048 - Blut für Lukretia
mir denken, dass Sie eine Menge Fragen haben, aber so gern ich sie Ihnen auch beantworten würde, ich darf es nicht.«
»Ich hätte gern einen Beweis dafür, dass Sie auf unserer Seite stehen«, sagte Dorian. »Ich fürchte, Sie …«
»Ihre Fragen und Vermutungen sind völlig nutzlos, Mr. Hunter. Sie müssen mich als Begleiter akzeptieren. Es bleibt Ihnen gar keine andere Wahl.« Abu'l-hawl erhob sich, deutete eine Verbeugung an. »Ich ziehe mich in meine Kabine zurück. Ein Steward wird sich um Ihr leibliches Wohl kümmern. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.« Er verließ den Salon, und krachend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Coco und Dorian wechselten einen betretenen Blick.
»Wir sind ihm ausgeliefert«, sagte Coco. »Würde ich über meine Fähigkeiten verfügen, dann hätten wir eine Chance. Aber so, wie es im Augenblick aussieht, können wir nichts gegen ihn unternehmen. Mit den armseligen Amuletten, die du bei dir hast, kannst du gegen ihn nichts ausrichten. Und die Beschwörungen, die du kennst, nutzen dir da ebenfalls nichts. Dieser Abu'l-hawl ist ein uralter Dämon.
Er kann sein Äußeres beliebig ändern. Ich ahne, wer er tatsächlich ist.«
»Was glaubst du?«
»In der Schwarzen Familie gibt es einen Dämon, der sich Kadron nennt«, erklärte Coco. »Bei Auseinandersetzungen innerhalb der Schwarzen Familie verhielt er sich immer neutral, außer er nahm einen Auftrag an. Dann stand er mit all seinen Fähigkeiten so lange treu hinter seinem Auftraggeber, bis er den Auftrag erledigt hatte. Und ich frage mich, auf welcher Seite er jetzt steht. Wurde er von den Oppositionsdämonen engagiert, dann geht es uns gut, dann kommen wir sicher bald nach London. Ist aber Olivaro sein Auftraggeber, dann sehe ich für unsere Zukunft schwarz.«
»Bist du sicher, dass es Kadron ist?«
»Ziemlich sicher«, sagte Coco. »Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst, dann …« Coco brach ab und strich sich langsam über die Stirn.
»Sag es!«, drängte Dorian.
»Er steht auf Olivaros Seite«, sagte Coco tonlos.
Dorian lachte freudlos. Genauso hatte auch er vermutet. Er verfiel in dumpfes Brüten, aus dem er erst gerissen wurde, als ein Steward den Salon betrat und nach ihren Wünschen fragte. Dorian bestellte eine Kleinigkeit zu essen, eine Flasche Bourbon, Eis und Wasser.
»Wir haben schon in schlimmeren Situationen gesteckt«, sagte Dorian, als der Steward das Essen serviert hatte. »Und immer ist es uns gelungen, mit heiler Haut davonzukommen.«
»Ja, du hast Recht. Aber sehr oft bekamen wir Hilfe von dritter Seite. Anfangs standen wir unter Olivaros Schutz. Er wandte sich erst gegen uns, als Asmodi tot war. Und auch Philip half uns sehr oft. Erinnere dich nur an das Abenteuer mit dem goldenen Drudenfuß. In vielen Fällen hätten wir uns aus eigener Kraft nicht befreien können. Eine Zeitlang verfügte ich wieder über einen Teil meiner Hexenkräfte. Wäre ich im Vollbesitz meiner magischen Kräfte, dann würde ich mich Abu'l-hawl zum Kampf stellen.«
Dorian trank sein Glas leer, schenkte sich nach und aß ein Schinkenbrot. »Ein Fluchtversuch ist sinnlos. Wir können uns nur Abu'l-hawl entgegenstellen, und das ist, nach deinen Worten zu schließen, sinnlos. Was können wir dann tun?«
»Auf die Oppositionsdämonen hoffen.«
»Wir legen also die Hände in den Schoß und warten auf ein Wunder«, meinte Dorian verdrossen. »Ein Engel wird kommen und uns in letzter Minute erretten. Ich halte nicht viel von solch vagen Hoffnungen. Wenn Lukretia tatsächlich die von den Oppositionsdämonen gesandte Hilfe war, dann besteht wenig Aussicht auf ein Happy End. Sie schwimmt irgendwo im Meer. Es muss eine Möglichkeit geben.«
»Wir müssen versuchen, meine Fähigkeiten zu wecken«, meinte Coco. »Das ist unsere einzige Chance.«
»Sie sagen es!« Es war Abu'l-hawls Stimme, die plötzlich aus dem Nichts zu kommen schien.
Dorian sprang auf. Ein leises Lachen ertönte.
»Es war recht interessant, Ihnen zuzuhören«, sagte der Dämon. »Eigentlich wollte ich mich nicht zu erkennen geben, aber ich gehe nie ein Risiko ein. Und ich verlasse mich nicht darauf, dass es Coco Zamis nicht gelingen wird, ihre Fähigkeiten wiederzuerlangen. Ich glaube zwar, dass es bis nach der Geburt ihres Kindes nicht dazu kommen wird, aber ich kann mich irren. Setzen Sie sich, Hunter! Trinken Sie in Ruhe einen Schluck und hören Sie mir gut zu. Wenn es Ihnen Spaß macht, Hunter, bitte. Ich habe nichts dagegen. Ich habe auch
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