0494 - Hexen-Polterabend
haben?« Meine Stimme hatte an Schärfe gewonnen.
»Ja, nein…«
»Was denn?«
»Ich glaube, wir haben uns verfahren.«
Er hatte den Satz ausgestoßen und die Worte durch ein Zischen begleitet.
Ich ließ mich in das Rückenpolster zurücksinken. »Das kann doch nicht wahr sein«, flüsterte ich.
»Ich bin mir ja selbst nicht im klaren darüber, aber es könnte so gewesen sein.«
Jetzt mischte sich Suko ein. »Wenn Sie uns an der Nase herumführen wollen, Stern, geht es Ihnen schlecht. Sie befinden sich in einer verdammt schlechten Situation. Ich habe den Mordversuch an mir nicht vergessen. Tricks können Sie sich nicht erlauben.«
Soweit es seine Fessel zuließ, hatte sich Stern gedreht und den hinter dem Lenkrad sitzenden Suko angestarrt. In der Dunkelheit des Wagens glänzte sein Gesicht bläulich. »Verdammt«, flüsterte er, »ich lasse mir doch nichts anhängen. Nein, das habe ich nicht nötig. Ich… ich will, keinen reinlegen. Ich habe mich verfahren, ich…«
»Aber die Richtung stimmte?« fragte ich dazwischen.
»Ja.«
»Gibt es ein Anzeichen dafür, daß wir uns dem Gebiet nähern, wo dieser Polterabend stattfinden wird?«
»So… so gut wie nicht.«
»Also doch etwas?«
»Ein Hügel…«
Ich verzog den Mund. Das war zwar eine Antwort, aber sie taugte nicht viel. »Ein Hügel«, murmelte ich. »Davon gibt es viele in dieser Gegend.«
»Ich weiß.« Stern wischte mit der freien Hand über seine Stirn. Als er auf die Fläche schaute, war sie schweißnaß.
»Es tut mir auch irgendwie leid, aber ich selbst war noch nicht dort. Ich kenne den Ort nur vom Hörensagen.«
»Dann hat er einen Namen?« hakte Suko sofort nach.
»Ja, ich glaube.«
»Wie heißt er?« fragte ich.
»Man nennt ihn den Bluthügel. Früher hat man hier die Hexen ermordet und Menschen, die zu ihnen hielten. Der Boden soll mit dem Blut der Hexen getränkt worden sein…«
»Und der ist hier in der Nähe.«
»Ja.«
Hinter dem Lenkrad drehte sich Suko um. »Was meinst du, John? Soll ich mal ein Dorf anfahren?«
»Okay, da fragen wir nach.« Ich beugte mich vor und tippte unserem Gefangenen auf die Schulter.
»Aber wehe, mein Freund, wenn du uns reingelegt hast. Dann gibt es Stoff. Zeit schinden, ist nicht drin, das will ich Ihnen gesagt haben.«
»Ja, ja.« Er nickte. »Ich habe wirklich nichts getan. Ich… ich konnte nichts dafür.«
Suko fuhr wieder an.
Aus der Seitentasche an der Tür fischte ich eine Karte. Im Licht meiner Bleistiftleuchte schaute ich mir die Umgebung genau an. Wir befanden uns nicht mehr im Großraum London, aber die ersten kleinen Vororte lagen auch nicht weit entfernt.
Leider schaffte ich es nicht, die Nebenstraße zu finden, auf der wir uns befanden, gab Suko aber den Tip, in Richtung Rickmansworth zu fahren. Irgendwann mußten wir einfach auf eine breitere Straße treffen.
»Könnt ihr mich nicht endlich losbinden?« beschwerte sich unser »Gast«.
»Nein!« sagte ich.
»Mir scheuert die Haut allmählich durch.«
Suko mußte lachen. »Sie hatten mich an einen Wasserkran gefesselt. Die Stricke sind feucht geworden und zogen sich dabei zusammen. Glauben Sie, daß dies ein Vergnügen war?«
Stern schwieg.
Fünf Minuten später hatten wir Glück, denn wir erreichten die breite Rickmansworth Road, die die Bezeichnung 404 trägt. An der Einmündung stoppte Suko, weil wir auch ein bedrucktes Straßenschild sahen. Die Bezeichnungen waren in der Dunkelheit schwer zu lesen, weil die Schrift nicht reflektierte, aber Stern hatte gute Augen.
»Bishops Wood!« sagte er leise.
»Was meinen Sie?«
Er schielte mich an. »Bishops Wood. So heißt das Gebiet. Es ist mir wieder eingefallen.«
»Steht dort der Bluthügel?«
»So ist es.«
Auf meinen Knien lag noch die Karte. »Dann mußt du weiter geradeaus fahren, Suko. Es sind ungefähr noch zweieinhalb Meilen bis zu unserem neuen Ziel.«
»Bis zum Hügel?«
»Nein, wir kommen dann nach Batchworth Heath. Dort können wir fragen.«
»Gemacht.«
Die Strecke war schnell zurückgelegt. Links von uns war es stockfinster. Ein gewaltiges Areal breitete sich dort aus. Ein großes Waldstück. Dort würden wir bestimmt auch den Bluthügel finden.
Wir fuhren nicht bis nach Batchworth Heath hinein. Am Ortseingang befand sich auf der rechten Seite eine Tankstelle. Sie war bereits geschlossen, aber im Haus des Tankwarts brannte noch Licht, und ich sah auch den Schatten eines Mannes, der durch den Lichtschein wanderte.
Ohne uns abgesprochen zu haben, hatte
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