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0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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eigentlich noch?« erkundigte er sich, sogar für Nicole überraschend. Vor einiger Zeit hatte für sie dort ein dramatisches Abenteuer begonnen; ein Dämon mit Laser-Augen, dessen Blicke im wahrsten Sinne des Wortes töten konnte, hatte ihnen aufgelauert. Jene Boutique war Nicole vor allem durch ihre Schaufenstergestaltung aufgefallen - eine unbekleidete Puppe, von einer Schlange umringelt, und dazu der Slogan »Wir ziehen Eva an«. Nicole zuckte mit den Schultern. »Vermutlich dürften die hiesigen Frauenverbände dieses für texanische Verhältnisse extrem unmoralisch-sittenlose Schaufenster längst gerichtlich beanstandet haben. Aber wir sollten morgen tatsächlich mal nachschauen. Wenn’s den Laden noch gibt, finde ich vielleicht noch ein paar scharfe Klamotten.«
    Zamorra seufzte. In Boutiquen dieser Art pflegte Nicole zwar die ausgefallensten und aufregendsten Textilien zu finden, bloß stand der Kaufpreis meist im umgekehrten Verhältnis zur verarbeiteten Stoffmenge. Aber Nicole hatte sich mit ihren einst gefürchteten Einkauksorgien lange Zeit zurückgehalten - mochte sie ruhig wieder einmal kräftig zulangen. Das Problem war, daß sie all diese sündhaft teuren und raffinierten Kleider und sonstige Kleinigkeiten kaum mehr als einmal trug - sie waren rasch außer Mode, und wenn Zamorra und sie allein waren, reichte ihr ohnehin meist das Evaskostüm.
    »Zweite Möglichkeit«, griff Zamorra den Faden wieder auf. »Wir nehmen den Mietwagen und fahren nach Ciudad Juarez hinüber. Die Mexikaner sehen alles viel lockerer, obgleich sie bei Tage noch etwas frömmer gesittet sind als die Texaner.« Ein weiter Weg war es nicht — El Paso auf der texanischen und Ciudad Juarez auf der mexikanischen Seite des Rio Grande waren eigentlich ein fast zusammenhängendes Stadtgebilde, nur durch den Grenzfluß getrennt und durch drei Brücken miteinander verbunden, die zugleich die Grenzübergänge darstellten. Immer, wenn Zamorra hier weilte, hatte er das Gefühl, daß das viel kleinere Ciudad Juarez lebhafter und farbenprächtiger war als das eher geschäftsmäßig orientierte El Paso.
    »Dritte Möglichkeit«, fuhr er fort, »wir bestellen die Flugtickets für morgen und ziehen uns in die Hotelbetten zurück, um uns auszuschlafen.«
    »Vierte Möglichkeit«, fuhr er fort, »wir ordern die Flugtickets, ziehen uns in unsere Hotelbetten zurück und schlafen uns morgen im Flugzeug aus.«
    »Auch ’ne Idee«, nickte Zamorra. »Weißt du was? Während du dafür sorgst, daß wir das Ticket nach Paris oder Lyon bekommen, sorge ich dafür, daß der Zimmerservice uns eine gut gekühlte Flasche Champagner anliefert. Dürfte von der Uhrzeit her noch nicht zu spät sein.«
    Die Entscheidung war gefallen; sie verbrachten den Rest des Abends und der Nacht im Hotelzimmer. Der nächste Morgen sah sie beide recht übermüdet…
    ***
    Als Sir Ronald von seinem Nachtflug zurückkehrte, fand er eine Notiz seines Dieners vor. Der Zettel lag zwischen den Fotos des Mädchens mit dem seltsamen Namen Rhiannon und gab die Anschrift ihrer Wohnung preis. Sir Ronald of Teltow lächelte. Brian hatte sich also tatsächlich den größten Teil der Nacht um die Ohren geschlagen und die Adresse aus dem Telefonbuch herausgesucht.
    »Gloucester«, überlegte Sir Ronald und mußte eine Landkarte zurate ziehen. Gloucester befand sich in der Luftlinie rund 150 km von London entfernt. Auf den Straßen mochten es etwa 180 km sein. Sir Ronald rechnete nicht damit, eine derartige Entfernung fliegend zurücklegen zu können. Er besaß zwar ein annähernd 100 km durchmessendes »Jagdrevier« rings um London herum, aber dieser Bereich war für ihn durchschaubar. Gloucester war weit, weit fort.
    Sir Ronald hatte einst weiter nörd lich gewohnt, in der Nähe von Nor wich in der Grafschaft Norfolk. Aber als Lady Aurelia starb und er selbst die Unsterblichkeit erlangte, hatte er den Umzug nach London ins Auge gefaßt und schließlich durchgefühft London war schon damals eine Metropole mit Millionen von Menschen und mit einer sehr hohen Kriminalitätsrate; wesentlich höher als auf dem Lande. Hier fiel es kaum auf, wenn Menschen verschwanden, weil der Vampir seine Beute schlug. Im Laufe etlicher Jahrzehnte war Sir Ronald dann dazu übergegangen, nicht mehr im Stadtbereich selbst zu jagen, sondern in den Vororten, später draußen in den Dörfern. Er streute seine Aktivitäten sorgfältig. Und er wurde um so vorsichtiger, als in den modernen Zeiten zwar der Glaube an Magie,

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