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0485 - Die Furie

0485 - Die Furie

Titel: 0485 - Die Furie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Ameisenhaufen. Zamorra war sicher, daß jede dieser Kleinigkeiten auf der Bühne im Laufe der Vorstellung noch eine bestimmte Rolle spielen würde, und ihm wurde auch klar, daß dies niemals eine Zaubervorstellung für Kinder und kindliche Gemüter sein konnte. Allein der Drache war schon mehr Horror als Märchen. Die hohen Eintrittspreise mochten also Familien mit Kindern abschrecken, was nur gut sein konnte - aber was hier geboten wurde, schien andererseits auch sein Geld wert zu sein. Zumindest deutete die Anfangsphase darauf hin. Zamorra warf einen Blick zu den Lafittes. Aber Nadine schien hart im Nehmen zu sein; sie hatte nur einmal kurz aufgestöhnt, als der Drache herabstieß und nur ein paar Meter von ihnen entfernt eine junge Frau aus der ersten Reihe fischte.
    Zamorra hatte sich nicht gerührt.
    Sein Verstand hatte ihm gesagt, daß keine Gefahr drohte und die Frau unbeschadet bleiben würde. Immerhin war der Drache nur ein Trugbild, wenngleich auch ein außerordentlich reales.
    Und das Amulett verriet ihm, daß von dieser Frau die Schwarze Magie ausging.
    Zamorra wußte es seit dem Augenblick, in dem der Vorhang sich geöffnet und die Frau ihre Tarnung aufgegeben hatte. Sie versorgte den Zauberer auf der Bühne, mit Energie. Sie sorgte dafür, daß er diese Illusionen schaffen konnte.
    Ein Blick in die Runde verriet Zamorra, daß alle anderen gebannt waren. Sie fielen auf die Magie herein. Alles wirkte so unglaublich echt, daß ihr Verstand sich nicht mehr dagegen zu wehren vermochte.
    Zamorra beugte sich zu Nicole hinüber. »Die Frau ist die Quelle. Sie gehören zusammen«, murmelte er. »Der Zauberer entpuppt sich damit als Schwarzmagier.«
    »Mich wundert es nicht«, wisperte Nicole zurück. »Schließlich ist ›Mister Merlin‹ nur ein Künstlername; ein Vergleich mit ›unserem‹ Merlin dürfte recht unangebracht sein. Was meinst du, was wir tun sollten?«
    Zamorra zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Abwarten«, schlug er vor. »Solange die Schwarze Magie nicht benutzt wird, um den Zuschauern zu schaden, sollten wir kein unnötiges Aufsehen erregen. Nur dann, wenn diese beiden Gestalten auf der Bühne kriminell werden, schlagen wir zurück. Ansonsten sollten wir bis zum Ende der Vorstellung warten. Da haben wir doch ohnehin dank deines Verhandlungsgeschicks einen Gesprächstermin mit ›Mister Merlin‹. Hoffentlich hängt er nicht tatsächlich im Mordfall Merchant drin.«
    »Zwei unabhängig voneinander operierende Ungeheuer an einem Ort sind bekanntlich fast so unwahrscheinlich wie eine Einkommensteuer-Rückzahlung. Wir sollten davon ausgehen, daß wir uns direkt vor dem Ziel befinden.«
    »Was bedeutet, daß wir ab jetzt so vorsichtig sein müssen wie nie zuvor«, murmelte Zamorra. »Nur habe ich das Gefühl, daß es so viel zu einfach ist.«
    Nicole berührte seine Hand mit ihrer. »Still«, raunte sie. »Wir stören die anderen, und es geht doch schon längst weiter!«
    ***
    ›Mister Merlin‹ deutete auf Lucy, die der Drache auf die Bühne entführt hatte. »Sicher wundern Sie sich darüber, daß ich allein zu Ihnen gekommen bin. Aber dem ist nicht so. Hier ist meine bezaubernde Assistentin Lucy, die sich todesmutig bereit erklärt hat, sich von dem Drachen herbeitragen zu lassen. Bitte sehr!«
    Abermals verneigte er sich. Bezaubernd? dachte er bitter, während er nach außen sein Sonnyboy-Lächeln zeigte. Du verdammte Larve, du Bestie in Menschengestalt! Wenn sie wüßten, wer du wirklich bist, wären sie froh, wenn der Drache dich mit Haut und Haar verschlungen hätte!
    Er richtete sich wieder auf und schnipste mit den Fingern. Lucy änderte ihr Aussehen. Ihr eben noch kurzes dunkles Haar wurde weiß und lang wallend - wie es von Natur aus war, sofern man bei ihr überhaupt von Natur sprechen konnte. Ihre Kleidung veränderte sich ebenfalls; statt eines Kostüms trug sie plötzlich einen roten Schulterumhang mit weißem Flammenbesatz, der zu ihrem Haar paßte, einen giftgrünen Tanga, und zwischen den Brüsten, die nur von ihrem Haar bedeckt wurden, an einer Kette eine rote Scheibe mit eigentümlichen Gravuren und gezacktem Rand.
    Zögernder, dann stärkerer Applaus für diese Verwandlung brandete auf.
    »Meine Assistentin, Miß Lucy, wird mir bei den folgenden Zauberkunststücken hilfreich zur Hand gehen«, sagte ›Mister Merlin‹. Er wechselte einen schnellen Blick mit Lucy. Aber sie gab ihm keinen Hinweis, wo der Feind sich befand, von dem sie vorhin noch so warnend gesprochen

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