0480 - Der Doppel-Zombie
Zudem spürte er die Aura der Gewalt, die ihm entgegenströmte. Dieser Ricky war ein Rocker, trug schwarze Lederkleidung und einen sehr breiten Nietengürtel, an dem Waffen hingen.
Unter der Jacke schaute ein besonders langer Lauf hervor. Er gehörte zu einer abgesägten Schrotflinte, die in einer Spezialschlaufe befestigt worden war. Aber auch einen glänzenden Schlagring und einen Totschläger besaß der Rocker.
Sein schwarzes Haar glänzte pomadig. Es war glatt nach hinten gekämmt worden, aber nicht gescheitelt. So ähnlich hatten es die Gigolos in den frühen Zwanzigern getragen. Das Gesicht des Rockers wirkte knochig, die Nase saß schief. Ein ›Andenken‹ an einen Kampf.
»Was wollen Sie?« Spencer ärgerte sich, daß seine Stimme zitterte.
»Eine Auskunft, das sagte ich doch.«
»Und ich sagte Ihnen, an wen Sie sich zu wenden haben. Außerdem - wie sind Sie überhaupt in das Krankenhaus hereingekommen?«
Der Rocker grinste noch breiter. »Doktorchen, für mich gibt es doch keine Hindernisse, das solltest du wissen.«
»Schon, aber jetzt verschwinden Sie wieder auf dem normalen Weg, sonst muß ich Sie entfernen lassen.« Der Arzt legte seine Hand demonstrativ auf den Telefonhörer.
Das hätte er nicht tun sollen. Ricky wurde plötzlich schnell. Bevor Spencer sich noch wehren konnte, sah er einen schmalen Schatten herabsausen, der seinen linken Handrücken traf, so daß Spencer vor Schmerz aufschrie.
Er ließ den Hörer los und hoffte, daß nichts gebrochen war.
Ricky war zurückgetreten. Er hatte mit dem Totschläger zugeschlagen. Lässig schwang er ihn durch die Luft.
»Ich gebe hier den Ton an.«
Spencer lehnte sich zurück. In seiner linken Hand brannte es. Er atmete, durch den offenen Mund, aber geschlagen gab er sich noch nicht. »Das schaffen Sie nicht, verdammt, nicht Sie!«
»Abwarten, Doktorchen. Bist du nun bereit, mir eine Auskunft zu geben?«
»Ich weiß nichts.«
Ricky trat den Beistelltisch so wuchtig zur Seite, daß dieser quer durch den Raum flog und gegen die Wand krachte. »Ich lasse mich nicht mehr verarschen, Weißkittel«, flüsterte er und ging auf den Arzt zu, der sich mit dem Rücken gegen die Wand preßte. Sein Blick auf den Totschläger gerichtet, den Ricky wippen ließ. »Hast du es gehört, Doktorchen? Keine Verarschung mehr.«
Er blieb so dicht vor Dr. Spencer stehen, daß er diesen fast berührte. »Was wollen Sie wissen?«
»Wo er liegt, dieser Bloch? Abbé Bloch nennt man ihn.«
Nach der Frage wurde der Arzt noch blasser. Ihm fielen wieder die Worte des Kranken ein, der davon gesprochen hatte, daß sich eine Gefahr zusammenballte. Und verdammt noch mal, er hatte nicht gelogen. Die Gefahr war tatsächlich vorhanden. Aus dieser Wolke hatte sie sich in einen Felsen umgewandelt, der über dem Kopf des Arztes schwebte und ihn erschlagen konnte.
»Na, Doktorchen, kommt die Erinnerung?«
»Was… was wollen Sie von ihm?«
»Das ist meine Sache.«
Dr. Spencer war es gewohnt, einen Patienten zu verteidigen. Das tat er auch jetzt. »Sie… Sie können das nicht machen, Mister. Abbé Bloch ist krank. Er braucht seine Ruhe. Er hat eine schwere Operation hinter sich. Ich kann es nicht zulassen, daß…« Er schrie auf, denn der Rocker hatte abermals zugeschlagen und diesmal die Schulter des Mannes erwischt.
»Keine dummen Reden, Doktorchen, sonst werde ich richtig böse. Und wenn Ricky böse wird, dreht er durch. Da bleiben zumeist Tote zurück, wenn du verstehst.«
Der Arzt konnte nicht mehr antworten. Schmerz durchwühlte seine Schulter, und er mußte zuschauen, wie Ricky mit dem nächsten Schlag das Telefon zertrümmerte. Die Kunststoffteile flogen in alle Richtungen. Er trat sogar noch in einem Anfall von Wut mit den Stiefelabsätzen auf die Reste.
Spencer atmete schwer. Von Ricky wurde er in Ruhe gelassen. Der kannte seine Hiebe und wußte genau, wie lange jemand brauchte, um sich zu erholen.
Lässig schritt der Rocker durch den Raum. Er hatte bei seiner heftigen Attacke auch das Buch zu Boden geschleudert. Es lag auf dem Teppich.
»Marokko«, las er vom Deckel ab und lachte dabei leise. »Du willst also nach Marokko fahren. Das ist natürlich so eine Sache. Ich glaube kaum, daß dir das gelingen wird, wenn du dich weiterhin so dumm anstellst und mir nichts sagst.«
Spencer gab noch immer nicht auf. »Ich… ich bin nicht befugt, Ihnen Auskünfte zu geben.«
Abrupt blieb der Rocker stehen. Er sagte nichts, er handelte nur. Den Totschläger ließ er wieder
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