0483 - Das Girl, das zuviel wußte
herein. Sie war schlank und groß, hatte langes blauschwarzes Haar und die wilde Schönheit einer Indianerin. Ihre dunklen Augen glitten gleichmütig über uns hinweg, blieben an Ruth haften und wanderten dann zu Martens und dem Schuh in seiner Hand.
»Was soll das bedeuten? Ein neues Gesellschaftsspiel? Wo ist der zweite, Ruth-Baby?«
Ruth wich etwas zurück. Dann streckte sie den Fuß vor, sie trug genau die gleichen Schuhe.
»Hier, ich habe meine Schuhe an. Irgend jemand hat sich die gleichen gekauft. Ich finde das ziemlich lustig!« Wieder lachte sie, es klang, als würde Glas bersten. Noch bevor die anderen antworten konnten, wurde kräftig an die Tür geklopft, und die Männer von der Mordkommission kamen herein. Hinter ihnen Laura Spelman, die Blondine von der Anmeldung, die vor lauter Neugierde kaum dazu kam, die neuen Besucher anzumelden.
Und damit war der Raum ziemlich voll.
Aber es schienen immer noch Leute hineinzupassen. Denn als die Tür aufging und Lewis, der Werbechef, sich hineindrängte, folgte ihm ein junger Mann, der so dünn war, daß er auch noch Platz gehabt hätte, wenn wir in einer Sardinenbüchse getagt hätten. Er hatte Haare von der Farbe gebleichten Flachses, und von derselben Farbe waren auch seine Haut, sein Hemd und seine Leinenhose.
Der Kapitän der Mordkommission trat neben mich und sagte leise:
»Für unsere Arbeit würde sich der Raum leer besser eignen. Aber ich vermute, Sie haben Gründe, die Leute alle hier hereinzulassen?«
Ich unterrichtete ihn ebenso leise von allem, was inzwischen vorgefallen war, ohne dabei die anderen Kollegen aus den Augen zu lassen, und sagte zum Schluß:
»Ich muß ihre Reaktion sehen. Irgend etwas scheint hier jeder zu wissen, aber alle waren bis zu einem gewissen Grad überrascht, als sie zum erstenmal hereinkamen. Ich glaube, die Leute, die jetzt hier sind, können vorläufig alle als verdächtig betrachtet werden, denn sie alle kamen an die Kombination des Wandsafes heran.«
»Sie meinen, einer von ihnen war der Mörder? Es sieht doch eher so aus, als wäre dieser ermordete Richard Hecksher der Mann gewesen, der die Kombination an einen außenstehenden Gangster verraten hat und der dann nach dem Einbruch getötet wurde.«
»So sieht es aus, aber ich glaube es nicht so recht. Die Leute hier benehmen sich zum Teil recht sonderbar.«
»Was hat die Sache mit den grünen Damenschuhen zu bedeuten?«
»Keine Ahnung, haben Sie schon ein Ergebnis vom Doc?«
»Noch nichts Genaues. Er sagte aber, als er den alten Mann sah, daß ein normaler kräftiger Mann nicht von einem Schlag getötet worden wäre. Die Waffe kann gut eine dieser großen Stablampen gewesen sein, aber nur die relativ dünne Schädeldecke Heckshers und sein Alter haben den Tod so schnell herbeigeführt, ein junger Mann hätte vermutlich nur eine schwere Gehirnerschütterung bekommen.«
»Das sieht nach der Reaktion eines Amateurs aus, hm? Ein Mann, der sich überrascht fühlt. Vielleicht hat Heck- J sher ein Geräusch gehört und kam hier herein, als der Einbrecher gerade dabei war, den Safe auszuleeren!« überlegte ich. Aber dann fiel mir noch etwas ein. Leise fuhr ich fort:
»Aber wer wußte, wo sich die Stablampen befanden? Doch nur Angestellte. Jedoch hat der Täter die Steine und den Schmuck gegen Imitationen ausgetauscht, die wieder auf Profiverbindungen hinweisen. Viel Arbeit für Sie, Captain!«
Er grinste mir zu und gab seinen Leuten Anweisungen.
Carson und seine Leute standen dicht gedrängt an der Wand und wurden von den Boys der Mordkommission immer weiter in die Ecke beim Fenster gedrängt.
Wir brachten die Leute in ein zweites Büro und verhörten sie, aber es kam nicht viel dabei heraus. In der Nacht hatten sie angeblich geschlafen oder hatten Alibis, die schwer zu überprüfen waren. Wenn meine Theorie stimmte, dann mußte einer von ihnen nicht unbedingt hier gewesen sein, um die Arbeit selbst zu erledigen, sondern es hätte ausgereicht, wenn er den Tip und damit den Auftrag weitergab.
Als es Abend wurde, hatten wir folgendes herausgefunden:
Richie Hecksher war im Büro Carsons erschlagen worden.
Erst nach seinem Tod hatte man ihn mit dem Lift in den Garagenkeller gefahren und ihn dort in den leerstehenden Firmenwagen gelegt.
Jemand, der die Kombination des Safes kannte, hatte ihn geöffnet und die Kassette mit dem Schmuck herausgeholt. Das war entweder ein Angehöriger der Firma oder einer, der den Tip von einem Mitglied der Firma bekommen hatte.
Aber
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