Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Gebräu?«
    »Ein Kräuterlikör. Alles, was scharf ist und brennt, wurde hineingemixt. Deshalb paßt es zu mir. Möchtest du noch ein Glas?«
    »Wenn das dein Sekt ist, bleibe ich lieber bei Selters«, brummte Gryf und wischte sich die Tränen aus den Augen. Jetzt endlich sah er, daß Rhiannon nicht nur die Gläser gefüllt, sondern sich vorher auch »Marscherleichterung« verschafft hatte - sie trug nur noch einen winzigen Tanga.
    »Ich habe auch ein paar ungefährlichere Getränke«, verriet sie und ging vor ihm her zur Schrankwand, deren Barfach sie geöffnet hatte. Gryf folgte ihr langsam; jetzt sah er auch die Fotos an den Wänden, die ihm vorhin in der dämmerigen Beleuchtung nicht so aufgefallen waren. Während Rhiannon zwei Longdrinks mixte, betrachtete Gryf die Bilder. Ein paar von ihnen schienen Familienangehörige oder Freunde zu zeigen, die anderen zeigten Rhiannon, mehr oder weniger bekleidet. Das »weniger« dominierte allerdings.
    »He, warum starrst du die Fotos an und nicht mich?« erkundigte sie sich.
    »Ich frage mich nach dem Grad deines Narzißmus«, erwiderte Gryf. »Oder geht es dir nur darum, deine männlichen Besucher anzumachen?«
    Sie lächelte und reichte ihm das Glas. »Ich bin Fotomodell«, gestand sie. »Von daher kommen diese Bilder. Man sagt, daß ich eine gute Figur habe, also wollen sie mich nackt. Und es macht mir Spaß. Abgesehen davon bringt’s Geld. Hast du schon mal an einem Tag 5000 Dollar verdient, nur indem du dich ausziehst und unter glühendheißem Scheinwerferlicht herumwanderst oder liegst?«
    Gryf schüttelte den Kopf. »Ich habe auch nicht den Ehrgeiz dazu«, gestand er.
    »So, wie du aussiehst, könntest du als Modell auch eine Menge Geld verdienen«, überlegte sie.
    Gryf verzog das Gesicht. »Geld allein« behauptete er, »macht nicht glücklich - es gehören Aktien, Beteiligungen, Gold und Immobilien dazu.«
    »Du bist ein Spötter!« schmollte sie.
    Gryf lächelte. Er konnte gut spotten- Geld hatte ihn tatsächlich noch nie interessiert.
    Rhiannon setzte ihr Glas ab und begann sein Hemd zu öffnen. Gryf schaltete seine Gedanken ab und genoß, was kam.
    Rhiannon war wirklich eine außergewöhnliche Frau - in jeder Beziehung.
    ***
    Sir Ronald, der 4. Earl of Teltow, lauschte dem Bericht seines Dieners Brian. Danach war dieses aufreizende Mädchen von Beruf Fotomodell. Brian war auf die Idee gekommen, sich bei einer Modellagentur einen Bildkatalog vorlegen zu lassen, und in einem unbeobachteten Moment hatte er die Fotos jenes Mädchens stibitzt, von dem er annahm, daß sein Herr Interesse zeigte. Sir Ronald war ein einsamer Mann. Eine Gefährtin tat not, das wußten sie beide nur zu genau. Ein Wesen, das nicht nur dazu diente, den Blutdurst des Earls zu stillen, sondern ihm für lange Zeit eine Gefährtin sein sollte. Aber das war für jemanden wie den Earl natürlich problematisch. Er besaß einen ganz besonderen Anspruch - er wollte, daß seine zukünftige Gefährtin freiwillig bei ihm blieb. Das hieß, daß er sie nicht einfach zu seinem Opfer machen und den Keim der Unsterblichkeit durch den Vampirbiß auf sie übertragen würde. Nein, er wollte sie überzeugen, daß diese Art zu leben die einzig richtige war - an seiner, Sir Ronalds, Seite.
    Er wollte seine Gefährtin lieben können. Er wollte sie als gleichberechtigte Partnerin akzeptieren können. Nicht als ein Opfer, das er aus einem Gnadenakt heraus am Leben gelassen hatte. Im Regelfall pflegte er seinen Opfern, wenn er sie erst einmal in seiner magischen Gewalt hatte, auch den letzten Blutstropfen zu nehmen, damit es sich für ihn auch lohnte; Verschwendung lag ihm nicht. Starb das Opfer nicht am Blutverlust, wurde es nach einer kurzen Zeitspanne selbst zum Vampir. Dem Willen des Earls zwar unterworfen, aber dennoch ein lästiger Konkurrent im allnächtlichen Kampf um die das Überleben sichernde menschliche Beute. Sir Ronald sorgte dafür, daß solch ein Konkurrent in »seinem Revier« erst gar nicht entstehen konnte. Ihn später zu töten, indem er ihm einen geweihten Eichenpflock ins Herz rammte, oder indem er ihn seiner Heimaterde beraubte, fiel ihm schwer; da war eine arterhaltende Hemmschwelle in ihm. Zudem war er selbst wohl kaum in der Lage, einen geweihten Pflock zu berühren, für den das Sonnenlicht nicht mehr unbedingt tödlich war. Es nützte also nichts, die Heimaterde zu zerstreuen, den Schlafsarkophag zu zerstören und den Vampir-Nachkömmling damit ins Licht der Morgensonne zu

Weitere Kostenlose Bücher