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0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Amos gab nicht auf. Er mußte versuchen, Gryf zu warnen und ihn zu retten, falls die Warnung zu spät kam.
    Amos handelte stets sehr eigennützig. Er war sicher, daß er Gryf später noch brauchte. Er hatte seine eigenen Pläne mit dem Druiden, der ihm mißtraute und ihn lieber tot gesehen hätte…
    ***
    Lord Bryont Saris war alt geworden. Am Abend ihre Ankunft auf Llewellyn-Castle hatte Professor Zamorra und Nicole Duval ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen. William, der Butler, hatte sie wie üblich mit dem Rolls-Royce Phantom VI abgeholt, dabei aber angedeutet, daß es für Seine Lordschaft bereits zu spät am Abend sei und Sir Bryont sich daher bereits zu Bett begeben habe. Das war ungewöhnlich; die beiden Besucher kannten den Llewellyn-Lord als vital und ausdauernd. Gleich ein paar Nächte hintereinander durchzufeiern hatte ihm früher kaum etwas ausgemacht.
    Als sie sich dann am späten Vormittag des darauffolgenden Tages endlich begrüßen konnten, konnte Zamorra seine Bestürzung nicht verbergen. Der Lord war erschreckend gealtert. Früher hatte er stets wie Mitte 30 ausgesehen, jetzt aber wirkte er wie ein Endfünfziger. Sein Auftreten jedoch war wie stets dynamisch und voller Energie. Er begrüßte seine Freunde mit kräftigem Händedruck, kameradschaftlichen Umarmungen und führte sie in den großen Speisesaal, wo William für das Frühstück gesorgt hatte und eine leidlich attraktive, blaßhäutige Frau auf sie wartete, die weder Zamorra noch Nicole jemals gesehen hatten. Sie trug nur wenig, aber kostbaren Schmuck, war geradezu sündhaft teuer gekleidet und sah den Gästen interessiert entgegen.
    Der Lord schmunzelte und machte sie miteinander bekannt. Die blaßhäutige Frau, die Zamorra auf Mitte der zwanzig schätzte, war Lady Patricia MacRowgh. »Meine Verlobte«, erklärte Sir Bryont. »So, wie’s aussieht, werden wir in den nächsten Wochen heiraten müssen, sonst fordert ihr Vater mich vor die Klinge, schätze ich.«
    »Heiraten müssen?« Zamorra horchte auf; ihm begann etwas zu dämmern, was auch die rapide Alterung des Lords erklären würde. Er unterdrückte eine Verwünschung. Natürlich, er wußte, seit er den Lord kannte, daß dieser sich in den letzten Jahren seines fantastisch langen Lebens befand, aber damals war Sir Bryonts Todestag noch so weit entfernt gewesen, daß Zamorra sich nie wirklich ernsthaft mit diesem Problem auseinandergesetzt hatte. Saris hatte sich vor längerer Zeit schon einmal mit einer Frau gezeigt, aber dieses Verhältnis war längst wieder erloschen, und beim letzten Besuch auf Llewellyn-Castle hatte der Lord immer noch nicht wieder an Brautschau gedacht. Jetzt aber wurde es wohl ernst.
    Zamorra versuchte nachzurechnen.
    Himmel, wie alt war der Lord jetzt? Lief seine Uhr tatsächlich schon ab?
    Sir Bryont zwinkerte Zamorra und Nicole vergnügt zu. »Nun ja«, meinte er. »Ihr wißt doch - es ist eine Frage der Familienehre. Ich kann Patricia doch nicht mit einem unehelichen Kind allein- lassen! Allein der Erbschaftsregelungen wegen!«
    »Es ist also soweit«, murmelte Zamorra bedrückt. Die Botschaft hatte ihm fast die Sprache verschlagen und seine gestern noch frohe Stimmung ruiniert. Natürlich - Sir Bryont selbst konnte recht locker darüber reden und damit fertig werden. Er verlor nichts, wenn er starb, denn er würde nur den Körper wechseln. Aber Zamorra und Nicole verloren einen guten Freund. Bis das Neugeborene heranwuchs und zu einem Partner im Team werden konnte, würden Jahre vergehen - vielleicht zu viele Jahre.
    Und, verdammt, Zamorra verdankte diesem Mann eine ganze Menge. Sie hatten später niemals wieder darüber gesprochen, und Zamorra hatte die Erinnerung an die damaligen Ereignisse verdrängt. Er wollte vergessen, welch hohen Preis er damals dafür hatte bezahlen müssen, daß Nicole und er dem Sensenmann ein gewaltiges Schnippchen schlagen konnten. Und es war nicht leicht, den Freund zu verlieren, der ihnen damals den einzigen Weg gezeigt hatte…
    Zamorra schüttelte sich unwillkürlich; er verkapselte die aufbrechenden Erinnerungen sofort wieder. Er wollte die Bilder nicht sehen, die sich damals tief in ihm eingebrannt hatten.
    »Wann ist es soweit?« fragte er mit belegter Stimme.
    »Wenn ihr mich noch ein paarmal sehen wollt, werdet ihr euch öfters hier blicken lassen müssen«, sagte der Lord. »Ich denke, etwas über ein halbes Jahr. Patricia müßte es noch einmal durchrechnen.«
    Die junge Frau schwieg mit gesenktem Kopf. Sie war also,

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