0495 - Teufelsspuk und Killer-Strigen
meinem Talisman.«
»Mach schon, Tinny. Er darf es noch einmal berühren, bevor wir es mitnehmen. Das wird einiges an Scheinen bringen, davon bin ich fest überzeugt.«
»Kann ich mir auch vorstellen.« Der Autoknacker brachte das silberne Kreuz in die Nähe meiner rechten Hand, die ich nicht völlig zur Faust geschlossen hatte. Sie war halb gekrümmt und erinnerte an eine Klaue. In sie hinein drückte der junge Mann das Kreuz.
»Danke«, sagte ich.
»Was ist jetzt?« fragte er.
»Ich werde eine Formel aufsagen.«
»Chemiker, wie?« fragte der andere.
»Höchstens Magier«, erwiderte ich bissig und sprach den Text, den ich sagen mußte. »Terra pestem teneto - Salus hic maneto!«
***
Eine ungemein starke Kraft packte mich. Ich hatte das Gefühl, aus dem Wagen geschleudert zu werden. Licht erfüllte den Innenraum, strahlend und glänzend, sogar blendend, und ich vernahm die schreienden Stimmen der beiden Autoknacker.
Ich hatte die Augen geschlossen. Etwas jagte durch meinen Körper wie ein Strom. Es mußte einfach die Gegenkraft sein, die dafür sorgte, daß die Lähmung verschwand.
Ich hatte mich nicht geirrt.
Als das Licht in sich zusammenfiel, hob ich den rechten Arm. Alles war wieder völlig normal geworden. Ich konnte mich bewegen, mich umschauen, ich würde den Wagen sogar verlassen können.
Es war einfach ein wunderbares Gefühl.
Bis auf die Kommentare der beiden Autoknacker. »Verdammt, der Hund hat uns gelinkt. Scheiße, ich kann nichts sehen.«
Sie hatten einen Fehler gemacht und direkt in das Licht geschaut. Ich löste den Gurtverschluß, freute mich, als er zurückschnellte, und schwang die Beine nach rechts, wobei ich nur ein leichtes Kribbeln in den Waden spürte.
Eine Sekunde später stand ich vor dem Cadillac. An seinen Händen, die er vor das Gesicht gepreßt hielt, erkannte ich Tinny. Er war dunkelhaarig und hatte die Hälfte seines Kopfes von den Haaren befreit. Ein stämmiger Bursche, der jetzt auf die Knie gefallen war und weiter fluchte. Sein Kumpel stand neben ihm. Schmächtiger mit einem blassen Gesicht und fahlen Haaren.
Er schaute mich an. »Verdammt, was hast du gemacht? Tinny ist geblendet. Du hast uns reingelegt.« Sein Mund verzerrte sich. Er sprang zurück und zückte ein Messer.
Es war eines dieser widerlichen Dinger, bei denen auf Knopfdruck die Klinge hervorschoß. »Ich werde dir zeigen, uns reinzulegen. Wir haben dich befreit…«
»Laß es sein, bitte!«
»Jetzt hast du Schiß, wie?« Der Fahlblonde kam auf mich zu, schaute dabei zu Tinny und sagte: »Ich werde ihm schon zeigen, wo es langgeht. Keine Sorge, den mach' ich fertig.«
Er hatte zu lange geredet und nicht damit gerechnet, wie ich mich wehren konnte. Als er plötzlich wild aufschrie, war seine rechte Hand schon leer. Das Messer trudelte durch die Luft und blieb irgendwo hinter ihm liegen.
Er glotzte mich an.
»Karate«, sagte ich in seinem Jargon. »Manchmal ist es gut, wenn man das kann.«
»Shit!«
Er wollte zurückgehen, doch ich hatte etwas dagegen. »Jetzt bleibst du stehen, Junge.«
»Okay, was willst du?«
»Euch nur erklären, wer ich bin. Oberinspektor Sinclair von Scotland Yard.«
Das hatte auch Tinny gehört. Plötzlich ließ er seine Hände sinken. Dafür öffnete er den Mund.
»Mensch!« ächzte er. »Ein Bulle. Wir haben einen Bullen befreit. 0 Scheiße…«
Ich kümmerte mich nicht um sein Geschrei. »Kannst du wieder sehen?« fragte ich.
»Ja, tatsächlich.« Er lachte plötzlich. Diese Kerle fielen von einem Extrem ins andere. »Ich kann wieder sehen, Archie. Jaaa…« Er sprang hoch, drehte sich einmal, blieb dann stehen und starrte mich an. »Okay, Bulle, und jetzt?«
»Nichts.«
»Wieso?« Er grinste schief. »Willst du uns nicht einbuchten?«
»Nein.«
»Weshalb denn nicht?«
»Ihr habt mir mein Leben gerettet.«
Tinny wandte sich an seinen Freund. »Hast du gehört, Archie, wir haben das Leben des Bullen gerettet.« Er begann plötzlich zu tanzen. Wahrscheinlich hatte er zu viele Filme mit Eddy Murphy gesehen. »Das ist ja irre. Wir retten einem Bullen das Leben. 0 Mann, wenn das meine Großmutter hören könnte, die wäre stolz auf mich. So verdammt stolz…«
Archie sagte nichts. Er hielt sein rechtes Handgelenk, wo ihn mein Tritt erwischt hatte. »Ich glaube, es ist gebrochen!« keuchte er.
»Nein, höchstens geprellt. Oder hast du Gelenke aus Glas?«
»Hör auf, Mann.«
»Ihr könnt jetzt verschwinden«, sagte ich. »Ich werde keine Nachforschungen
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