0483 - Das Girl, das zuviel wußte
falls er sich im Lauf des Tages meldet!« bat ich noch. Dann hängte ich ein und wandte mich wieder den Leuten zu, die in dem Büro von Carson arbeiteten.
Carson selbst stand neben seinem Schreibtisch, das kräftige Gesicht zu einer undurchdringlichen Maske erstarrt. Neben ihm etwas hilflos und schutzsuchend sein Sohn.
Ray Sheridan kam auf mich zu.
»Das haben wir gefunden!« sagte er und zeigte mir einen länglichen Glassplitter. »Du kannst ihn anfassen, keine Prints!«
Ich nahm das spitze Dreieck in die Hand. Carson hatte mich beobachtet. Er kam langsam,zu uns herüber.
»Das alles ist so grausam, daß ich am liebsten nichts damit zu tun haben würde«, sagte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Aber ich sehe ein, es gibt nur einen Weg, das alles möglichst schnell hinter mich zu bringen, ich muß Sie nach besten Kräften unterstützen.«
»Es gibt nur einen Weg!« bestätigte ich. Carson atmete tief auf, dann wies er mit einer Hand auf den Glassplitter.
»Dieser Splitter könnte von einer unserer Stablampen kommen. Wir haben insgesamt vier Stück in den Gängen. Sie stehen in kleinen Nischen, damit sie bereit sind, falls die Notbeleuchtung einmal versagen sollte. Draußen, neben der Tür zu meinem Büro, ist ein solcher Nischenkasten. Ich habe bereits nachgesehen. Er ist leer.«
Ich sah mir den Splitter noch einmal an. Die Lampe müßte ungewöhnlich groß gewesen sein.
»Kann ich eine der etwa drei übrigen Lampen sehen?« fragte ich. Carson nickte und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Er telefonierte eine Sekunde und legte wieder auf. Kurz darauf kam Ruth Ripley herein. Sie hatte inzwischen ihr Make-up erneuert und wirkte ruhiger als am Morgen, obwohl das eigentlich unlogisch war. Ich musterte sie genauer, als sie mir eine Stablampe reichte.
Ihre Hand zitterte.
»Danke«, sagte ich. Ruth Ripley lächelte zurück. Es war ein Lächeln, das gleichzeitig Angst und Bitte um Hilfe ausdrückte. Ich beschloß, mich etwas näher mit dem Girl zu befassen.
Die Lampe, die sie mir gereicht hatte, war riesig. Eine schwere massive Metallröhre mit einem dicken achteckigen Ring aus blankem Messing mit fünf großen Batterien und einem extra starken Spezialschirm. Jetzt schien die Sonne durch das breite Fenster herein, und trotzdem konnte ich den hellen Kreis, den sie auf die Wand warf, gut erkennen.
Sie wog schwer in meiner Hand, und ich mußte unwillkürlich an die Wunde denken, die Richie Hecksher in der Stirn hatte.
Ich wollte eben eine Bemerkung zu Ray machen, als die Tür aufflog und Steward Martens, der Kameramann, hereinkam. Er trug ein paar tropfnasse Hochglanzabzüge, aber seine Hand blieb wie erstarrt in der Luft hängen.
»Oh«, war alles, was er hervorbrachte. Er blieb unbeholfen an der Tür stehen, und ich erkannte erst jetzt, daß er noch einen Damenschuh in der anderen Hand hielt.
»Nun?« bellte Carson.
Martens schreckte hoch, machte ein paar Schritte zwischen den Männern des Spurensicherungsdienstes hindurch, die am Teppich nach Staubpartikelchen und Abdrücken suchten, und reichte Carson die Fotos. Aber auch Carson hatte den Schuh entdeckt. Fragend starrte er auf Martens Hand.
Martens wurde rot, dann sah er zu Ruth Ripley und reichte ihr den Schuh.
»Es ist, glaube ich, Ihrer. Er lag im Atelier. Weiß der Teufel…« Martens brach verwirrt ab, sein Gesicht war jetzt dunkelrot. Aber Ruth blickte ihn kühl an.
»Ich habe wirklich keine Ahnung, was ich mit dem einzelnen Schuh soll. Ich habe meine Schuhe an!« Sie lachte spitz auf und warf einen Blick zu Clinton, der ihr zulächelte.
Martens hustete. Verwirrt hielt er den Schuh in die Luft, dann klemmte er ihn sich unter den Arm und wollte wieder hinausgehen.
Ich stellte mich ihm in den Weg.
»Bleiben Sie ruhig hier. Der Eigentümer des Schuhes läßt sich doch ohne weiteres feststellen.«
Plötzlich starrten alle wie gebannt auf den Schuh in Martens’ Hand. Es war ein schmaler Schuh, noch nicht alt, aus weichem dunkelgrünem Leder mit schmalem hohem Absatz. In jedem Fall kein alltägliches Modell.
»Ich hab mich geirrt!« stammelte Martens. »Sicher gehört er Peggy!«
»Peggy Fairman?« Clinton lachte leise auf. »Die hat doch mindestens zwei Größen mehr! Sie lebt doch auf großem Fuße!«
Martens warf Clinton einen Blick zu. Clints Lachen brach ab, und er sah zu Ruth hinüber. Ruth Ripley lächelte. Aber ihr Gesicht war blaß.
In dem Moment ging die Tür auf, und Berry Lennox, der Regisseur, kam mit einem Girl
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