0480 - Der Doppel-Zombie
mit eigenen Augen. Dieses Monstrum hob den Stein mit einer ebenso spielerisch anmutenden Leichtigkeit hoch wie mich.
Er klemmte ihn unter seinen rechten Arm, während ich von seinem linken festgehalten wurde.
Mit wuchtigen Schritten ging er los, blieb aber sehr schnell wieder stehen, weil er den Rockern noch etwas mitzuteilen hatte. Er konnte reden, ich hörte ihn zum erstenmal und mußte mich konzentrieren, um seine Worte verstehen zu können. Jilette würgte sie förmlich hervor.
»Ich - habe - ihn… holt - ihr - euch - den - anderen - und - tötet - ihn.«
»Ja, das werden wir. Kommst du nachher zurück?«
»Ich - werde - kommen - und - nehme - ihn - mit.«
Bei der zweiten Antwort hatte ich mich bereits an seine Stimme gewöhnt. Jetzt konnte ich ihn auch besser verstehen und wußte natürlich sofort Bescheid.
Mit dem zweiten, der getötet werden sollte, konnte er nur eine bestimmte Person gemeint haben, wegen der ich überhaupt zu dieser Klinik gefahren war.
Abbé Bloch!
Und es wies alles darauf hin, daß Jilette und seine Bande ihren Vorsatz in die Tat umsetzen konnten.
Mir gelang es noch, einen letzten Blick auf die Rocker zu werfen. Sie verschwanden wie Phantome in der Dunkelheit und wurden von ihr regelrecht verschluckt.
Zudem hatten sie sich in Richtung Klinik orientiert, wo man ahnungslos war.
Jilette aber schleppte den Grabstein und mich in die entgegengesetzte Richtung…
***
Mein Freund und Kollege Suko gehörte zu den Menschen, die man als ausgeschlafene Bürschchen bezeichnen konnte.
Nach dem Telefonanruf seines Freundes John Sinclair war er nicht sofort losgerannt, hatte sich ans Fenster gestellt und zunächst einmal über das Gespräch nachgedacht.
Was er von John erfahren hatte, klang einerseits unglaublich, aber er kannte seinen Freund lange genug. Der hatte es beileibe nicht nötig, Märchen dieser Art zu erfinden. Wenn er diesen Bericht abgab, dann stimmte jedes Detail.
Man hatte auf ihn mit einem Grabstein geworfen. Über den Grund konnte auch Suko nur spekulieren. Eine andere Tatsache aber bereitete ihm viel größere Sorgen. Der Vorfall war dort passiert, wo sich auch die Klinik befand, in der Abbé Bloch lag. Und dieser Mann, Anführer der positiven Templer, befand sich in einer permanenten Gefahr. Suko ging davon aus, daß die andere Seite erfahren hatte, wo er sich befand. Sie würde nicht faul sein und einen Angriff starten. Wie sie dies anstellten und wie viele ihrer Diener sie aus irgendwelchen Ecken hervorholten, konnte niemand mit Sicherheit sagen.
Suko und John waren zu zweit. Aber sechs Augen sehen mehr.
Genau das war der Punkt, bei dem Suko einhakte. Er wollte seinem Freund Bill Conolly Bescheid geben. Bill würde sicherlich zur Klinik kommen und die Funktion eines Aufpassers oder Wächters übernehmen. So gut kannte der Chinese ihn.
Kurzentschlossen rief er bei den Conollys an, bekam Sheila, Bills Frau, an den Apparat, die sofort etwas ahnte.
»Grüß dich, Suko«, sagte sie fröhlich, um ihrer Stimme einen Moment später einen anderen Klang zu geben.
»Aber ich rieche Unheil. Wenn du anrufst, kann es Ärger geben. Willst du mir Bill wegholen und mich am Abend allein lassen?«
»Gib ihn mir doch erst einmal.«
»Ich will mal nicht so sein.«
Wenig später hatte Suko den Reporter an der Strippe. »Na, was gibt es denn? Ist noch ein Blatt vom Horror-Kalender übriggeblieben?« Bill sprach, als hätte er den Mund voll.
»Habe ich dich beim Essen gestört?«
»Ja.«
»Um den Kalender geht es nicht, die Sache ist vergessen.«
Bill schluckte den Bissen runter.
»Also etwas Neues.«
»Genau.«
»Raus damit!«
Den Gefallen tat ihm Suko gern.
Was er wußte, teilte er auch Bill Conolly mit.
»Sieht nicht gut aus«, meinte dieser. »Der Ansicht bin ich auch.«
»Ich soll also kommen?«
»Ja, und zwar zur Klinik. Wir treffen uns dort, wo man John angefallen hat. Es ist ein kleiner Parkplatz. Dort sehen wir weiter.«
»Vielleicht finden wir auch den Grabsteinschmeißer. Wartet einer auf den anderen?«
»Würde ich sagen.«
»Bis später dann.«
Suko verlor keine Minute mehr.
Auch er war an diesem Tag mit einem Dienstwagen unterwegs. Die Klinik lag im Londoner Nordwesten. Dorthin führte eine Straße wie ein Strich. Es war die Edgware Road, die Suko selbstverständlich auch nahm.
Dennoch dauerte es lange, bis der Inspektor die Gegend erreicht hatte. Er befand sich nicht allein auf der Straße, und voll aufdrehen konnte er auch nicht.
Die Umgebung
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