048 - Blut für Lukretia
Dorian blickte Lukretia scharf an. »Lass dir nicht einfallen, Guido und Nadir auf uns zu hetzen, Lukretia!«
»Ich werde nichts tun«, versprach die Vampirin.
Dorian griff nach dem Schlüssel, doch bevor er die Kabine Nummer sechs öffnen konnte, hörte er einen leisen Schrei. Er drehte sich um und sah Lukretia an.
»Ich habe Kontakt«, sagte die Vampirin und schloss die Augen. »Wir schweben in höchster Gefahr«, rief sie plötzlich. »Ein Boot nähert sich. Wir sollen getötet werden.«
»Was hast du noch erfahren?«, fragte Dorian.
»Der Unbekannte ist auf deiner Seite«, sagte Lukretia. »Du sollst ihm vertrauen.«
»Jetzt bin ich genauso klug wie vorher«, brummte Dorian. »Wer befindet sich auf dem Boot, das sich angeblich nähert?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Lukretia unsicher. »Von der Besatzung haben wir keine Hilfe zu erwarten, doch Guido und Nadir werden uns helfen.«
Dorian sperrte die Kabinentür auf, und Guido Sera und Nadir Shah sprangen aus den Kojen. Lukretia rief ihnen einige Befehle zu, und die beiden Vampirgeschöpfe beruhigten sich. Ihre rotglühenden Augen musterten verlangend Dorian und Coco.
»Gehen wir an Deck!«, schlug Dorian vor und holte seine Pistole aus der Kabine.
Sie hatten kaum das Deck betreten, als ein lauter Knall zu hören war. Irgendetwas war gegen die Jacht geprallt. Ein scharfer Lichtstrahl stach wie ein riesiger Lichtfinger durch die Nacht und tauchte das Deck in gleißende Helligkeit …
»Geht in Deckung!«, schrie Dorian, duckte sich, entsicherte die Pistole und schoss auf den Scheinwerfer. Er musste ihn verfehlt haben, denn das Licht erlosch nicht. Er schoss nochmals. Geblendet schloss er die Augen. Zusammen mit Coco hatte er hinter einem Aufbau Deckung gefunden. Dorian lud nach und wartete. Für einen Augenblick hob er den Kopf. Das Deck war leer. Lukretia, Guido und Nadir hatten sich versteckt.
Einige Minuten lang geschah nichts. Der Sturm wurde heftiger und die Jacht ordentlich durchgeschüttelt, doch sie drosselte ihre Geschwindigkeit nicht, sondern kämpfte sich unbeirrt durch die hohen Wellen. Der Scheinwerfer wurde schwächer. Das Deck lag jetzt im Halbdunkel. Der Dämonenkiller registrierte jeden Laut. Schritte näherten sich, doch er konnte nicht feststellen, aus welcher Richtung sie kamen.
»Da!«, rief Coco. »Eine Gestalt schwingt sich über die Reling!«
Dorian reckte den Kopf. Coco hatte sich nicht getäuscht. Die schemenhafte Gestalt sprang auf das Deck – eine Gestalt ohne Kopf.
»Das ist Carlo Buanarotti«, sagte Dorian entsetzt. »Ich erkenne ihn wieder.«
Der zu neuem Leben erwachte Tote blieb stehen und hob beide Arme. Eine zweite Gestalt sprang auf Deck. Auch ihr fehlte der Kopf. Sie trug ein weißes, eng anliegendes Sommerkleid.
»Maria Buanarotti«, sagte Dorian tonlos. »Gegen die beiden Toten kann ich mit der Pistole nichts ausrichten. Unsere einzige Chance ist, die beiden anzuzünden. Aber dabei geht wahrscheinlich das Schiff in die Luft.«
Aus dem Schatten sprang ein Mann. Es war Nadir Sah, der sich auf die Tote stürzte. Ein völlig sinnloser Angriff. Die Tote wehrte das Schattenwesen spielerisch ab, riss es hoch und schleuderte es zu Boden. Carlo kam ihr zu Hilfe. Gemeinsam drückten sie den tobenden Nadir zu Boden. Carlo griff in seine Brusttasche und holte einen Pfahl heraus, den er an Nadirs Brust ansetzte. Mit der rechten Faust schlug er zu. Ein Zucken durchlief Nadirs Körper, die Haut wurde durchscheinend, und Sekunden später waren nur mehr seine Kleider übrig und dann ein Häufchen Asche, das rasch vom Wind verweht wurde.
»Was sollen wir tun?«, fragte Coco.
»Ich warte, was Lukretia unternehmen wird«, sagte Dorian. »Wir können im Augenblick überhaupt nichts tun. Da ist sie.«
Lukretia hatte sich in eine menschengroße Fledermaus verwandelt. Und sie wusste, wie sie die beiden ausschalten konnte. Dorian und Coco sahen fasziniert zu. Lukretia schwebte über den Toten, die vergeblich versuchten sie zu erreichen. Lukretias rechter Flügel umspannte eine große Kanne.
»Sie macht das einzig Richtige«, sagte Dorian.
Lukretia ließ aus der Kanne Benzin auf die beiden lebenden Toten tropfen. Carlo und Maria versuchten der Flüssigkeit auszuweichen, doch innerhalb einer Minute waren ihre Kleider benzindurchtränkt.
»Jetzt bin ich nur gespannt, wie sie die beiden anzünden will«, meinte Dorian. »Vampire haben eine panische Angst vor Feuer. Und Vampiropfer genauso.«
»Willst du nicht jetzt endlich
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