0494 - Hexen-Polterabend
du eigentlich vorgehabt hast. Kein Tropfen, Jane, du mußt unsere Schwester werden, nur dann kannst du mit Abandur die Brautnacht feiern…«
Janes Augen waren weit geöffnet. In den Pupillen flackerte die Angst, aber sie tat, was man ihr aufgetragen hatte. Sie schluckte und glaubte, daß sich ihr Magen bis zur letzten Dehnung füllte. So etwas kannte sie bisher nicht, sie wurde gesättigt, und auch der Durst verschwand.
»Ja, du hast es geschafft«, sagte Ulana. »Die Schale ist völlig leer. Es befindet sich kein Tropfen mehr darin. Jetzt kannst du nicht mehr zurück, der Weg zu Abandur ist frei geworden - endgültig frei…«
Ihre Arme sanken nach unten. Sie merkte kaum, daß man ihr die leere Schale aus der Hand nahm und auch die aus dem Gebüsch ragenden Hände wieder verschwanden.
Ein leises Rascheln noch, dann war es still.
Die Hexen faßten sie an. Jane spürte ihre Hände auf ihrem Körper. Sie berührten sie an den Hüften und an der Seite, und sie spürte den Druck, der sich verstärkte.
Nicht nur äußerlich, auch in ihrem Innern tat sich etwas. Nichts war mehr wie sonst. Ihr eigenes Blut mußte sich mit dem Trank vermischt haben, denn es rauschte durch ihre Adern, und sie spürte es auch im Kopf. Dabei wurde sie den Eindruck nicht los, als bestünde der Trank aus einem Gemenge zahlreicher Stimmen, die einen Wirrwarr im Kopf bildeten und durcheinander sprachen.
Ihr schwindelte.
Die nähere Umgebung begann zu schwanken. Jane merkte nicht, daß sie selbst es war, die sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Erst als sie von ihren Hexenschwestern gestützt wurde, ging es ihr wieder besser.
»Jetzt bist du würdig!« Marthel hatte ihre dünnen Lippen dicht an Janes Ohr gebracht. »Jetzt bist du wirklich würdig, bei uns und eine von uns zu sein…«
Jane starrte ins Leere. Sie hatte die Worte zwar vernommen, aber das Gefühl gehabt, als wären sie nicht für sie gewesen. Sie stand da und spürte die Flammen.
Kein Feuer, das sie sehen oder greifen konnte. Da tobte etwas in ihrem Innern, das sich zu einer Hitze entwickelte, die den gesamten Körper durchstrahlte, ihn leicht machte und gleichzeitig für andere Dinge öffnete. Dinge, die Jane schon längst wieder vergessen hatte, weil sie zu einem Leben gehörte, das sie nicht wollte, zu dem sie aber durch die Einnahme des Tranks gezwungen wurde.
»Jetzt gehörst du zu uns«, wurde ihr gesagt. »Wir haben dich zurückgeholt.«
Jane nickte nicht einmal, sie starrte ins Leere, aber sie horchte in ihr Innerstes, wo der Trank sich mit dem Blut vermischt hatte und zahlreiche Flüsterstimmen aufsummten.
Jemand sprach zu ihr, der ihr seltsam vertraut vorkam und trotzdem fremd war.
Er hieß sie willkommen, im Namen seines Blutes, das sie getrunken hatte.
»Mein Blut und deine Schönheit werden eine Verbindung eingehen. Die Ungetreue wird sich an meine Seite setzen und mir ihre Schönheit weihen. Du weihtest der Schönheit dein Leben, aber ich werde sie mir nehmen. Ich habe sie mir schon genommen, wir werden nur noch den Bund schließen, der uns zusammenkittet.«
Jane Collins besaß weder den Mut noch die Kraft, zu widersprechen. Ein anderer hatte die Kontrolle über sie bekommen, und sie würde ihm gehorchen.
Marthel trat neben sie. Jane hörte ihre Schritte, als sie über den Boden schleiften. Als würde ihr die Welt gehören, so deutete Marthel mit beiden Händen nach vorn.
»Schau hinein, schau in unsere Welt, die du nun erleben wirst. Wir haben sie zu der unsrigen gemacht. Sie ist die Welt der Menschen gewesen, nun aber gehört sie Abandur…«
»Wo ist er?«
»Er wartete auf dem Hügel. Dort steht sein Thron, und viele sind gekommen, um ihm zu dienen. Kein Polterabend ohne Gäste. Der Teufel hatte die Tore der Hölle geöffnet, um sie zu schicken. Sie werden dich umtanzen, sie werden dir eine große Ehre bringen, Jane. Freu dich darauf. Sei bereit, alles zu tun, verstehst du?«
»Jetzt ja.«
»Dann laß uns den Meister nicht länger warten lassen…«
***
Irgendwann, es war schon längst dunkel geworden, und wir hatten uns im Kreis bewegt, da schüttelte Jerry Stern den Kopf. »Verdammt noch mal, ich weiß es nicht mehr!«
»Fahr mal links ran!« sagte ich zu Suko.
Der kam meiner Aufforderung nach. Wir befanden uns auf einer einsamen Straße, die wie ein Lineal die Finsternis durchschnitt. Suko ließ den Rover ausrollen.
»Was wissen Sie nicht?« fragte ich nach.
»Den… den Weg.«
»Soll das heißen, daß Sie uns in die Irre geführt
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