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0485 - Die Furie

0485 - Die Furie

Titel: 0485 - Die Furie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hatte. Doch als sie jetzt ganz dicht neben ihm stand, flüsterte sie ihm zu: »Du kannst das Programm diesmal nicht zu aufwendig gestalten und solltest es vielleicht kürzen. Ich… ich schaffe es diesmal nicht.«
    Fast hätte er es nicht geschafft, sich zu beherrschen. »Was soll das heißen?« stieß er leise hervor, fast ohne die Lippen zu bewegen.
    »Das Opfer reichte nicht«, gab sie zurück. »Du solltest einen Zusammenbruch auf der Bühne markieren. Einen Schwächeanfall. Und das schon bald. Ich kann dich nicht mehr lange stabilisieren.«
    Er schluckte.
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Sie, die in der letzten Zeit immer stärker an ihm herummäkelte und ihn unbegründet einen Säufer nannte, vielleicht nur, um ihn aus einem unbekannten Grund zu verunsichern - ausgerechnet sie schmiß die Vorstellung. Er konnte es nur schwer glauben.
    Aber er wußte, daß er ohne sie nichts machen konnte.
    »Du hättet mich vorwarnen können«, zischte er kaum hörbar, während er die nächste Aktion vorbereitete und froh darüber war, zweigleisig denken und handeln zu können. Wortgewaltig kündigte er die bevorstehende Attraktion an. Schwächeanfall! Ich! Ausgerechnet! Da sie ihn dermaßen hängenließ, war einmalig. »Denke an den Pakt«, zischte er ihr zu. »Du mußt mir helfen.«
    »Aber ich verfüge diesmal nicht über die nötige Kraft!«
    »Dann zehre von deiner Substanz!« verlangte er beißend.
    Fast wäre sie ihm dafür auf offener Bühne an die Gurgel gegangen. Aber sie beherrschte sich. Das Publikum durfte nichts merken. Jetzt aber wußte Textor, wie er Lucy packen konnte.
    »Du wirst es tun müssen«, flüsterte er. »Der Pakt zwingt dich dazu, mir zu helfen. Ich brauche deine Kraft. Du mußt sie mir geben, egal, woher sie kommt. Wenn es einen Schwächeanfall gibt, wirst höchstens du ihn erleiden - nach der Vorstellung. Gehorche!«
    Er hatte sie in die Enge getrieben. In ihren Augen sah er den flackernden, dämonischen Haß der Hölle. War sie bisher seine Dienerin gewesen, so hatte er sie sich jetzt zur Todfeindin gemacht. Nur der Pakt schützte ihn davor, daß sie ihn tötete.
    Und die Vorstellung ging weiter. Das Publikum fieberte nach den nächsten haarsträubenden Sensationen.
    ***
    Zamorra beobachtete ›Mister Merlin‹ und seine Assistentin. Er versuchte, sich nicht von der fantastischen Bühnenshow ablenken zu lassen. Dabei hätte er sich gern einfach ›fallengelassen‹ und die Bilder traumhafter Illusionen einfach nur genossen. Es war schon herausragend, was dort allein durch die Kraft des Geistes geschaffen wurde - und es wäre Zamorra noch herausragender erschienen, wenn ›Mister Merlin‹ sich nicht ausgerechnet der Schwarzen Magie bedient hätte!
    Hin und wieder erlaubte Zamorra sich einen Rundblick durch den Zuschauersaal. Er befürchtete, daß das schwarzmagische Bühnenpärchen etwas vorhatte. Es konnte einfach nicht sein, daß all diese furiose Kraftentfaltung auf der Bühne lediglich dem Zweck diente, die Zuschauer zu unterhalten! Deshalb forschte er nach Veränderungen. Dabei konnte er nicht einmal sagen, wonach er zu suchen hatte. Alles war möglich, von der gezielten Auswahl eines Opfers bis zu einer schleichenden Bewußtseinskontrolle. Im ersten Fall allerdings würde es bedeuten, daß ›Mister Merlin‹ und die Assistentin für den Mord an Merchant nicht verantwortlich waren - es sei denn, Merchant hatte die Show an einem anderen Tournee-Ort schon einmal gesehen und war dort ausgewählt worden.
    Bis zur Pause geschah nichts. Für die nächsten zwanzig Minuten konnten die Zuschauer aufatmen, sich von ihren Eindrücken erholen und sich mit Getränken und Knabbereien versorgen. »Himmel, ist das gewaltig«, strahlte Nadine Lafitte. »Ich hätte nie gedacht, daß mich nach dem Ende meiner Kindheit eine Zaubervorstellung noch so sehr in ihren Bann schlagen könnte. Aber das ist wirklich echte Magie, wie dieser ›Mister Merlin‹ sagte, nicht wahr? Mit reinen Taschenspielertricks kann man so etwas überhaupt nicht mehr realisieren.«
    Zamorra nickte. »Es gäbe noch die Möglichkeit, daß er Hypnose anwendet - immerhin gibt es so begnadete Künstler, die einen ganzen Saal relativ mühelos unter ihre Kontrolle bringen können. Sogar über TV hat das funktioniert, Fernsehzuschauer gerieten ebenfalls unter den hypnotischen Einfluß. In den 70 er Jahren hat es entsprechende Versuche gegeben, und vermutlich könnte euch unser russischer Kollege Saranow auch eine Menge zu ähnlichen

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