0480 - Champagner-Party bei Capone
Tanzsaales hatte. Es wimmelte von Uniformen höherer Polizei-Offiziere. Die meisten gehörten zum Verwaltungsapparat der Polizei, so daß man sie selten zu Gesicht bekam, weil sie kaum je ihren Schreibtischplatz verließen. Nur einen kannten wir seit vielen Jahren: Captain Hywood von der City Police. Er überragte alle anderen um wenigstens eine Haupteslänge, und wenn er etwas sagte, hätte man es drei Zimmer weiter noch immer mühelos verstehen können. Als er uns entdeckte, kam er auf uns zugewalzt wie ein Grislybär, der sich auf seine Hintertatzen aufgerichtet hat.
»Die hohe Bundespolizei!« rief er mit einer Lautstärke, als ob er ohne Sprechfunk die ganze Downtown alarmieren müßte. »Habt ihr euch verlaufen? Hier findet eine Party für Männer statt, richtig mit Alkohol und so. Was wollt ihr Puritaner bei einer solchen Gelegenheit?«
Ein junger Neger in einem weißen Jackett hatte sich mit fragendem Blick in unsere Nähe begeben.
»Zwei Scotch auf Eis«, bat ich, und dann bereitete ich mich seelisch auf Hywoods Händedruck vor.
Meine nicht gerade kleine Hand verschwand in Hywoods Pranke wie das Händchen eines Sechsjährigen. Ich gab mir Mühe und zuckte mit keiner Wimper, aber ich wußte, daß es ein paar Minuten dauern würde, bis sich meine Finger von der Folter erholt hatten, die Hywood als normalen Handschlag bezeichnet hätte.
»Wir sind nur gekommen, um aufzupassen, daß sich gewisse Leute nicht sinnlos betrinken, und noch dazu in Uniform. Was sollte das für einen Eindruck auf die Steuerzahler machen?« fragte Phil, reichte Hywood die Hand und zuckte zusammen, als der Captain sie schüttelte.
»Wieso eigentlich Party für Männer?« fragte ich. »Und was tut das runde Dutzend hübscher Girls hier?«
Hywood strahlte über sein kantiges sonnengebräuntes Gesicht.
»Lauter Studentinnen von der Columbia-Universität«, erklärte er. »Rockefeller hat sie eingeladen, damit wir nicht den ganzen Morgen fachsimpeln. Die Damen sind volljährig, hübsch, intelligent und absolut unantastbar. Also benehmt euch.«
Unsere beiden Scotch wurden gebracht. Hywood hielt sein Sektglas in der Hand und sah verdutzt auf unseren Whisky.
»Das gibt es auch?« knurrte er. »Und ich dachte, bei einer Champagner-Party dürfte man nur dieses scheußliche Prickelwasser trinken. Mein Sohn, bring mir einen vernünftigen Schluck aus einer Bourbon-Flasche.«
Wenn Hywood nur den Mund aufmacht, übertönt er mühelos ein Tanzorchester. Es ist nicht seine Schuld, er wurde nun einmal von der Natur in jeder Hinsicht zu reichlich bedacht. Seiner Lautstärke freilich hatten wir es zu verdanken, daß nun jeder Anwesende sofort wußte, zu welchem Verein wir gehörten. Ein paar Leute, die wir von irgendwelchen dienstlichen Anlässen her kannten, drängten sich heran, und einige Minuten lang gab es ein allgemeines Händeschütteln und Austauschen von Begrüßungsphrasen. Hywood stellte uns vier hübschen jungen Damen vor, von denen er bereits sämtliche Vornamen kannte. Wir verbeugten uns hübsch und artig und plapperten eine Weile nichtssagendes Zeug. Bis eine zierliche Brünette eine Pause im Gespräch überbrücken wollte und Hywood mit einem raffiniert gekonnten Blick aufforderte, etwas Lustiges aus dem Alltag der Polizei zu erzählen.
»Etwas Lustiges?« röhrte Hywood und zog die Stirn in Falten. »Bei der Polizei gibt es nichts Lustiges.«
Das Mädchen zog in gespielter Verärgerung einen Flunsch.
»Sie wollen bloß nicht«, schmollte sie.
Hywood schmolz dahin wie Butter in der Sonne.
»Na ja«, brummte er. »Gestern abend passierte etwas, das vielleicht ganz lustig ist. Da waren zwei Kerle, die ein Vorstrafenregister haben von der Länge des New Yorker Straßenbau-Programms. In der Canal Street knackten sie einen funkelnagelneuen Chrysler. Aber sie wurden von der Besatzung eines Funkstreifenwagens beobachtet, und die Jungs gaben natürlich sofort über Sprechfunk Alarm. Die Funkleitstelle rief alle in der Nähe befindlichen Wagen. Als die Burschen nach Westen abhauen wollten, kam ihnen schon das erste Rotlicht entgegen. Sie bogen nach Süden ab in die Lafayette Street. Wir setzten ihnen einen Streifenwagen quer über die Kreuzung mit der Leonard Street. Sie kamen soeben daran vorbei, mußten aber nach Osten einbiegen. An der nächsten Ecke kamen gleich zwei Streifenwagen aus zwei verschiedenen Straßen. Die Burschen gerieten immer mehr in die Klemme, und schließlich blieb ihnen nur noch eine dunkle Einfahrt als letzte
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