048 - Cinemania
Blick.
»Unsere Jäger haben sie gestern in ihrem Bau aufgestöbert«, pries er den Braten an. »Heute Morgen wurde ihr das Fell abgezogen, nun steckt sie frisch auf dem Spieß. Ihr könnt gerne das erste Stück genießen.«
Matt spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Nicht nur wegen des deutlich rattenförmigen Körpers, an dem die empor züngelnden Flammen leckten, sondern auch, weil er in Britana Seite an Seite mit Taratzen ums Überleben gekämpft hatte. Er wusste nur zu gut, dass die aggressiven Nager ein gewisses Maß an Intelligenz besaßen; dass es in Meeraka nicht anders war, hatte die Taratze des Dons von Las Vegas bewiesen. Aber natürlich war es sinnlos, in dieser Garküche eine Diskussion über das Recht auf Leben zu starten. Matt hatte sich längst damit abgefunden, dass er an den harten Lebens- umständen dieser barbarischen Zeit nur wenig ändern konnte.
»Ich nehme eine Gemüsesuppe«, krächzte er, obwohl ihm der Appetit gründlich vergangen war.
Aruula verzichtete ebenfalls auf Taratzen- braten, bewies aber einen weniger empfind- lichen Magen. Sie bestellte eine Portion Deer-Ragout.
Kimjo eilte an den Herd und gab hektische Anweisungen. Gleich darauf standen zwei dampfende Teller vor ihnen.
Die nächsten fünf Minuten verbrachten Matt und Aruula mit einträchtigem Schmatzen, bis der gröbste Hunger gestillt war. Die Barbarin war noch damit beschäftigt, die letzten Reste vorn Teller zu lecken, als Kimjo zwei überschwappende Becher Pflaumenmost heran schleppte. »Der ist gut für die Verdauung«, versicherte er.
Matt ließ sich nicht zweimal bitten, sondern spülte mit dem süßen Wein nach. Als er den Becher absetzte, fiel ihm auf, dass Kimjo über den Tresen hinweg stierte.
Der Blick galt dem auffälligen Ninja-Schwert an seiner Seite.
»Auf die gleiche Weise erworben wie die Bellits?«, raunte der Asiate verschwörerisch. Matt nickte. »Von einem Vermummten. Er brauchte es nicht mehr.«
»Tot?« Kimjos Miene hellte sich sichtbar auf. Matt bestätigte.
»Das ist gut. Diese verdammten Schatten sind die reinste Plage.«
»Schatten?«
»Ja, nur sie führen solche Waffen!« Als Kimjo die Verwirrung seiner Gäste erkannte, erklärte er: »Wir nennen sie Schatten, weil sie nicht mehr sind als eine flüchtige Bewegung im Augenwinkel. Es sind Japse, die für Microware die Drecksarbeit machen.«
»Japse?«
Matt beschränkte sich auf kurze Zwischenfragen, um den Redefluss nicht zu unterbrechen.
»Ja«, knurrte Kimjo. »Seit Anfang des Sommers kommen sie in ihren Booten übers Meer und breiten sich immer weiter bei uns aus. Gelbhäutige kleine Schlitzaugen, denen nicht über den Weg zu trauen ist.«
Aruula hustete, als ob sie sich verschluckt hätte. Ihr Blick ruhte verblüfft auf Kimjo, denn seine wenig schmeichelhafte Beschreibung passte ebenso gut auf ihn wie auch auf jeden anderen Asiaten.
»Hey«, protestierte der Garküchenbesitzer aufgebracht, als er ihre Gedanken erriet. »Ich bin ein Nam, das ist etwas ganz anderes. Mein Volk lebt schon seit Ewigkeiten in El'ay. Wir sind hier geboren, sprechen unsere Sprache und holen keine halbwilde Verwandtschaft ins Land.«
»Es gibt also auch alteingesessene Japan… Japse in El'ay?«, fragte Matt.
»Ja«, gab Kimjo widerstrebend zu. »Die meisten von ihnen wollen aber selbst nichts mit den Taugenichtsen zu tun haben, die sich in den Hafenvierteln breit machen.« Es folgte eine lange Schimpfkanonade über Diebstähle, Morde und Entführungen, die allesamt mit den ungeliebten Einwanderern in Verbindung gebracht wurden. Matt kam die Liste unangenehm bekannt vor.
Das waren genau die Vorurteile, mit denen sich jede größere Einwanderergruppe, gleich welcher Hautfarbe und Religion, in einem fremden Land abfinden musste.
Er beging aber nicht den Fehler, Kimjos Redefluss durch ein Streitgespräch versiegen zu lassen. Geduldig hörte er zu, bis die Sprache endlich wieder auf Microware kam. Durch ein paar gezielte Fragen bekam er heraus, dass sich dahinter eine Handelsgilde verbarg, die mit bahnbrechenden Erfindungen große Macht erlangt hatte.
»Sie haben alte Aufzeichnungen studiert, nach denen sie Windräder und Straßenlampen bauten«, erklärte Kimjo. »Damit erleuchteten sie Downtoon auf eigene Rechnung, wofür unsere Gemeinde einen fairen Tribut zollte. Bald wollten auch andere Siedlungen von diesem Wunder profitieren. Die Teknikk von Microware breitete sich im ganzen Tal aus. Im Laufe der Zeit wurden die Forderungen der Gilde aber immer
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