0490 - Feuerschädel
wollte.
Der Gnom musterte den riesigen schwarzen Wagen und entdeckte vorn auf der Kühlermaske die »Emily«. Staunend betrachtete er die silberglänzende, geflügelte Frauengestalt.
»Das ist diese Peilmakierung, von der Ihr gestern spracht, Herr deMontagne, nicht wahr? Oh, sie gefällt mir viel besser als dieser doch recht schlicht geformte Stern im Kreis, und im Wagen selbst sieht es nach viel mehr Platz aus. Außerdem hat er das Lenkrad auf der rechten Seite, er ist also für den Straßenverkehr hierzulande viel besser geeignet als Eure Droschke. Und unter dieser langen Haube arbeiten gewiß weitaus mehr jener kleinen Eisenpferde, weil sie darunter viel mehr Platz haben.«
»Sie sollten auf die Stimme des Volkes hören, Monsieur, wenn Sie mir diesen bescheidenen Rat erlauben«, sagte William.
Zamorra resignierte; an sich war es ja völlig egal, mit welchem Wagen sie fuhren. Er hätte nur lieber selbst das Lenkrad gehalten. William dagegen schwang sich sofort in das recht ungemütliche Fahrerabteil der riesigen Limousine. Zwischen ihm und dem geräumigen Fond mit den beiden gegenübergestellten Sitzreihen befand sich eine gläserne Trennscheibe; ein direkter Kontakt war nur möglich, wenn diese Scheibe versenkt wurde; Zamorra drückte sofort auf den entsprechenden Knopf. Schließlich wollte er mit William normal reden können, während sie unterwegs waren.
Der Butler trug kein Pflaster mehr über dem Daumen. Zamorra fragte ihn nach der Verletzung. »Ach, Monsieur, ich darf Sie daran erinnern, daß ich gestern schon auf die Ungefährlichkeit dieser Verletzung hingewiesen habe. Die Wunde ist zugeheilt.«
»Und es ist ein Wunder, Herr deMontagne, daß dieser Mann sich aufrecht auf den Beinen halten kann«, krähte der Gnom unverdrossen dazwischen. »Immerhin hat er eine Menge Blut verloren.«
William reagierte überhaupt nicht auf die Bemerkung, während er den schwarzen Phantom talwärts nach Cluanie-Bridge lenkte. Zamorra sah den Gnom überrascht an. »Woher willst du das wissen?«
Der Gnom verdrehte die Augen und senkte dann die Lider. »Verzeiht, Herr. Es kam mir gerade so in den Sinn. Ich weiß nicht, woher ich es weiß. Aber ich meine, es müsse so sein, wie ich es sage.«
Zamorra entsann sich, daß der Gnom in letzter Zeit durchaus hellseherische Fähigkeiten zu entwickeln begann. »William, haben Sie tatsächlich stark geblutet?«
»Ein wenig, Monsieur. Aber es ist wirklich nicht gefährlich. Sie sehen doch, daß ich in der Lage bin, meinen Dienst zu verrichten.«
Zamorra war da plötzlich gar nicht mehr so sicher. William war kein Bluter, und eine Schnittwunde im Daumen konnte normalerweise nicht zu starkem Blutverlust führen. Der Gnom hatte eben aber von einer Menge Blut gesprochen. Und bei Tageslicht besehen kam William dem Parapsychologen ziemlich blaß vor - blutleer? »Aber Vampire beißen doch in den Hals und nicht in den Daumen«, hörte Zamorra sich sagen, noch ehe er die Bemerkung unterdrücken konnte.
»Monsieur, ich wäre Ihnen wirklich sehr zu Dank verpflichtet, wenn Sie in der Folge nicht mehr solchen Aufhebens um diese lächerliche Schnittverletzung machen würden«, bat William.
Nur wenig später befanden sie sich im Ort. »Fahren Sie zu Ulluquart’s Pub«, bat Zamorra. Dort wollte er noch einmal mit dem Wirt reden und auch die Scherben untersuchen, an denen William sich geschnitten hatte. Wahrscheinlich konnte ihm in Cluanie auch jemand verraten, wo Mhôrven zu finden war.
Keith Ulluquart strahlte, als er Zamorra hereinkommen sah. »Sie haben’s also tatsächlich geschafft, zum Castle durchzukommen. Das freut mich außerordentlich!«
»Und mich erst. Nur hätten Sie sich die Warnungen sparen können, weil ich auch ohne die Schneegreifer ans Ziel gelangt wäre! Könnte es nicht sein, mein lieber Mister Ulluquart, daß Sie mich gestern abend ein wenig auf den Arm genommen haben?«
»Keine Spur! Wo denken Sie hin?« wehrte Ulluquart ab. »Wissen Sie was, Professor? Ich spendiere Ihnen noch einen Whisky, und dann vergessen wir die ganze Sache, all right? Immerhin kann ich von hier unten doch nicht ganz genau wissen, wie die Straße weiter oben aussieht, und sie hätte wirklich von Schneeverwehungen teilweise gesperrt sein können…«
»Schön«, nickte Zamorra. »Den einen Whisky, und machen Sie das Glas bitte nicht zu voll, Keith. Statt dessen geben Sie mir bitte die Scherben des Wasserglases, aus dem vorgestern Rhu Mhôrven getrunken hat und an dem sich William den Daumen
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