0493 - Eine weint um Killer Jack
sagte Richbecker. »Ich habe mich natürlich sofort danach erkundigt, woher das Blatt diese Informationen bekommen hat. Der zuständige Redakteur hat mir nichts gesagt. Ich weiß, daß das sein gutes Recht ist, aber solange ich nicht weiß, von welcher Seite die verleumderischen Informationen kommen, kann ich schlecht etwas dagegen unternehmen. Es ist keineswegs so, daß ich Mewitt unter allen Umständen reiriwaschen möchte. Wenn er ein Spion war, hat er keine andere Behandlung durch die Presse verdient, als er sie jetzt bekommt. Aber ich kannte ihn ganz einfach zu lange, um glauben zu können, daß er ein Verräter ist. Er war ein echter Patriot, der seinem Lande niemals einen Schaden hätte zufügen können.«
»Von Lieutenant Baldwin können es die Zeitungsleute nicht erfahren haben«, meinte Phil nachdenklich. »Baldwin hat uns versichert, er habe seine Leute darauf eingeschworen, den Nadelfund bis auf weiteres als Top Secret zu behandeln. Ist etwa der Butler an dieser Meldung schuld?«
»Howard Littleton?« Jack Richbecker schüttelte entschieden den Kopf. »Das ist völlig ausgeschlossen. Niemals würde er daran denken, den Ruf seines ehemaligen Chefs zu untergraben.«
»Dann war es der Mörder«, sagte ich. »Der Mörder?« fragten Phil und Richbecker wie aus einem Munde.
Ich nickte. »Ja, der Täter ist offenbar daran interessiert, den Mord als Folge eines Spionagefalles hinzustellen. Der Täter hofft wahrscheinlich, die Polizei damit auf eine falsche Fährte locken zu können.«
Richbecker schaute mich an. »Ich hatte mir auch schon etwas Ähnliches gedacht, aber zwei Dinge sprachen meines Erachtens bislang dagegen. Erstens: Das im Stecknadelkopf aufgezeichnete Gespräch könnte tatsächlich geführt worden sein, weil es den Ansichten der meisten hochgestellten Offiziere entspricht. Zweitens: Die ausgehöhlte Nadel mit dem Mikrofilmplättchen stammt aus dem Ars.enal eines ausgekochten Nachrichtenmannes. So etwas kann man sich nicht einfach beschaffen.«
»Einverstanden«, nickte ich. »Ziehen wir aus Punkt zwei die Schlußfolgerung: Der Mörder war vermutlich ein Nachrichtenmann, vielleicht sogar ein Spion. Die Frage lautet jetzt: Ist der ermordete Admiral sein Partner gewesen?«
»Damit stehen wir wieder am Beginn unserer Überlegungen«, seufzte Richbecker resignierend.
»Wie lange kannten Sie Admiral Mewitt?« fragte ich ihn.
»Neunundzwanzig Jahre«, erwiderte Richbecker. »Wir lernten uns als Fregattenkapitäne kennen. Es gab Zeiten, wo wir uns aus den Augen verloren. Hugh war damals im Pazifik stationiert, ich tat lange Zeit in Europa Dienst. Aber irgendwie hatten wir immer Kontakt zueinander. Hugh wurde dann wegen eines Herzfehlers vorzeitig aus seinem Dienst entlassen. Ich glaube, das ist ihm sehr nahegegangen. Er schrieb noch bis kurz vor seinem Tode für Seefahrts-Zeitschriften und wurde gelegentlich von der Admiralität als Fachberater herangezogen.«
»Hatte er auch Einblick in militärische Geheimnisse?« wollte Phil wissen.
Richbecker schüttelte den Kopf. »Nein, damit war es seit seiner Pensionierung automatisch vorbei.«
»Hätte er sich denn Geheimmaterial verschaffen können«, bohrte ich weiter.
Richbecker überlegte sorgfältig. »Nein«, sagte er dann. »Natürlich kannte er sich in der Admiralität aus. Er genoß das Vertrauen von uns allen. Aber das bedeutet auf keinen Fall, daß er Zugang zu den Safes hatte.«
»Aber er hätte doch wohl das eine oder andere Dokument fotografieren können, das er auf dem Schreibtisch seiner Ex-Kameraden sah? Wenn er in der Admiralität war, mußte sicherlich der eine oder andere Gesprächspartner Admiral Mewitts einmal das Zimmer verlassen, oder? Für einen mit der Materie vertrauten Mann dürfte es dann wohl nicht schwer gewesen sein, in Sekundenschnelle die Unterlagen zu fotokopieren?«
Richbecker lächelte dünn. »Die Sicherheitsbestimmungen in unserem Hause sind enorm streng. Nichts, was den Aufdruck SECRET oder CONFIDENTIAL trägt, bleibt auf dem Schreibtisch, wenn der Geheimnisträger aus irgendeinem Grund aus dem Zimmer gerufen wird.«
»Wie kommt es übrigens, daß Mewitt nicht geheiratet hat?« fragte ich den Vizeadmiral.
»Seine Braut war die See, wie es so romantisch heißt«, erklärte Richbecker. »Er war jedoch durchaus kein Frauenverächter. Im Gegenteil. Er liebte die Gesellschaft hübscher Mädchen und gab für dieses Hobby eine Menge Geld aus.« Richbecker musterte unsere Gesichter und beobachtete genau unsere
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