0484 - Das Ende der ODIKON
Feuersalve war die Antwort. Rhodan hörte das bösartige Zischen der Kugeln.
Dann ertönte ein dumpfes Klatschen. Rhodan sprang auf und stürmte vorwärts, denn er wußte, daß Atlan angegriffen hatte.
Vor ihm im Nebel tauchten zwei Gestalten auf, die heftig um den Besitz des Gewehres rangen.
„Ein Mädchen!" schrie Atlan. In seiner Stimme mischte sich Ärger und widerwillige Bewunderung. „Das dumme Ding hätte mich fast erschossen."
Rhodan lächelte und blieb stehen. Es gelang dem Arkoniden, das Mädchen zu entwaffnen. Viel war von der Fremden nicht zu sehen, denn sie trug einen weiten Umhang und einen Schlapphut.
„Das werden Sie noch bereuen!" schrie sie. „Eines Tages wird mein Vater wieder Ganjator sein, dann wird man Sie bestrafen."
„Immer mit der Ruhe!" sagte Rhodan sanft. „Sie vergessen, daß Sie es waren, die angegriffen hat."
„Fragen Sie, was sie hier will!" drängten Ovarons Gedanken.
„Wer sind Sie?" erkundigte sich Rhodan.’ „Was haben Sie in dieser einsamen Bergwelt verloren?"
Sie warf den Kopf in den Nacken.
„Das könnte ich Sie auch fragen."
„Sie sind unverschämt", erklärte Atlan und bog ihr mit einer raschen Bewegung den Arm auf den Rücken. „Wenn Sie nicht sprechen, werden Sie schon zu dieser frühen Morgenstunde ein kühles Bad nehmen." Um seine Worte zu unterstreichen, schob er sie gewaltsam auf den Bach zu.
„Lassen Sie das!" Sie wand sich in Atlans Griffen. Dann trat sie dem Arkoniden gegen das Bein.
Atlan zog sie zu sich heran.
„Das reicht!" meinte er und hielt sie entschlossen fest.
„Sprechen Sie endlich. Wir sind Fremde, denen die Verhältnisse auf dieser Welt mehr oder weniger gleichgültig sind. Allerdings werden wir nervös, wenn man auf uns schießt."
„Mein Vater ist Ganjator", erklärte sie widerwillig. „Er wurde zusammen mit der Regierung abgelöst. Angeblich hat das der Ganjo veranlaßt."
„Deshalb sind Sie geflohen", kombinierte Rhodan. ‘Sie befürchten, daß Familien und Bekannte der Regierungsmitglieder nicht sicher sind."
„Ja!" antwortete sie trotzig.
Rhodan gab Atlan einen Wink.
„Laß sie los!"
„Und wer sind Sie?" fragte das Mädchen, nachdem es aus Atlans Griff freigekommen war. „Gehören Sie etwa zu den Perdaschisten?"
Rhodan war schon halb entschlossen, ihr die Wahrheit zu sagen, doch Ovaron warnte ihn.
„Wir sind Händler", sagte Rhodan ausweichend. „Der Umsturz hat uns bewogen, in die Berge zu fliehen. Aber jetzt kehren wir nach Cappinoscha zurück."
Trotz des Nebels war zu sehen, daß das Mädchen verächtlich lachte. Sie glaubte kein Wort.
„Wollen Sie uns begleiten?" fragte Rhodan. „Vielleicht könnten wir uns gegenseitig helfen."
Sie streckte einen Arm aus.
„Kann ich meine Waffe haben?"
Atlan zögerte; gab dann aber das Gewehr zurück. Das Mädchen zog es über die Schulter. Ihr sicheres Auftreten ließ Rhodan vermuten, daß sie nicht zum erstenmal mit einer Waffe umging.
„Also, was ist?" fragte Atlan ungeduldig. „Kommen Sie mit?"
Sie nahm ihren Schlapphut ab und warf die Haare zurück. Ihr Gesicht war sehr schmal, so daß die Augen unnatürlich groß wirkten.
„Meine Familie hat hier oben in den Bergen eine Jagdhütte", erklärte sie. „Dorthin werde ich mich zurückziehen und warten, bis sich die Verhältnisse in der Stadt normalisiert haben. Die verrückten Ganjopriester werden sich nicht lange halten.
Außerdem glaube ich, daß der Ganjo auf solche Helfer keinen Wert legt."
Sie zog sich langsam zurück. Dabei brachte sie das Gewehr in Anschlag.
„Es ist besser, wenn Sie mir nicht folgen!" sagte sie mit Nachdruck. „Wenn Sie in der Nähe unserer Hütte auftauchen, werde ich das Feuer auf Sie eröffnen."
„Warten Sie!" rief Rhodan. „Können Sie uns einen Hinweis geben, an wen wir uns wenden müssen, wenn wir mit den Perdaschisten Kontakt aufnehmen wollen?"
Sie lachte rauh.
„Also doch Perdaschisten, was? Eurer Organisation wird man jetzt mehr Schwierigkeiten machen als allen anderen. Ich habe einmal gehört, daß die Perdaschistenanhänger sich im Kalumbin treffen. Natürlich weiß ich nicht, ob das noch immer so ist."
Rhodan bedankte sich, doch das Mädchen war schon im Nebel verschwunden.
„Schade", bedauerte Ovaron. „Wir hätten sicher noch viel von ihr erfahren können."
Sie gingen weiter am Bach entlang. Inzwischen war es heller geworden. Der Nebel begann sich aufzulösen. Das zwang die beiden Freunde, den Bach zu verlassen und weiter oben am Hang
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