0482 - Der Ring des Hexers
mit vier Fingern auf alle Schalter der elektrischen Fensterheber. Sofort glitten die Scheiben nach unten und ließen die Tageshitze in den klimatisierten Fahrgastraum. Carlotta schrie auf, schob Nicoles Hand beiseite und fuhr die Scheiben wieder hoch. »He, was soll der Quatsch?«
»Warum soll es dir hier drinnen besser ergehen als mir draußen?« schmunzelte Nicole hinterhältig. »Wie der gute Asmodis einst immer zu sagen pflegte: Auch für den Teufel muß es eine Hölle geben!«
»Ich bin aber kein Teufel«, protestierte Carlotta.
Nicole öffnete die Tür und stieg aus. »Es gibt eine Menge Männer, die uns Frauen teuflischen Charakter bescheinigen«, sagte sie. »Aber das sind doch nur Männer!« wehrte Carlotta sich. »Mußt du ausgerechnet deren Irrtümer durch dein Tun bestätigen?«
Nicole schloß die Tür vergnügt und marschierte los, um einen unauffälligen Spaziergang vorzutäuschen und das Haus erst einmal von allen Seiten zu sondieren. Falls es dort tatsächlich eine schwarzmagische Kraftquelle gab, würde das Amulett, das sie sich umgehängt hatte, sie rechtzeitig darauf aufmerksam machen.
Die Hitze brach wie mit einem Hammer über sie herein, und ihre Kleidung klebte ihr schon wieder am Körper.
Im Wagen rutschte Carlotta auf den Fahrersitz hinüber.
***
»Ich möchte mehr über dich und die Welt wissen, aus der du kommst«, sagte Gryf. »Beschreibe mir, wie es dort aussieht. Ich kenne viele Welten aus eigenem Erleben, und viele andere aus Beschreibungen von Freunden und Feinden. Vielleicht ist sie mir bekannt, und in dem Fall kann ich dir vermutlich den Weg zurück zeigen.«
»Ich denke, daß es nicht die richtige Zeit ist, über mich zu reden«, sagte YeCairn. »Dein Wunsch, mir zu helfen, ist zwar lobenswert, aber ich mag jetzt nicht mit dir oder sonst jemandem darüber reden. Und ich weiß nicht, ob meine Welt mich überhaupt noch aufnehmen würde.«
»Was soll das heißen?« fragte Gryf.
YeCairn winkte ab. »Später«, sagte er. »Zu einer anderen Zeit.«
Gryf faßte nach dem Arm des Kriegers, Philosophen und Medicus. »Du weichst mir aus. Was ist mit deiner Welt?«
»Vielleicht gibt es sie nicht mehr«, sagte YeCairn vage. »Vielleicht ist sie schon aus der Erinnerung derer geschwunden, die in und mit ihr lebten. Du solltest jetzt gehen. Es bleibt dir nicht viel Zeit.«
Er löste sich aus dem Griff des Druiden, der ihn überrascht ansah. »Was willst du damit sagen, Gevatter Tod?«
YeCairn grinste kurz und wurde wieder ernst.
»Es geht um deine Rückkehr. Ich denke, daß du nicht Wochen oder Monate auf dem Silbermond bleiben willst. Sid Amos kehrt in wenigen Minuten heim zur Erde. Begleite ihn. Denn wenn er fort ist, wird der Träumer die Pforte erst einmal wieder schließen.«
»Woher weißt du das?«
»Vom Träumer und von Sid Amos«, sagte Gevatter Tod.
»Woher kennt ihr euch?«
»Der Träumer und ich? Ich kenne ihn nicht näher. Bis zu jener Katastrophe, die mich aus meiner Welt riß, wußte ich nicht, daß es ihn gibt. Nun solltest du aber keine Zeit verlieren.«
»Ich meine Asmodis!«
Gevatter Tod nickte. »Ihn meine ich auch. Geh mit ihm, oder du sitzt für längere Zeit hier fest. Und es würde mir nicht gefallen, dich so lange in meiner Nähe zu haben. Du bist zu neugierig, und ich möchte dich nicht durch meine Zurückweisung verletzen. Also mach dich auf den Weg.«
»Verdammt, es gäbe Möglichkeiten, uns aus dem Weg zu gehen, wenn wir uns gegenseitig lästig werden«, sagte Gryf. »Immerhin ist der Silbermond nicht gerade klein, und er ist meine Heimat.«
»Er ist die Heimat deines nahezu ausgelöschten Volkes«, widersprach YeCairn. »Das ist ein Unterschied. Also geh mit Amos. Und - hüte deine Unversehrtheit sorgfältiger als bisher. Ich habe dich zweimal geheilt, als du dem Tode nahe warst. Ich werde es kein drittes Mal können - und vielleicht auch nicht wollen, da ich deine spezielle Form der Dankbarkeit, wie du sie Amos gegenüber zeigst, ganz und gar nicht schätze.«
Es klang endgültig und schroff. Gryf erkannte, daß sein Versuch, mehr über Padrig Ye Cairn zu erfahren, vorerst gescheitert war. Er konnte den Mann, der wie der wandelnde Tod aussah, nicht zu einem Gespräch zwingen. Er mußte auf eine bessere Gelegenheit warten.
»Wo steckt Asmodis jetzt?« fragte er.
»Du wirst ihn finden, wenn du es willst«, sagte Ye Cairn trocken. »Und nun laß mich in Ruhe, ich habe auf der Welt deiner Ahnen noch einiges zu tun.«
Kopfschüttelnd verließ
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