0490 - Feuerschädel
Frauengestalt zeigte, störte ihn nicht. Asmodis, der Rhu einst einen Auftrag gab und ihm gewährte, so lange zu leben, bis dieser Auftrag endlich erfüllt werden konnte, konnte viele Gestalten annehmen. Männer, Frauen, Monster, außerweltliche Geschöpfe, die keines Menschen Fantasie sich vorzustellen vermochte…
»Mein Fürst!« stieß Mhôrven hervor. »Ihr seid gekommen, um zu erleben, wie ich euren Auftrag nun endlich ausführen kann! Begleitet mich und seht, und dann mögt ihr mein Leben beenden, das schon viel zu lange dauert und dessen ich leidlich satt bin. Es ist nicht eines Menschen Art, so lange im Fleische zu existieren. Schon bald werdet Ihr meinen Geist von diesem alten, schwachen Körper befreien können.«
Die Dunkelhaarige starrte ihn durchdringend an. Er fühlte, wie ihr Blick sein Innerstes durchleuchtete.
»Du bist ein seltsamer Mensch, Rhu Mhôrven. Du besitzt Fähigkeiten, die dir unglaubliche Macht über andere Menschen verleihen könnten, aber diese Fähigkeiten benutzt du nicht. Statt dessen wartest du Jahrzehnt um Jahrzehnt um Jahrhundert darauf, deinen Auftrag erfüllen zu können! Ich verstehe dich nicht, Rhu.«
»Erhabener Fürst, einst habt Ihr mich verstanden«, erwiderte Mhôrven.
»Hast du überhaupt keinen Ehrgeiz? Du willst ja nicht mal lange leben! Du bist ein Druide, du erhebst dich durch dein Wissen und Können über die anderen! Warum willst du die Macht nicht nutzen, die dir verliehen wurde?«
»Damals, mein Fürst, habt Ihr mich gerade deshalb erwählt.«
Die Dunkelhaarige schloß sekundenlang die Augen. Dann öffnete sie sie wieder und sagte: »Nun ist es endlich soweit. Doch du hast einen mächtigen Gegner, der gegen dich steht. Ihn müssen wir ablenken.«
»Ein Gegner?«
»Sieh ihn dir an«, befahl sie und schuf ein dreidimensionales Abbild Professor Zamorras.
»Wer ist dieser Mann?« fragte Mhôrven. »Ich habe ihn nie zuvor gesehen.«
Die Dunkelhaarige erklärte es ihm.
»Oh, das trifft sich gut«, stellte Mhôrven fest. »Er wird leicht abzulenken sein und damit keine Gefahr mehr bedeuten.«
»Unterschätze ihn nicht«, warnte die Dunkelhaarige. »Er ist der Meister des Übersinnlichen.«
»Doch Ihr seid der Fürst der Finsternis«, erwiderte Mhôrven. »Was vor der Vollendung steht, wird nun vollbracht.« Und er handelte.
***
Die spiegelglatte, glasige Fläche zwischen den Grabsteinen veränderte ihre Farbe. Das Rot wurde plötzlich intensiver. Von innen heraus begann es schwach zu leuchten wie verhaltene Glut, die nur darauf wartet, zum offenen Feuer zu werden, wenn ein Windhauch sie trifft.
Das sich verstärkende Rot war bereit, seine Macht zu beweisen.
***
Patricia Saris ap Llewellyn, gebürtige MacRowgh, spürte eine wachsende Unruhe in sich. Da war etwas, das an ihr zog und zerrte; sie mußte hinaus aus den schützenden Mauern der Burg. Etwas warnte sie; hatte Bryonts französischer Freund nicht davon abgeraten, daß Lord und Lady Saris das Castle verließen? Aber diese Stimme war nicht stark genug, den Drang zu unterdrücken, der Patricia nach draußen trieb.
Sie brauchte ja nur ein bißchen frische Luft zu schnuppern. Die M-Abwehr, dieser unsichtbare Schutzschirm, umspannte die gesamte Burg kuppelförmig und ging sogar noch über die Schutzmauern hinaus, auf deren Zinnen vor Jahrunderten Bogen- und Armbrustschützen Caer Llewellyn gegen fremde Eroberer erfolgreich verteidigt hatten. Dabei war dies schon die zweite Burg; eine andere, die vor rund achttausend Jahren Stammsitz des Llewellyn-Clans gewesen war, war damals niedergekämpft worden und stand heute nur noch als völlig unbewohnbare Ruine. »Spooky-Castle« wurden die Mauerreste genannt, weil angeblich der Geist irgendeines Llewellyn, der natürlich nicht zur Erbfolge gehörte, dort umgehen sollte. Patricia war einmal in Spooky-Castle gewesen, aber bei hellem Tageslicht, und da zeigte sich der Spuk natürlich ñicht.
Unwillkürlich mußte Patricia lächeln, als sie sich vorstellte, daß dieser Drang, ins Freie zu gehen, vielleicht von Spooky-Castle ausging. Das wäre jetzt gerade noch das Tüpfelchen auf dem i der Unglaublichkeiten gewesen. Aber so etwas gab es natürlich nicht. Es war ihr schon schwer gefallen, die Erbfolge zu akzeptieren, aber da hatte Bryont sie recht schnell überzeugen können, zumal andere Clans ebenfalls darüber informiert waren. Aber diese Seelenwanderung war die einzige übersinnliche Angelegenheit, die Patricia zu akzeptieren gewillt war - weil es sie in
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