0487 - Das Syndikat kennt kein Erbarmen
Kurz zuckte der Zeigefinger zurück, dann sprang der Mann behende auf, riß mit einem Griff das Gewehr vom Dreibein und warf es unter die Bahre. Er kümmerte sich nicht darum, ob er getroffen hatte, so sicher war er seiner Sache. Mit ein paar raschen Griffen hatte er das Stativ zerlegt und verstaute es ebenfalls unter dem Bett. Der herunterhängende Stoffbezug verbarg es vollständig. Mit einem Griff hatte er sich die weiße Kappe aufgesetzt, die auf dem Bett lag, dann setzte er sich ruhig hin.
Der Fahrer wartete auf seinen Einsatz. Ohne Gemütsbewegung hatte er zugesehen, wie der Mann knapp vor dem Bordstein zusammengesackt war. Ein paar Passanten waren hinzugeeilt und umringten den am Boden Liegenden. Das Autoradio im Krankenwagen war auf Sprechfunk geschaltet, doch es kam keine Durchsage. Die eine Hand am Schalter für Rotlicht und Sirene, wartete er noch zwei Minuten. Erst dann trat er hart das Gaspedal durch, legte den Schalter um und schoß mit quietschenden Reifen und heulender Sirene aus seinem Versteck, genau auf den verkrümmt daliegenden Mann zu.
***
Mr. High war sofort damit einverstanden, daß ich der Spur nachging, die Stig Patton uns gezeigt hatte. Nach einem kurzen Telefongespräch hatten wir auch die Fluggelegenheit für Patton bis Houston in Texas klargemacht. Die Maschine ging um fünf Uhr nachmittags.
»Wenn Sie die Liste der Geschäfte haben, Jerry, kommen Sie noch einmal zu mir. Wir werden uns drei selber vornehmen und den Rest der City Police überlassen. Die Läden werden abgeriegelt wie Fort Knox«, sagte der Chef. Bevor ich noch etwas erwidern konnte, ertönte auf allen Fluren die Alarmklingel.
Ich öffnete das große Bürofenster und beugte mich hinaus. Im selben Augenblick kam ein Krankenwagen an. Er hielt mit knirschenden Reifen. Die Schaulustigen stoben zur Seite. Beide Türen sprangen auf, und zwei Mann kletterten heraus. Sie hoben die Bahre aus dem Wagen und legten sie auf die Straße. Jetzt erkannte ich, worum es ging. Ein Mann lag verkrümmt am Boden. Für ein paar Sekunden konnte ich sein Gesicht erkennen.
»Das ist Patton«, sagte ich bestürzt. Mr. High langte nach dem Feldstecher, während ich schon zur Tür raste. Außer Atem kam ich zur Einfahrt und sah gerade noch, wie die Türen des Krankenwagens zuklappten und der Wagen anruckte. Ich gestikulierte und schrie dem Fahrer zu, einen Moment zu warten, doch er schien mich nicht zu hören. Mit durchdrehenden Reifen schoß der Krankenwagen davon. Auf der Straße waren ein paar diskutierende Leute und ein häßlicher roter Fleck zurückgeblieben. Ich ging sehr langsam zu der Gruppe und hörte einen Moment zu. Zwei Passanten hatten gesehen, wie Patton über die Straße eilte und mitten im Laufen zusammenbrach. Keiner hatte ein Geräusch gehört, auch war es ausgeschlossen, daß er von einem Auto angefahren worden war.
Nachdenklich ging ich zurück und betrat zuerst mein Büro. Zwei Zigaretten fehlten aus der Büchse, und mit einem Filzstift hatte Stig Patton ein paar Zeilen auf der Schreibunterlage hinterlassen. Ich hielt die Unterlage schräg gegen das Licht. »Bin in zwei Stunden zurück«, stand da in wackeligen Buchstaben. Langsam legte ich das Ding wieder weg. Stig Patton würde nicht noch einmal wiederkommen.
Ein Bote brachte mir eine dünne Akte. Auf ihr stand der Name Stig Patton und eine siebenstellige Nummer. Das Archiv hatte schnell gearbeitet. Ich nahm den Schnellhefter unter den Arm und ging noch einmal zu Mr. High ins Büro. Unterwegs warf ich einen Blick in die Papiere, doch es war nicht sonderlich aufregend. Patton hatte ein halbes Dutzend Vorstrafen, die alle über ein Jahr zurücklagen. Große Dinger hatte er nie gedreht.
»Die Burschen haben schnell zugeschlagen«, sagte Mr. High und wies auf einen weißen Zettel, der vor ihm lag. Er wählte bereits die Nummer der City Police, und ich hörte, wie er eine Beschreibung des Krankenwagens durchgab und dann die Fahndung ankurbelte. Auf dem Zettel war die Zulassung notiert, und darüber stand Adelphi Hospital.
»Ich habe das Hospital angerufen und erfahren, daß der Wagen heute früh von einem Parkplatz an der 4th Street gestohlen wurde«, sagte Mr. High. »Also liegt Patton auch nicht in irgendeinem Krankenhaus, sondern die Mörder selber haben die Leiche entführt. Wahrscheinlich vermuten sie, daß Patton irgendwelche Unterlagen bei sich trägt.«
»Es kann nicht lange dauern, bis der Wagen gefunden wird«, sagte ich und übergab dem Chef die Akte. »Patton
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