0485 - Mein Killer war ein Gentleman
ein Bandenverbrechen. Er bittet um unsere Mitwirkung. Der unbekannte Tote soll gleich herausgeholt werden. Hafenpolizei ist am Fundort.«
»Das heißt«, fragte ich, »wir sollen dienstlich baden gehen?«
Phil fuhr herum. »Den Job nehmen wir, ganz gleich, was es ist!«
»Könnt ihr euch gleich auf den Weg machen?« fragte unser Einsatzuleiter.
»Wir sind schon fort!« sagte ich ihm.
»Wohin?« fragte Phil, als wir zum Lift gingen. Ich teilte ihm kurz den Inhalt des Auftrags mit.
»So was habe ich mir bei diesem Wetter direkt gewünscht!« gab er seinen Kommentar.
Die Straßen waren für New Yorker Verhältnisse und für diese Tageszeit — es war immerhin ganz früher Nachmittag — geradezu ausgestorben. Wir konnten ohne jeden Aufenthalt durchfahren und erreichten in wenigen Minuten die Wasserfront auf der. West Side. Wir kamen von Norden her auf dem West Side Express Highway. An der Ausfahrt zur 23rd Street bogen wir ab, um die Uferstraße zu erreichen.
»Wohin?« fragte uns ein Cop. Ich zeigte ihm meine Marke, und er gab uns den Weg frei.
Am Pier 50 war die nächste Absperrung. Vor uns stand ein Ford, dessen Fahrer offenbar etwas schwer von Begriff war. Er diskutierte wild mit dem Cop, der hier die Fahrzeuge umzuleiten hatte, und wollte unbedingt auf das gesperrte Straßenstück fahren.
Kurz entschlossen fuhr ich links an ihm vorbei und zeigte auch diesem Cop meinen Ausweis. Er salutierte stramm und winkte mich an dem Ford mit dem begriffsstutzigen Fahrer vorbei. Im gleichen Moment wurde der Ford-Fahrer vernünftig. Er hatte keine Lust mehr, sich mit dem Policeman zu streiten, sondern fuhr rückwärts von der Sperre weg.
Im Rückspiegel beobachtete ich, wie er wendete und mit Vollgas abbrauste.
Wir hatten noch eine Absperrung zu passieren, dann standen wir auf dem Pier 48. Lieutenant McPhearson eilte uns entgegen und begrüßte uns durch Hochheben seiner riesigen Zigarre.
Er hielt mir ein Foto entgegen. »Polaroid, Unterwasseraufnahme, geblitzt — vor einer knappen halben Stunde gemacht.«
Gedankenvoll betrachtete ich das Foto. McPhearson hatte wohl richtig getippt, als er uns verständigen ließ. Es war zweifellos fachmännische Gangsterarbeit, was man mit dem uns unbekannten Mann gemacht hatte.
Von den Füßen bis zu den halben Oberschenkeln steckte der Tote in einem zylindrischen Betonklotz. Offenbar hatten die Mörder — es mußten mehrere sein, denn einer allein hatte die so beschwerte Leiche keinesfalls transportieren können — den Mann in ein Faß mit noch nicht erstarrtem Zement gestellt und das Zeug hart werden lassen.
Der ganze Körper des Mannes hing fast senkrecht an der Ufermauer, und der Kopf war gerade aufgerichtet. Daß der Mann dort hing, war erstaunlich. Der Körper mit dem Betonklotz war offensichtlich zwischen zwei eisernen Gitterstäben hindurchgerutscht. Beide Arme aber hatten sich mit den Achseln in den Gitterstäben eingehakt.
»Hmmm«, knurrte Phil. »Was ist deine Theorie?«
Ich warf noch einen Blick auf das Foto. »Der Mann wurde zweifellos stehend einbetoniert. Angenommen, er war dabei schon tot. Dann hingen doch seine Arme ziemlich senkrecht am Körper herab.«
»Ohne Zweifel«, bestätigte Phil. Auch Lieutenant McPhearson nickte. Dann hob er seine Zigarre wie einen Signalstab. »Ich neige auch zu dieser Ansicht«, sagte McPhearson. »Der Mann war bereits tot, die Leichenstarre war schon eingetreten, als er durch den Kanal auf das Gitter rutschte. Deshalb verhakten sich seine steifen Arme im Gitter, und selbst das schwere Gewicht des Betonbrockens war nicht mehr in der Lage, den Mann in den Hudson zu reißen. Hätte er noch gelebt, so wäre es ihm bei diesem Gewicht an den Beinen und dem sicherlich nicht unbeträchtlichen Wasserdruck niemals möglich gewesen, sich zu halten!«
McPhearson hatte bereits sein Sprechfunkgerät eingeschaltet. »Hallo, James?«
»Neal?«
»Cotton und Decker vom FBI machen von deinem Angebot Gebrauch!«
»Herzlichst eingeladen!« klang es zurück.
Ein Beiboot brachte uns auf das Kommandoboot der Hafenpolizei, und der Captain half uns an Bord. Dann aber stellte es sich heraus, daß McPhearson seinen Freund Bleachout in einem Punkt mißverstanden hatte. Es war nur eine Taucherausrüstung an Bord, die der Captain uns zur Verfügung stellen konnte. »Wer von Ihnen hat mehr Erfahrung auf diesem Gebiet? Es ist nicht ganz ungefährlich, wegen der Querströmung aus dem Kanal!«
Ich ließ es gar nicht auf eine Diskussion ankommen.
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