0495 - Im Zuchthaus hört die Liebe auf
Distriktgebäude.
Zu fünft riefen wir jetzt die einzelnen Versicherungen an.
Ich konnte mir vorstellen, was die Triebfeder zu Gracies Verbrechen war. Niemals hätte er von sich aus die Energie entwickelt, solche raffinierten Verbrechen zu begehen.
In diesem ganzen Fall war bislang noch nicht die Rede von einer Frau gewesen. Jetzt ahnte ich, warum!
Gracie hatte sie immer abgeschirmt. Gracie, ein Mann, zu derri einfach eine Frau gehörte.
Steve Dillaggio war es, der bei der dritten angerufenen Versicherungsgesellschaft Glück hatte.
Sofort gab er mir ein Zeichen. Ich redete mit dem Direktor der Versicherung und veranlaßte alles Nötige. Dann rasten Steve und ich in einem Dienstwagen los.
Als wir durch die große Eingangstür des Wolkenkratzers stürmten, erwartete man uns schon. Wir betraten die Kassenräume. Hier Wimmelte es sogar noch zu dieser Zeit von Kunden, die entweder ihre Police bezahlen wollten oder eine dicke Prämie abholten.
»Sie ist noch nicht gekommen«, sagte der Direktor im Flüsterton zu uns.
»Okay«, nickte ich. »Wir warten dort drüben auf der Bank. Wenn Sie an die Kasse tritt, geben Sie uns ein Zeichen.«
Der Direktor nickte und verschwand hinter der Kasse. Für eine Weile zahlte er selbst den Kunden das Geld aus.
Die hatten natürlich keine Ahnung davon, daß zu dieser Zeit selbst ein Versicherungsdirektor einmal hinter dem Schalter stand.
»Wie sieht sie wohl aus?« fragte Steve Dillaggio, als wir uns auf die Bank verfrachtet hatten.
Ich zuckte die Schultern. »Bestimmt ist sie attraktiv. Schließlich hatte sie soviel Einfluß auf Gracie, daß er schweigend in die Todeszelle marschiert wäre und dabei noch das Gefühl gehabt hätte, seine Geliebte versorgt zu haben.«
»Ich bin auf Gracies Gesicht gespannt, wenn wir mit der Dame ankommen«, murmelte Steve.
In diesem Augenblick betrat eine Dame mit Nerz den Schalterraum. Sie schritt sehr selbstbewußt daher, und nichts in ihrem Gesicht verriet irgendwelche Aufregung.
»Ob sie das ist?«
Ich zuckte nur wieder die Schultern und wartete ab. Die Dame trat an den Schalter und begann, einige Formulare auszufüllen. Dann sprach sie mit dem Direktor, der ein diensteifriges Gesicht machte und einige Anweisungen gab.
Die Dame nickte zufrieden und begab sich dann zu einer anderen Bank, um auf die Auszahlung zu warten.
Plötzlich hielt ein junger Bürobote vor uns. Er reichte mir einen Zettel und marschierte dann unbekümmert weiter.
Ich warf einen kurzen Blick auf das weiße Blatt Papier. »Die Frau höißt Sheila Humpfield. Sie will die Lebensversicherung für Gracie und die Brandversicherung abholen. Sie hat ein Testament bei sich, das sie dazu berechtigt.«
Der Direktor war wirklich große Klasse. Jetzt wußten wir sogar den Namen der Dame.
In diesem Augenblick stand sie auch schon auf und näherte sich wieder der Kasse.
Steve und ich warteten, bis sie anfing, das Geld zu zählen. Dann traten wir heran. Meine Stimme klang ganz ruhig, als ich sagte: »Sheila Humpfield, wegen Versuchs des Versicherungsbetruges und der Anstiftung zum Mord nehme ich Sie hiermit in meiner Eigenschaft als Spezial-Agent des FBI New York fest. Pflichtgemäß mache ich Sie darauf aufmerksam, daß alle Äußerungen in einem späteren Prozeß gegen Sie verwandt werden können.«
***
Fünfzig Minuten später waren wir wieder im Distriktgebäude. Steve und ich hatten Sheila Humpfield in unsere Mitte genommen.
Mr. High und Phil saßen noch im Office und verhörten Gracie.
Als die Frau, die wir bislang immer als Dame angesprochen hatten, ihren Komplicen sah, bekam sie einen Tobsuchtsanfall. Sie wollte sich auf Gracie stürzen und schrie einige nicht gerade druckreife Worte.
Mit Mühe und Not konnte Steve sie zurückhalten und aus dem Zimmer in den Zellentrakt bringen.
Als sich die Tür hinter Sheila Humpfield und Steve Dillaggio schloß, brach Gracie in seinem Sessel zusammen.
»Jetzt liebt sie mich nicht mehr«, jammerte er. »Jetzt liebt sie mich nicht mehr.«
»Stimmt genau«, knurrte Phil. »Im Zuchthaus hört die Liebe auf.«
»Los, führt ihn ab«, befahl Mr. High.
ENDE
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