048 - Blut für Lukretia
Zeit.«
Dorian hatte versucht die Salontür zu öffnen. Er trat einige Schritte zurück und sprang mit voller Kraft dagegen, doch sie gab nicht nach. Er bemühte sich, die Luken zu öffnen, ein vergebliches Unterfangen.
»Haben Sie jetzt eingesehen, dass Sie nicht fliehen können, Hunter?«
Der Dämonenkiller setzte sich, steckte sich eine Zigarette an und schenkte sich Bourbon nach.
»Sie gestatten mir doch eine persönliche Bemerkung, meine Herrschaften?«
»Ich kann es Ihnen nicht verbieten«, erwiderte Dorian und hob sein Glas.
»Persönlich habe ich gegen Sie beide überhaupt nichts«, sagte der unsichtbare Dämon. »Es ist ein Auftrag, nicht mehr. Ein reizvoller Auftrag. Ich bin irgendwie Lukretia ähnlich, deshalb ließ ich sie auch am Leben. Sie und ich sind Außenseiter in der Schwarzen Familie. Sie waren auch eine Außenseiterin, Miss Zamis, als Sie noch zu uns gehörten. Sie waren aber anders – sie wollten den Menschen helfen. Das ist bei mir nicht so. Mir sind die Menschen gleichgültig, aber auch die Mitglieder der Schwarzen Familie. Ich amüsiere mich höchstens über ihre nichtigen Streitereien. Ihre Probleme interessieren mich nicht. Ich führe ein gleichförmiges, ja fast langweiliges Leben. Der einzige Spaß, den ich habe, sind Aufträge, schwierige Aufträge. Aber sie wurden in letzter Zeit immer seltener. Asmodi mochte mich nie besonders. Das war wohl auch der Grund, weshalb ich von ihm nie den Auftrag erhalten hatte, auf den ich schon so lange wartete: Ich nahm an, dass er von mir verlangen würde, Sie zu töten. Asmodi war aber zu sehr von sich und seiner Macht überzeugt. Und er unterschätzte Sie, das war sein Verhängnis. Er starb auf eine eher billige Art, wenn Sie mich fragen, eine Schande für das Oberhaupt der Schwarzen Familie.«
»Sie hören sich wohl gern reden, Kadron?«, meinte Dorian spöttisch.
Der Dämon lachte. »Gönnen Sie mir doch dieses Vergnügen. Vor ein paar Tagen ließ mich Olivaro rufen. Wie Sie sich sicher denken können, steckt er bis zum Hals in Schwierigkeiten. Und wenn Sie mich fragen, dann sind seine Tage als selbsternannter Herr der Finsternis bald zu Ende. Die Opposition wird von Tag zu Tag mächtiger. Aber das ist nicht meine Sorge. Er gab mir den Auftrag, Sie beide zu fangen. Wenn das nicht möglich sei, sollte ich Sie töten. Über Ihre Taten, Hunter, wusste ich ja gut Bescheid, ich kenne Ihre Stärken und Schwächen. Und über Coco weiß ich natürlich noch besser Bescheid. Sie galt einmal als die mächtigste Hexe, die seit hundert Jahren auf die Welt gekommen war. Ihre Fähigkeiten waren unglaublich. Deshalb reizte mich der Auftrag, den ich von Olivaro bekommen hatte. Aber Sie können sich sicherlich meine Enttäuschung vorstellen. Ich beobachtete Sie. Ich hatte gehofft, es endlich nach so langer Zeit einmal wieder mit einem ernsthaften Gegner aufnehmen zu können. Aber was soll ich viel erzählen. Coco hat all ihre Fähigkeiten verloren. Es war alles so einfach, viel zu einfach für meinen Geschmack. Ich spielte mit Ihnen. Ich sandte die sechs Besessenen in Bangkok aus. Sie waren nicht fähig, sich dieses Angriffs zu erwehren. Im Flugzeug fiel Ihnen meine Anwesenheit nicht auf. Und so weiter. Sie erkannten mich nicht einmal, als ich als trauernder Buanarotti im Hotel auftrat. Vielleicht wäre alles etwas anders gekommen, wenn Sie Lukretia von meinem Auftauchen an Bord des Flugzeugs berichtet hätten. Diese Information hätte sie an die Oppositionsdämonen weiterleiten können. Viel hätte es zwar auch nicht geholfen, aber alles wäre etwas interessanter geworden. Der Überfall auf die Jacht war ein Kinderspiel. Und alles weitere ist auch einfach. Zu einfach. Ich bin enttäuscht, zutiefst enttäuscht.«
»Mein Mitgefühl ist Ihnen sicher«, erwiderte Dorian trocken. »Auf Ihr Wohl!« Er hob das Glas, setzte es an die Lippen und trank es leer.
»Ich werde Sie Olivaro übergeben«, sagte Kadron. »Was er mit Ihnen tun wird, weiß ich nicht, aber ich kann es mir denken.«
»Weshalb haben Sie eigentlich das Theater mit den Leichen der Buanarottis inszeniert?«, erkundigte sich Coco.
»Das werden Sie morgen erfahren. Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass Sie im Salon übernachten müssen. Lassen Sie sich das Essen gut schmecken, es könnte ihr letztes Mahl gewesen sein. Und noch eines: Es ist mir zwar unangenehm, in Ihre Intimsphäre einzudringen, aber mir bleibt keine andere Wahl. Ich werde Sie die ganze Nacht über beobachten. Das sage ich Ihnen
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