0479 - Der Blutjäger
Vampirblutes reichlich benebelt war, registrierte Gryf zu spät, daß er sich in Gefahr befand. Plötzlich spürte er, daß der Vampir sich im Haus befand, schreckte aus seinem Halbschlaf auf, in den er gesunken war, ohne daß er es wollte - es war doch seine feste Absicht, etwas für Rhiannon zu tun! Aber seine Benommenheit in Verbindung mit den bisherigen Anstrengungen, die auf ihn viel stärker wirkten als normal, hatte ihn übermannt und eindämmern lassen -, und da flog die Zimmertür bereits unter einem kräftigen Fußtritt auf, und ein Gryf unbekannter Mann stürmte herein, eine Pistole im Beidhandanschlag.
Gryf war verwirrt; der Mann besaß weder die Ausstrahlung eine Vampirs, noch sah er so aus wie jener, mit dem Gryf vor Rhiannons Haustür aneinander geraten war. Er sah eher aus wie ein gewöhnlicher Verbrecher. Im nächsten Moment feuerte er die Pistole bereits ab.
Gryf versuchte instinktiv, im zeitlosen Sprung zu flüchten und warf sich nach vorn, gegen den Tisch, über dem er zusammengesunken war. Aber er war zu langsam und zu unkonzentriert. Die Bewegung wurde durch den Tisch abgestoppt, der Willensimpuls kam um einen Sekundenbruchteil zu spät. Gryf schaffte es nicht mehr.
Es war wie in jener furchtbaren Zukunft der Erde. Während er floh, trafen ihn die Kugeln. Heiß durchschlugen sie seinen Körper. Der Druide wurde herumgerissen und brach lautlos neben dem Tisch und dem polternd umstürzenden Stuhl zusammen. Er versuchte sich wieder zu erheben, aber es gelang ihm nicht mehr. Er sah, wie der Schütze auf ihn zu kam und die Waffe noch einmal auf ihn richtete. Gryf blickte in das schwarze Mündungsloch, aus dem ein feiner Rauchfaden aufstieg.
Seltsamerweise spürte er nicht den geringsten Schmerz. Er spürte auch kein Blut aus den Einschußwunden rinnen.
Er versuchte etwas zu sagen, brachte es aber nicht fertig.
Er konnte den anderen nicht mehr richtig sehen; alles verschwamm vor seinen Augen. Er hatte allerdings den vagen Eindruck, daß sich im Gesicht des Schützen Wut abzeichnete. Doch das konnte eine Täuschung sein. Gryf sah nur eines gestochen scharf: Den Zeigefinger und den Abzugbügel. Plötzlich war da noch jemand. »Warte noch«, befahl der Vampir dem Killer.
***
Zu später Stunde hatte Sid Amos sein Geschäft unter Dach und Fach gebracht und rieb sich die Hände wie ein levantinischer Patriarch, der eben seine gesamte Sippe übers Ohr gehauen hat. Vergnügt stellte er sich die dummen Gesichter seiner Kunden vor, wenn die feststellten, daß das gekaufte Land nicht nur vorwiegend Moorlandschaft war, sondern auch noch der Sicherheitsbereich um eines der berühmtesten Zuchthäuser Englands. Daß sie festgenommen werden würden, war klar, weil Sid Amos andererseits schon der Polizei einen Tip gegeben hatte, daß es sich bei den Kunden um Drogenhändler handelte - und mit magischen Tricks hatte er es dabei geschafft, sich selbst offiziell völlig aus der Sache herauszuhalten. Abgesehen davon - wer konnte schon einen Ex-Teufel wegen betrügerischer Machenschaften verhaften, verurteilen und einsperren? Es gab kein Gefängnis auf der Welt, welches Sid Amos festhalten konnte. Aber daß ein paar Gangster sich mit einem immens hohen Geldbetrag selbst ihre Zelle erkauften, würde als Novum in die Kriminalgeschichte eingehen.
Für das Geld, das Amos einkassierte, hatte er schon ein paar höchst interessante Verwendungszwecks hart am Rande der Legalität.
Wieder einmal schaute er, wo sich Professor Zamorra jetzt befand, und dann wollte er nach Gryf sehen.
Aber den konnte er plötzlich nicht mehr finden!
***
Der Vampir war gesättigt. Etwas vom Blut seines Opfers klebte noch an seinen Lippen und den Spitzen seiner Zähne. Er trat langsam in das Zimmer und sah Gryf, der auf dem Boden lag, und er sah Brian, der dem Druiden jetzt den Fangschuß verpassen wollte. Brian wirkte erleichtert, als Sir Ronald ihm Einhalt gebot.
»Du hast ihn verfehlt«, stellte Sir Ronald kopfschüttelnd fest. »Du hast auf kürzeste Distanz auf ihn geschossen und ihn einfach verfehlt, Brian. Findest du das gut?«
Brian preßte die Lippen zusammen. »Ich bin eben kein Killer«, zischte er unbotmäßig.
Sir Ronald ging darüber hinweg. »Nun«, sagte er. »So werde ich vollenden, was es zu vollenden gibt. Ich werde…«
Er beugte sich, während er sprach, über den Druiden. Triumphierend blitzte es in seinen Augen auf, als er den größten Feind seiner unsterblichen Art hilflos vor sich liegen sah. Warum der Druide,
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