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0484 - Die Rächerin aus Aibon

0484 - Die Rächerin aus Aibon

Titel: 0484 - Die Rächerin aus Aibon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Innern tobte ein Orkan an Gefühlen. Er konnte sie nicht mehr unter Kontrolle bekommen, und plötzlich sahen wir Tränen an seinen Wangen herabrinnen.
    Vielleicht hatte er sich zu lange beherrschen müssen. Und dieses Unterdrücken klappte nicht immer.
    Er mußte sich einfach Luft verschaffen und den Tränen freien Lauf lassen.
    Bei ihm kam vieles zusammen. Den Ausschlag schließlich haben wir gegeben.
    Wir ließen ihn in Ruhe. Suko nickte mir zu und deutete auf die Tür. Vielleicht war es besser, wenn wir ihn allein ließen. »Wir kommen gleich wieder«, sagte der Inspektor, als er sich von der Bettkante in die Höhe drückte.
    Der Abbé nahm dies kaum zur Kenntnis. Er schien in anderen Welten zu schweben, bewegte seine Lippen, doch ein Wort drang nicht mehr hervor. Wir verließen auf leisen Sohlen den Raum.
    Auf dem Gang blieben wir stehen, Suko sagte: »Meine Güte, er war überwältigt.«
    »Das stimmt.«
    »Haben wir alles richtig gemacht?« fragte Suko.
    »Ich glaube schon. Er wird mit dem Würfel möglicherweise mehr anfangen können als wir.«
    »Mittlerweile bin ich auch davon überzeugt.«
    Ich schaute zu Boden und schüttelte dabei den Kopf. »Wie er es aufgenommen hat, das ist mir jetzt noch unverständlich. Er muß etwas gespürt oder geahnt haben, verstehst du? Diese Aufwallung von Gefühlen hätte ich ihm kaum zugetraut.«
    »Du warst einige Male weg, John, aber der Mann hat schrecklich gelitten in dieser Zeit.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    Suko lächelte schmerzlich. »Der Würfel«, sagte er und räusperte sich, »ich habe mal gedacht, daß er mir Shao zurückbringt, aber…« Er sprach nicht mehr weiter und starrte die Wand an. »Es hat nicht geklappt, das weißt du selbst.«
    »Ja.«
    »Aber sie wird kommen«, flüsterte mein Freund. »Ich spüre einfach, daß sie kommen muß. Und dieses Gefühl verstärkt sich von Tag zu Tag. Ich kann nichts dagegen machen.«
    »Hoffentlich hast du recht.«
    »Das wünsche ich mir.«
    Ich deutete auf die Tür. »Sollen wir wieder hineingehen?«
    »Meinetwegen.«
    Suko betrat den Raum vor mir. Der Abbé saß noch immer. Den Würfel hielt er fest.
    Mit spröde klingender Stimme flüsterte er: »Kommt ruhig näher, ich… ich bitte euch.«
    Wir nahmen wieder unsere alten Plätze ein. Mir lagen Fragen auf der Zunge, aber der Abbé wollte wohl keine Antworten geben, denn er wehrte schon im voraus ab.
    »Sagt jetzt bitte nichts. Ich muß erst nachdenken und will euch auch etwas zeigen.«
    Wir dachten, daß es etwas mit dem Würfel zu tun haben könnte, aber wir irrten uns. Der Abbé hob seine rechte Hand und griff zum Bügel der Brille.
    Sehr langsam nahm er sie ab. Zum erstenmal würden wir sein gesamtes Gesicht nach der Operation sehen - und erschraken.
    Abbé Bloch hatte sich verändert. Die Operation war nicht spurlos an ihm vorübergegangen.
    Seine Haut wirkte bis direkt unter die Augen sehr straff. Dann begann ein Kranz von Narben, die rötlich schimmerten. Die Haut sah noch ein wenig blutig aus, als wäre sie nicht richtig verheilt.
    Außerdem hatte sie sich zusammengezogen, als wollte sie die beiden Augen des Blinden einengen.
    Wir ließen uns die Überraschungen nicht anmerken, aber der Abbé lachte leise auf. »Weshalb sagt ihr nichts?« fragte er flüsternd. »Hat euch mein Anblick zu sehr erschreckt?«
    Ich wußte, daß er eine Antwort wollte und gab sie ihm auch. »Nicht direkt erschreckt, wir waren einfach überrascht. Außerdem konnten wir uns denken, was uns erwartet.«
    Da hatte ich nicht einmal gelogen. Es waren seine Augen, die besonders auffielen. Die Pupillen erschreckten mich. Es war ihre unnatürliche Weiße, zudem schienen sie verdreht in den Augenhöhlen zu liegen, so daß es aussah, als würde der Abbé schielen.
    Er atmete jetzt schwerer. »Ja«, flüsterte er. »Ja, schaut mich nur richtig an. Vor euch liegt ein halber Mensch. Die andere Seite hat es geschafft, ihn kaputtzumachen.« Er hob den linken Arm, um ihn wieder fallen zu lassen. »Habe ich dieses Geschenk verdient? Ich, ein Krüppel?«
    »Das bist du nicht.«
    »Doch, Suko, ich sehe mich so.«
    Ich mußte meinen Freund unterstützen. »Haben nicht auch sogenannte Krüppel es immer wieder geschafft, Zeichen zu setzen? Gibt es nicht Menschen, die trotz oder gerade wegen ihrer körperlichen Gebrechen Berge versetzt haben?«
    »John, du hast gut reden. Du bist gesund, du besitzt deine Sinne. Im Gegensatz zu mir.«
    »Könnte dir der Würfel nicht helfen?«
    Ich hatte die Sprache

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