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0489 - Die Spinnenhöhle

0489 - Die Spinnenhöhle

Titel: 0489 - Die Spinnenhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fragte Dembowsky. »Wir sind seine Versuchskaninchen. Das Dekanat hat offenbar keine Gelder für medial begabte Helfer freigegeben, also müssen wir beide ran, ob wir nun medial veranlagt sind oder nicht.«
    »Mir gleich, wenn es der Wahrheitsfindung dient«, sagte Davidoff. Er umklammerte den Koffer mit beiden Armen, als befinde sich ein Goldschatz darin. Hastig verließ er Saranows Zimmer.
    Er hatte seine Figur wieder!
    Es war ein Fehler gewesen, sie dem Institut zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen. Er hätte auch andere Mittel und Wege finden können, sich vor dem Professor zu profilieren. Jetzt war ihm das klar. Aber es war noch nicht zu spät.
    Er wußte, was er zu tun hatte.
    ***
    »Was ist denn los?« fragte Saranow. »Träumen Sie etwa?«
    Dembowsky, der die Tür angestarrt hatte, als könne er Davidoff noch durch das Holz sehen, zuckte zusammen. »Haben Sie das gesehen, Boris Iljitsch?« stieß er hervor. Daß er seinen Chef mit dem Vornamen anredete, verriet seine Erregung. »Haben Sie das nicht gesehen?«
    »Was denn?«
    »Er hatte zwei Augenpaare!« keuchte Dembowsky. »Professor - Wassilij Davidoff hatte gerade vier Augen!«
    Saranow runzelte die Stirn. »Sie haben getrunken, Fedor Martinowitsch?«
    »Nein«, sagte Dembowsky. »Ich habe nur gesehen, daß er… verdammt, es klingt unglaubwürdig, nicht? Aber ich hab’s gesehen, und eigentlich hätten Sie es auch sehen müssen. Es waren zwei übereinanderliegende Augenpaare! Mann, ich spinne doch nicht!«
    Saranow seufzte. »Das werden wir gleich haben«, sagte er, erhob sich und öffnete die Tür. »Wassilij?« dröhnte sein Baß über den Korridor.
    Davidoff, schon zwei Dutzend Meter entfernt und fast an der Treppe, zuckte wie von einer Peitsche getroffen zusammen und raste gedruckt auf die Treppe los, stoppte dann aber abrupt und richtete sich wieder zur vollen Körperlänge auf. »Professor?«
    »Kommen Sie doch bitte noch einmal zurück«, verlangte Saranow. Kopfschüttelnd bemerkte er dann: »Mann, Sie sind ja losgerannt, als hätten Sie was geklaut und ich Sie dabei erwischt. Ein Angestellter dieses Institutes für Parapsychologie an der altehrwürdigen Lenin-Universität von Moskau bewegt sich gemessen und würdevoll in jeder Lebenslage, verstanden? Was sollen unsere Studenten von uns denken, und vor allem die westlichen Reporter, wenn sie zwischendurch mal wieder in hellen Scharen hier einfallen, um uns bei der Arbeit zu stören?«
    Davidoff straffte sich. »Weshalb haben Sie mich noch einmal zurückgerufen?«
    Saranow betrachtete ihn eingehend. »Genosse Fedor Martinowitsch und ich wollten noch einmal einen tiefen Blick in Ihre seelenvollen braunen Äuglein werfen. Es ist gut, danke. Sie können jetzt wieder an Ihre Arbeit… äh, Ihre Mittagspause gehen. Hoffentlich unterscheidet sich beides voneinander.« Er grinste und hieb Davidoff die Pranke auf die Schulter. Davidoff zuckte zusammen, machte eine blitzschnelle Drehung und gab einen kurzen, fauchenden Laut von sich. Dann errötete er wieder. »Entschuldigen Sie«, stieß er hervor. »Ich glaube… ich glaube, mit meinen Reflexen ist etwas nicht in Ordnung, Professor.«
    »Oh, die scheinen mir fast zu gut zu sein«, grinste Saranow gutmütig. »Entschuldigen Sie, Wassilij. Ich sollte inzwischen gelernt haben, daß nicht jeder mein freundschaftliches Schulterklopfen verträgt.«
    Davidoff nickte und hastete davon, den Alukoffer immer noch fest umklammernd. Saranow kehrte in sein Arbeitszimmer zurück. Dembowsky war merkwürdig blaß geworden.
    »Zwei Augen«, sagte er. »Oder haben Sie jetzt wieder vier gesehen?« Er kannte seinen Assistenten schon lange; der fantasierte nicht und neigte auch nicht zu Halluzinationen. Außerdem hatte Saranow im Laufe der Jahre gelernt, selbst auf lächerlich erscheinende Kleinigkeiten zu achten. Und eben, als er Davidoff zurückrief, hatte er das Gefühl gehabt, daß Dembowsky ihn auf eine heiße Spur bringen konnte.
    »Diesmal habe ich auch nur zwei Augen gesehen«, murmelte Dembowsky. »Aber…«
    Er wurde noch grünlicher im Gesicht. »Aber seine Mundpartie…« Plötzlich würgte er, preßte eine Hand vor den Mund und stürmte nach draußen. Als Saranow ihm stirnrunzelnd auf den Korridor folgte, sah er seinen Assistenten blitzartig im Toilettenbereich verschwinden.
    So ganz allmählich machte ihm Dembowskys Verhalten doch Sorgen.
    ***
    Kirsten Simban nahm die Spinne in die Hand. »Du hast mich also gefunden«, wiederholte sie leise. »Aber wie

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