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0496 - Das Knochenhaus

0496 - Das Knochenhaus

Titel: 0496 - Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wenn sie ihn lebend nicht mehr sah, war es besser, seine Leiche zu finden. Sie wollte nicht, daß der tote Körper innerhalb dieses Hauses oder wo immer er sich befand, allmählich vermoderte. Eric sollte ein anständiges Begräbnis bekommen.
    Erst jetzt bemerkte Maya, daß sie noch immer das Medaillon in der rechten Faust hielt. Es kam ihr vor wie ein Rettungsanker. Vielleicht hatten die Eltern damals schon in die Zukunft schauen können und entdeckt, was ihren Kindern bevorstand.
    Die Diele oder Halle war groß, und sie war leer. Maya entdeckte kein einziges Möbelstück darin.
    Sie sah die kahlen Holzwände, die breite Treppe und den hell schimmernden Fußboden, über den sie gehen mußte. Die Balken bogen sich hier ebenfalls, manchmal federten sie, wenn sie zu straff gespannt waren, dann wiederum waren sie weich.
    An die knarrenden Geräusche hatte sich Maya längst gewöhnt. Ihr gefiel es nur nicht, durch die Finsternis gehen zu müssen und die Treppe nur in Umrissen zu sehen.
    Aus diesem Grunde hatte sie vor dem Aussteigen die kleine Taschenlampe aus dem Handschuhfach genommen. Sie war nicht sehr lichtstark, aber ihre Helligkeit reichte Maya aus, um sich orientieren zu können.
    Der Kegel huschte über die Wände und auch lautlos über die ersten Treppenstufen. Er tanzte, er riß etwas aus der Finsternis, aber er konnte das Grauen nicht vertreiben, das zwischen den Wänden steckte. Es hielt sich auf, es umgab das Haus auch in seinem Innern. Es war daùnd nicht sichtbar.
    Maya ging dorthin, wo sich die Küche befand. Sie hatte gesehen, daß die Tür offenstand. Zuvor aber entdeckte sie einen dunklen Fleck am Boden, untersuchte ihn und kniete sich sogar vor ihm nieder.
    Dabei fiel ihr der scharfe Brandgeruch auf, der wie kalter Rauch von dem Fleck in die Höhe stieg.
    Hier hatte etwas gebrannt oder war etwas verbrannt worden. Aber warum?
    Maya beugte sich mit der Nase darüber. Sosehr sie sich auch auf den Geruch konzentrierte, sie kam zu keinem Ergebnis, obwohl sie daran glaubte, daß der Brandfleck in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Besuch ihres Bruders stand, dessen Stimme sie plötzlich klar und deutlich wie nie zuvor in ihrem Hirn vernahm, so daß sie zusammenschreckte.
    »In den Keller, Schwester. Du mußt in den Keller gehen! Durch die Küche… die Küche…«
    Die Aufforderung war unmißverständlich gewesen. Maya würde sie auch befolgen.
    Sie richtete sich wieder auf und bewegte sich auf die offenstehende Tür zu, hinter der tatsächlich die Küche lag. Auch sie zeigte keine Einrichtung, bis auf den gemauerten Herd, der mit kalter Asche zur Hälfte gefüllt war.
    Im Licht des scharfen Strahls entdeckte sie sogar Fußspuren auf dem Boden. Maya verglich sie und kam zu dem Entschluß, daß ihr Bruder sie hinterlassen haben mußte.
    Auch er war diesen Weg gegangen…
    Maya fand die Tür zum Keller. Sie stand bewegungslos vor der Treppe und leuchtete die ausgetretenen Stufen ab.
    Etwas wehte hoch…
    Modergestank, der Geruch von brackigem Wasser und allmählich faulenden Pflanzen. Ein widerliches Gemisch, das einem Menschen den Magen umdrehen konnte.
    Maya schüttelte sich zwar nicht vor Ekel, es kostete sie dennoch Überwindung, in den Keller hinabzusteigen. Mit jeder Stufe, die sie hinter sich ließ, hatte sie das Gefühl, sich ihrem Ende ein Stück zu nähern.
    Und die Kellerfeuchte »fraß« sie.
    Maya sah das Mauerwerk, ebenfalls hell und an das Gebein des Schädels erinnernd, den sie in der Kerzenflamme entdeckt hatte.
    Befand sie sich schon im Innern des Totenkopfes? Diese Vermutung machte ihr Angst, doch die Neugierde siegte. Sie wollte und mußte Eric finden.
    Dabei stellte sie fest, daß sich der faulige Gestank an einer Stelle konzentrierte. Er wehte ihr aus dem düsteren Hintergrund des Kellers entgegen. Dort mußte seine Quelle liegen.
    Da ging sie hin.
    Langsam, wie ein Kind, das erst noch das Laufen lernt, bewegte sie sich voran. Ein kalter Hauch umklammerte sie wie Arme, strich über ihren Körper und drang auch unter die Kleidung. Der Lampenschein fiel in einem spitzen Winkel nach unten. Er bewegte sich in der Schrittfolge weiter - und traf plötzlich ein Ziel, das sogar einen Widerschein zurückschimmern ließ.
    Wie beim Wasser!
    Es war Wasser. Maya blieb dicht vor einer offenen Luke stehen und schaute auf die dunkelgrüne Oberfläche, die glatt wie ein Spiegel lag.
    Der Zugang des Grauens!
    Maya konnte sich gut vorstellen, daß es ihrem Bruder gelungen war, die Klappe zu öffnen,

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