0486 - Die Voodoo-Hexe
Leuchten des Amuletts erlosch.
Der Dämon war fort.
»Verflixt«, murmelte Nicole. »Warum, beim Grollschweif der Panzerhornschrexe, hast du verflixtes Blechding nicht zurückgeschlagen? Erst warst du kaum zu bändigen, und jetzt muß ich alles selber machen!«
Merlins Stern antwortete nicht. Dabei hatte sie fast mit einer Erwiderung auf telepathischer Basis gerechnet; das Amulett gab hin und wieder Kommentare von sich. Das künstliche Bewußtsein, das in ihm entstand und zwischenzeitlich einmal fast erloschen gewesen zu sein schien, erstarkte allmählich wieder. Warum sagte es jetzt nichts?
Du wirst dir eine glaubhafte Geschichte ausdenken müssen! teilte es ihr im gleichen Moment telepathisch mit. Nicole hörte das häßliche, metallische Geräusch von Pistolenschlitten, die zurückgezogen und wieder vorgeschnellt wurden, um Patronen in den Lauf zu hebeln. Sie hob den Kopf.
Ein halbes Dutzend uniformierter Polizisten stand vor ihr in Eingang und Korridor und zielte mit entsicherten Dienstwaffen auf sie.
Da wurde ihr bewußt, daß sie immer noch die schußbereite Strahlwaffe in der Hand hielt.
***
Thoronar kreischte auf. Verwirrt fuhr Stygia hemm. Abermals konnte sie nicht herausfinden, von wo der Angriff geführt wurde. Aber diesmal war ihr auch sofort klar, daß sie ihren Vasallen beim besten Willen nicht mehr retten konnte.
Schreiend wand sich Thoronar am Boden. Flammen schossen aus seinem vierarmigen Körper hervor, und er begann zu schmelzen . Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann lag eine heiße, dampfende Masse vor der Fürstin der Finsternis auf dem Boden, die sich, je mehr sie erkaltete, zu einem unbeschreiblichen Etwas verhärtete.
Sie tastete nach seiner Aura. Sie war erloschen. Den Dämon Thoronar gab es nicht mehr. Das, was man bei den Menschen »Seele« nennt, war in die Tiefen des Oronthos geschleudert worden.
Stygia rief einige Hilfsgeister herbei. Sie deutete auf die stinkenden und dampfenden Reste.
»Schafft das da aus meinen Augen«, befahl sie. »Und dann will ich mit Astaroth reden.«
***
Der Erzdämon war geflohen. Er bedauerte, daß er Nicole Duval nicht hatte töten können. Der grüne Energieschirm hatte sie gut geschützt. Statt dessen hätte sie es fast geschafft, ihn umzubringen. Nur dadurch, daß er seine Substanz ausgedehnt hatte und durch die feste Materie diffundierte, hatte der Laserstrahl ihn nicht ernsthaft verletzt, sondern war gewissermaßen zwischen den ausgedehnten Molekülen seines Dämonenkörpers hindurchgerutscht.
Er ärgerte sich, daß er ihre Annäherung nicht früher bemerkt hatte. Aber er hatte einfach nicht damit gerechnet, daß sie von ihrer Verfolgung abließ und ins Haus zurückkehrte. Entsprechend nachlässig war er gewesen. Im nachhinein war ihm klar, daß sie über das Amulett schon festgestellt haben mußte, wie er mit seiner Magie das Schloß der Haustür aufbrach.
Nun, Astaroth war alt genug, um sich derlei kleine Fehler erlauben zu dürfen. Und er hatte es ja auch geschafft, die Begegnung zu überleben, wenngleich er sich ärgerte, Nicole dann auch später nicht registriert zu haben, als sie die Treppe heraufgekommen war. Und das, obgleich das Amulett mit dem aktivierten Schutzfeld ein wahres Leuchtfeuer gewesen sein mußte! So etwas ließ sich einfach nicht abschirmen!
Aber jetzt war das Schnee von gestern. Er war rechtzeitig entkommen, und er hatte den Beweis für die Übeltäterschaft dieser Frau bei sich, die Voodoo-Puppe.
Die Voodoo-Puppe!
Vergeblich griff er danach. Der Laserstrahl hatte seine Tarnkleidung verbrannt, und dabei auch die Wachspuppe glatt durchschlagen und verdampft!
Astaroth schüttelte den Kopf. Er war gespannt darauf, was Stygia dazu sagen würde. Was der legendäre Asmodis gesagt hätte, war seinerzeit in der Hölle fast zur stehenden Redensart geworden: »Mit etwas Schwund muß man immer rechnen.«
Aber Stygia war nicht Asmodis.
Wie auch immer - Astaroth war trotzdem überzeugt, seinen Auftrag bestens erfüllt zu haben. Was interessierte ihn dieser lächerliche Thoronar?
***
Nicole Duval ließ den Blaster los und versuchte das Amulett, das sie immer noch in der linken Hand hielt und auch während des Treppensturzes nicht losgelassen hatte, in einer Tasche ihrer regenfeuchten Kostümjacke verschwinden zu lassen. »Tun Sie das lieber nicht«, wurde sie im Kasernenhofton aufgefordert. »Was ist das?«
»Eine fliegende Untertasse«, erwiderte sie verdrossen. »Wenn Sie zwischendurch mal Zeit haben, dürfen Sie
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