0482 - Der Ring des Hexers
können - Gryfs abermalige Anwesenheit auf dem Silbermond war der Beweis dafür, denn derzeit führte der Weg hierher nur mit Julians Erlaubnis durch Julians Traum. Asmodis hätte Gryf niemals hierherbringen können, wenn er sich nicht zuvor mit Julian auseinandergesetzt hätte.
Praktisch standen nur Zamorra und Nicole auf Asmodis’ Seite - Merlin selbst zählte nicht. Er war natürlich seinem Bruder gegenüber befangen.
Gryf verstand einfach nicht, weshalb Zamorra dermaßen leichtgläubig war. Der Meister des Übersinnlichen hatte damals immerhin auch schon oft genug gegen Asmodis kämpfen müssen. Und Asmodis war stets ein Meister der Intrigen, der Ränkespiele und der Täuschung gewesen. Nicht umsonst benutzte er unzählige Tarnexistenzen, in die er je nach Bedarf schlüpfen konnte, um seine eigenen Interessen voranzutreiben und durchzusetzen - vom Clochard bis zum Politiker. Damals wie heute. Vielleicht war auch Sid Amos nur eine dieser Tarnexistenzen und nicht des Asmodis wahres, gewandeltes Ich. Er war zwar nicht mehr der Fürst der Finsternis, aber jemand, der so lange eine bestimmte Linie verfolgte, konnte sich einfach nicht von einem Moment zum anderen um 180 Grad wenden; eher bekam Erich Honecker das Bundesverdienstkreuz.
Gryf konnte einfach nicht glauben, daß Asmodis ihn aus uneigennützigen Gründen gerettet hatte. Er hatte sich ja schon mit der Behauptung verraten, ein lebender Gryf nütze ihm mehr als ein toter! Dennoch sah Gryf für sich keinen Ausweg aus der Falle. Darin zeigte sich Asmodis’ teuflische Genialität. Er hatte Gryf gerettet. Gryf konnte ihm niemals nachweisen, daß die Sache mit dem Vampir und der geliebten Rhiannon gestellt war. Es gab keine neutralen Zeugen. Der Vampir war tot, Rhiannon war tot. Gryfs Anklage stand gegen Asmodis’ Behauptung. Andererseits aber hatte Julian Peters, dessen Wort sehr wohl Gewicht hatte, Asmodis mit Gryf zum Silbermond gelassen, und Gevatter Tod hatte den von Asmodis geretteten Gryf geheilt. Also schon zwei, die für Asmodis und gegen Gryfs Anschuldigung sprechen würden. Und vor allem zwei wichtige Personen, die jederzeit bezeugen konnten, daß Gryf Asmodis sein Leben verdankte.
Er steckte in der Falle und kam nicht mehr heraus. Stellte er sich weiter gegen Asmodis, war er nichts als ein undankbarer, ehrloser Schuft.
Nach außen hin konnte er jetzt nichts mehr gegen Asmodis sagen. Zu schnell sprachen sich derartige Geschehnisse herum. Gryf war kaltgestellt.
Wenn er noch etwas gegen die Gefahr unternehmen wollte, die von Asmodis ausging, dann konnte er das nur noch heimlich tun. Und niemand würde es ihm danken.
»Hätte YeCairn mich doch sterben lassen«, murmelte Gryf. Aber dieser Vorwurf war nicht echt. Dafür lebte der Druide viel zu gern. Doch sein Haß auf Asmodis war jetzt nur noch größer geworden - aber er durfte ihn fortan niemandem mehr zeigen.
Es sei denn, es gelang ihm, dem Erzdämon das Handwerk zu legen. Aber daran war bislang sogar Professor Zamorra gescheitert!
Gryf verließ sein »Krankenzimmer«. Er suchte YeCairn auf, um mit ihm zu reden. Er mußte mehr über diesen geheimnisvollen Mann aus einer anderen Welt erfahren. Und er mußte herausfinden, ob die beiden sich nicht vielleicht von früher her kannten…
***
Ilona Marchese stoppte den Fiat und stieg aus. Sie eilte zum Haus - und sah sich unwillkürlich nach dem Schatten um, den sie gestern gesehen zu haben glaubte und der sich ihr so deutlich eingeprägt hatte. Aber heute gab es diesen Schatten nicht. Ilona drückte auf den Klingelknopf. Es war, als habe Pietro schon hinter der Tür gewartet, so schnell öffnete er sie. Er begrüßte Ilona mit einem zärtlichen Kuß und führte sie in die Wohnung.
Sie sah ihn nachdenklich an. Ihr war, als sei Pietro gealtert, und zwar um mindestens zehn Jahre. Da waren tatsächlich ein paar graue Haarsträhnen hinter seinen Ohren und dem wie üblich zurückgebundenen Zopf! Er schien auch ein paar Gesichtsfältchen zu haben, die Ilona früher niemals bemerkt hatte - und die ihr garantiert hätten auffallen müssen!
Sie schnupperte. »Sagtest du nicht, du hättest gekocht, Pietro?« fragte sie. »Man riecht ja gar nichts.«
»Ich sagte doch etwas von einer Überraschung«, grinste Cataloni diabolisch. »Das ist nur ein Teil davon.«
»Sag mal, willst du dich über mich lustig machen?« entfuhr es ihr. »Wenn du mich nur angerufen hast, um mich zu verkaspern, dann…«
Er hob abwehrend die Hände. »Warte, ehe du dich aufregst. Du
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