Aber um handlungsfähig zu werden, mußten sie erst einmal aus dieser Straße fort.
»Mal sehen, ob es irgendwo ein funktionierendes Telefon oder eine bereits geöffnete Kneipe gibt, von wo aus wir ein Taxi herbeirufen können. Wir hätten uns nicht trennen dürfen.«
Er fragte sich, warum Nicole nicht das Amulett zu sich gerufen hatte, wenn Monica und sie plötzlich in Gefahr gerieten. Hatte sie dazu keine Zeit mehr gefunden?
Vielleicht war es auch gar keine schwarzmagische Attacke. Zamorra erinnerte sich an Manuela Ford, die Gefährtin seines Freundes Bill Fleming, der nun auch schon einige Jahre tot war. Manuela war durch einen simplen Verkehrsunfall ums Leben gekommen; ein Betrunkener hatte ihr Auto mit seinem Wagen ungebremst gerammt.
Baton Rouge war eine große, hektische Stadt mit ebenso hektischem, dichten Verkehr. Vielleicht war es wirklich »nur« ein tragischer Unfall.
Aber die Ungewißheit zehrte an ihm ebenso wie an Uschi Peters.
***
Nicole erwachte. Sie blickte in ein durchaus sympathisches Gesicht; ein Polizist beugte sich über sie. »Alles in Ordnung, Lady?« erkundigte er sich besorgt. »Sind Sie okay? Können Sie aufstehen?«
»Mal sehen«, murmelte Nicole. Von dem Beamten unterstützt, richtete sie sich auf. »Alles in Ordnung«, versicherte sie. »Alles in Ordnung, ich bin okay, Officer.«
Ein weiterer Uniformierter befand sich in der Nähe. Er unterhielt sich nervös mit Passanten. Die Rotlichtbrücke auf dem Dach eines Ford Taunus-Streifenwagens blinkte nervtötend. »Was ist passiert?« fragte Nicole und lehnte sich an den hinteren Kotflügel des verlängerten Cadillac. »Wo ist meine Freundin? Eine recht hübsche Blondine, Ende zwanzig…«
»Eigentlich möchten wir von Ihnen wissen, was passiert ist, Lady«, erwiderte der Cop. »Wir haben Grund zu der Annahme, daß Ihre Begleiterin entführt wurde. Sonst befand sich niemand in diesem Wagen?«
Nicole schüttelte den Kopf.
»Eine schwarze Limousine verfolgte uns seit einiger Zeit«, erinnerte sie sich. »Hier hat sie uns überholt und ausgebremst, ein paar Männer stürmten heraus, und ich wurde niedergeschlagen. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Dieser Wagen ist auf eine Firma zugelassen«, sagte der Cop. »Könnte es sich um ein Attentat handeln? Welche Position haben Sie und Ihre Begleiterin innerhalb dieser Firma?«
»Ich bin nur zu Besuch«, gestand Nicole. »Miß Monica Peters ist die Lebensgefährtin des Chefs.«
»Also geht es vermutlich um eine Erpressung.«
»An sich kann niemand wissen, daß wir hier sind, Officer«, sagte Nicole. »Welche Schritte haben Sie eingeleitet?«
»Wir suchen nach der schwarzen Limousine der Entführer. Allerdings gibt es da ein paar eigenartige Zeugenaussagen. Danach soll das Auto sich plötzlich in einen Nebelschleier verwandelt haben beziehungsweise unsichtbar geworden sein. Das ist natürlich völliger Blödsinn. Vielleicht können Sie aber die Entführer und das. Fahrzeug beschreiben. Sie sagten eben, es hätte Sie verfolgt. Können Sie sich an Einzelheiten erinnern?«
»Ich konnte das Kennzeichen nicht erkennen«, erwiderte Nicole. »Tut mir leid; im Rückspiegel konnte ich bei diesem Verkehr nicht darauf achten, und hinterher ging alles viel zu schnell. Aber es muß ein rund drei Jahre alter Lincoln gewesen sein.«
»Sie kennen sich mit Autos aus, Lady?«
Nicole nickte. »Eines meiner Hobbies.« Sie lächelte. »Auch wenn das in Ihren Augen für eine Frau vielleicht ungewöhnlich ist.«
»Durchaus nicht«, versicherte der Cop. »Das ist doch schon mal eine Information. Vielleicht kriegen wir den Wagen dadurch. Lincolns sind teure Luxuswagen; davon gibt’s nicht sehr viele. Können Sie möglicherweise auch noch mit Personalbeschreibungen dienen? Vielleicht
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