0485 - Die Furie
PSI-Experimenten in sowjetischen Labors berichten. Aber es gibt auch Menschen, die von Natur aus überhaupt nicht auf Hypnose ansprechen, und zumindest von denen wäre dann zwischendurch Protest in der Form gekommen, daß sie den Saal verlassen hätten. Ein Illusionist kann es sich nicht erlauben, seine Zuschauer in dieser Form auszutricksen, ohne sie vorher darüber zu informieren.«
Er lächelte. »Außerdem war keine Hypnose im Spiel. Ich hätte es bemerkt.«
»Vorhin hast du etwas von einem Dämon gemurmelt, der hier auf seine Chance lauert. Wie ernst hast du das gemeint?« hakte Nadine jetzt nach.
»Ziemlich ernst«, sagte Zamorra. »Ich weiß nicht, wieviel ihr beide vorhin von meinem Geflüster mit Nicole mitbekommen habt. Aber ›Mister Merlin‹ und seine Assistentin verwenden Schwarze Magie. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um Dämonen oder nur um Zauberer handelt, aber zumindest sie ist eine starke Kraftquelle, und zwischen den beiden besteht eine Verbindung. Möglicherweise tauschen sie Energien aus, oder er ist von ihr abhängig. Das muß ich noch herausfinden.«
»Schwarzmagier«, brummte Pascal. »Das klingt gar nicht gut.«
»Deshalb solltet ihr zwei - pardon, ihr drei«, fügte er lächelnd hinzu und deutete auf Nadines Bauch, »vielleicht nachher auch nicht mehr bei der von Nicole arrangierten Besprechung dabei sein. Ich möchte nicht, daß ihr in Gefahr geratet. Und ich bin sicher, daß es zu einer Auseinandersetzung kommt, wenn wir aufeinandertreffen. Dafür wird allein schon Merlins Stern sorgen.« Er deutete auf das Amulett, das er unter dem Hemd vor der Brust trug und das immer noch Wärme abstrahlte, um dadurch auf die dämonischen Kräfte hinzuweisen.
»Und wenn ihr Hilfe braucht?« wandte Pascal ein.
Zamorra schüttelte den Kopf. »Wir sind schon mit Schlimmerem fertiggeworden.«
»Er hat recht«, sagte Nicole. »Spiel nicht den Helden, Pascal. Zieht euch nach der Vorstellung zurück. Wir werden uns mit diesen Wesen unterhalten und sehen, was dabei herauskommt. Außerdem - wenn ihr zu Schaden kommt, wer archiviert hinterher für uns die entsprechenden Zeitungsartikel mit Schlagzeilen wie ›Dämonenjagd im Theater - Parapsychologe sprengt Vorstellung und verwandelt weltberühmten Zauberer in eklig-grünen Schleimhaufen!‹?« Damit spielte sie auf Pascal Lafittes Nebentätigkeit an, die von Zamorra abonnierten Tageszeitungen und Illustrierten aus aller Welt auf Artikel über okkulte und ungewöhnliche Erscheinungen hin zu durchforsten. Schon oft waren sie allein durch solche Zeitungsberichte auf Vorfälle aufmerksam geworden, die ihr sofortiges Eingreifen erforderten.
Ein sanfter Gongton erklang und rief die Zuschauer wieder zu ihren Plätzen; die Erholunspause war vorbei, und die nächsten 45 Minuten der atemberaubenden Vorstellung standen bevor.
Nicole lehnte sich an Zamorra. »Du sagtest vorhin, es sei keine Hypnose im Spiel«, raunte sie ihm leise zu. »Aber es gibt irgend etwas, das ich auf telepathischer Basis wahrnehmen kann. Seltsame Schwingungen, die durch den Saal gehen und ihren Ausgangspunkt bei der Assistentin haben. Ich kann sie allerdings nicht richtig deuten. Sie sind zu schwer zu fassen. Fenrir oder die Peters-Zwillinge könnten es vielleicht, weil ihre telepathischen. Fähigkeiten ja wesentlich stärker ausgeprägt sind als meine.«
»Dann bleib mal am Ball«, bat Zamorra. »Ich habe das dumpfe Gefühl, daß wir noch mit einer üblen Überraschung rechnen müssen: ›Mister Merlin‹ schien kurz vor der Pause allmählich nervös zu werden, und ich hätte gern gewußt, aus welchem Grund.«
»Wir hätten die Pause ja nutzen und uns in den Personalbereich schleichen können«, sagte Nicole.
Zamorra schüttelte den Kopf. So etwas führte nur in Filmen zum Erfolg. In der Praxis reichten erstens Zeit und zweitens Ortskenntnis nicht aus, drittens gab es überall Aufpasser, die Unbefugte ganz schnell wieder in den Zuschauerbereich zurück brachten.
Abermals ertönte der Gong. Wenig später wurde die Beleuchtung wieder heruntergefahren; das Hintergrundmurmeln im Zuschauerraum verstummte.
Die Vorstellung ging weiter
***
»Du mußt unterbrechen«, beschwor Lucy den Zauberer, als die Pause ihnen Zeit zum Luftholen gab. Phil Textor gurgelte mit Mineralwasser und trank fast eine halbe Flasche in einem Zug leer, um seine eingetrocknete Stimme wieder zu ölen und seinen Wasserverlust einigermaßen auszugleichen. Unter dem grellen, heißen Scheinwerferlicht der Bühne
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