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0487 - Im Tempel des Drachen

0487 - Im Tempel des Drachen

Titel: 0487 - Im Tempel des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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aber es schälte sich immer weiter hervor, umweht von alten Kleiderfetzen.
    Dieser Mann konnte nicht mehr leben. Wenn doch, dann war er kein Mensch mehr, sondern ein Zombie.
    Vor dem großen Buddha warteten wir auf ihn. Noch immer kam er sehr langsam, und sein Gesicht war inmitten der Lumpen nicht mehr als ein blaßgrauer Fleck.
    Dann blieb er stehen.
    Genau an der Stelle, wo das Licht durch eine der Öffnungen fiel und ihn traf.
    Das war Lin Cho, der Shaolin, und er war tatsächlich zu einem lebenden Toten geworden…
    ***
    Ich kannte Zombies, bei deren Anblick einem Menschen das Herz in die Hose rutschte, so daß sie schreiend Reißaus nahmen. Nicht bei dem alten Shaolin-Kämpfer.
    Obwohl er nicht mehr lebte wie ein normaler Mensch, verbreitete er Angst und Schrecken. Sein Anblick war schlimm. Das Lumpengewand flatterte fetzenhaft um seine Gestalt. Vom Gesicht sahen wir nicht viel. Mir kam es vor wie eine breiige Masse mit gleichzeitig straffer, dünner Haut, die von zahlreichen Falten und Runzeln gezeichnet worden war. Und, Augen und auch die Nase sah ich nicht. Aus den Ärmeln des Gewandes schauten die Arme hervor wie lange, graue Stöcke, die an ihren Enden mehrmals eingeschnitten waren, so daß sich so etwas wie Hände gebildet hatten.
    An seinen Füßen trug er brüchige Sandalen, auf denen er weiterschlurfte, bis er dicht vor uns stehenblieb. Shao verneigte sich vor ihm und legte die rechte Hand auf seine Schulter. »Das sind meine Freund, Lin Cho«, sagte sie, »schaue sie dir genau an. Sieh in ihre Augen, und du wirst erkennen, daß sie nichts Böses im Sinn haben. Einem von ihnen mußt du deine Waffen übergeben.«
    Der alte Shaolin hatte seinen Kopf schräg gelegt. Er besaß keine Haare. Die Kapuze war ihm vom Schädel gerutscht, und die Haut auf seinem Kopf wirkte so zusammengezogen wie die Schale eines alten Apfels, der lange im Garten gelegen hatte.
    Lin Cho hatte Shao verstanden, denn er nickte. Dennoch blieb er stumm, als er mit seiner Prüfung begann.
    Zuerst kam er auf mich zu. Dicht vor mir verhielt er seinen Schritt. Ich mußte meinen Kopf senken, um ihm in die »Augen« schauen zu können. Sie prüften genau, und der untote Shaolin verzog sein Gesicht zu einem Lächeln, bevor er den Kopf schüttelte..
    Da er sich selbst nicht erklären konnte, übernahm Shao das für ihn. »Du bist es nicht, John, dem er die Handschuhe übergeben möchte.«
    »Weshalb nicht?«
    »Er wird dich nicht kennen, aber er kann dich spüren. Er weiß, daß du mit anderen Dingen zu tun hast und dabei überlastet bist. Außerdem bist du ein Europäer.«
    »Das stimmt.«
    Lin Cho war mittlerweile weitergegangen und vor meinem Freund und Partner Suko stehengeblieben. Mit ihm sprach er. Dort, wo sich ungefähr die Mundhöhle befand, drangen Laute hervor, die mich an das Rascheln von Papier erinnerten.
    Ich verstand sie nicht. Da sah ich, daß Lin Cho Suko beide Hände auf die Schulter legte, noch etwas sagte und sich dann von ihm entfernte.
    »Auch er nicht«, sagte Shao. »Vielleicht dann, wenn er mit mir zusammengeblieben wäre.«
    »Der Rest heißt Yakup«, sagte ich trocken.
    Ihn hatte der alte Shaolin erreicht. Yakup wurde viel länger angestarrt als wir. Lin Cho nickte plötzlich, griff mit seinen faltigen, alten Totenfingern nach Yakups Hand, umklammerte und schüttelte sie.
    Er war der Richtige!
    Wir hörten es nicht, aber wir wußten es sofort. Keiner von uns war so begrüßt worden.
    Und Yakup strahlte. Es lag ein ungewöhnliches Leuchten auf seinem Gesicht. Kein direkter Schein.
    Das, was sich da äußerlich zeigte, mußte tief aus seinem Innern stammen. Die Seele zeigte und offenbarte sich.
    Yakup war der Gewinner!
    Lin Cho trat zurück, blieb neben Shao stehen und nickte ihr zu. Shao nickte zurück. Die beiden hatten sich verstanden. Sie brauchte uns auch nichts zu erklären, und ich fragte den türkischen Freund: »Nimmst du die Waffen an?«
    »Und ob ich das tun werde, John. Ja, auf so etwas habe ich schon immer gewartet, und ich verspreche, daß ich sie nur einsetzen werde, um dem Guten zu dienen.«
    »Dafür sind sie auch gemacht«, sagte Shao.
    »Und wie geht es jetzt weiter?« wollte ich wissen.
    »Lin Cho wird uns zu den Handschuhen führen und sie Yakup übergeben.«
    »Das ist alles?«
    »Sicher.«
    »Und kein Haken an der Sache?« fragte Suko.
    »Es ist die große Frage, wie weit Shimada es geschafft hat, in das Kloster einzudringen. Sollte er die Hindernisse überwunden haben, wird es für Yakup schwer

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