0497 - Die Fledermenschen

euren Gästen einen solch erbärmlichen Unterschlupf zu bieten, Sir? Womöglich wimmelt es hier von Mäusen, Spinnen und Ratten oder anderem scheußbaren Geviech! Ich geruhe in Ohnmacht zu fallen!« Theatralisch breitete er die Arme aus und kreiselte bedachtsam zu Boden, sorgsam darauf achtend, daß er sich dabei nicht verletzte. Ungerührt ließ der Diener ihn fallen, hockte sich dann neben ihn und zupfte ein parfümiertes Spitzentüchlein aus Cristoferos Wams, das er dem »Ohnmächtigen« unter die Nase hielt. Alsbald öffnete dieser wieder die Augen.
    »So helft mir doch wieder auf die Beine!« forderte er.
    Aber er mußte alleine aufstehen. Er warf dem Gnom einen vernichtenden Blick zu. »Wenigstens Er hätte mich stützen können. Reicht es nicht, daß Er bereits die Schuld an dieser malaise trägt, dank Seiner fatalen Mißkunst der Zauberei? Muß Er mich dann auch noch in solch unvorteilhafter Lage belassen? Aus meinen Augen, Wicht!«
    Der verwachsene Gnom, dessen schreiend bunte Kleidung im krassen Gegensatz zu seiner jettschwarzen Haut stand, trollte sich. Er trat hinter einen Stein und rupfte einen Zweig von einem ihm im Wege stehenden Strauch. Derweil lud William das Gepäck aus dem Kofferraum.
    »Hier, eine Kiste mit Nahrungsmitteln und Getränken. Das reicht für ein, zwei Tage. Dann gibt’s Nachschub. Verhungern werdet Ihr wohl auf keinen Fall«, meinte Sir Bryont.
    »Ihr seid wirklich ein garstiger Kerl«, ächzte Cristofero und tupfte sich mit besagtem Tüchlein Schweißperlen von der Stirn; sie zu erzeugen, mußte er sich gewaltig angestrengt haben. »Sollte dies wirklich das Ende einer wunderbaren Freundschaft sein? Ich verabscheue Euch zutiefst, Mylord. Ihr seid auch nicht besser als diese englischen Piraten, die glauben, daß ihnen die ganze Welt gehört.«
    Er wandte sich um und starrte das düstere Gemäuer an. »Widerwärtig. Mich friert schon beim Anblick. Kein Fenster, keine Türen, keine Teppiche, keine Wandbehänge, keine Musikanten… dafür gewiß allerlei lästiges Ungeziefer.«
    »Was Türen und Fenster angeht«, sagte Sir Bryont, »so wollte ich vor Jahren einmal diese Ruine ein wenig herrichten lassen. Dort drüben«, er wies in die Richtung, »steht ein Wellblechcontainer. Darin gibt’s vorgefertigte Tür- und Fenster-Elemente. Da gibt’s auch Mörtel und Werkzeug. Ihr könnt Eurem Diener dabei helfen, die Elemente einzubauen. Diverse Vorarbeiten wurden schon geleistet. Ihr werdet sehen, es ist ganz einfach.«
    »Ich? Helfen? Meinem Diener? Seid Ihr irre, Sir?« entfuhr es Cristofero.
    »Ihr könnt es natürlich auch lassen. Aber ich denke, allein wird er bis zum Einbruch der Dämmerung nicht fertig. Zu zweit könnt Ihr immerhin drei oder vier Fenster in die vorbereiteten Rahmen gesetzt und auch die Tür installiert haben. Dann verfliegt die Wärme nicht nach draußen, die Euch das Heizgerät liefert, das William gerade auslädt. Er wird Euch zeigen, wie es in Betrieb genommen wird. Es funktioniert mit einer Gasflasche, die hin und wieder erneuert wird. Ihr werdet damit ein paar Tage auskommen.«
    Cristofero war dunkelrot angelaufen. »Ihr - Ihr erwartet wirklich von mir…?«
    »Nach allem, was Ihr persönlich meinen Nerven und Euer Zaubergenie meinem Whisky angetan habt, Don, halte ich diese Umquartierung für nicht mehr als recht und billig. Vielleicht beschleunigt das die Experimente zur Rückkehr in Eure Zeit ein wenig. Ach - Ihr könnt Eurem Diener natürlich auch befehlen, die notwendigen Arbeiten per Magie zu erledigen. Das geht schneller. Überhaupt solltet Ihr bald beginnen, sonst wird es früher dunkel, als Euch lieb ist.«
    Cristofero knirschte mit den Zähnen.
    »Ihr seid Zamorras Freund«, grollte er. »Doch eines sage ich Euch, Sir: Sollten mir in diesem elenden Loch die Zehen abfrieren oder mich auch nur eine einzige Laus beißen, werde ich von Euch Genugtuung verlangen. Und seid gewiß, daß ich Euch in so handlich kleine Stücklein schneiden werde, daß Ihr eher durch ein Nadelöhr paßt als das sprichwörtlich biblische Kamel!«
    Sir Bryont zuckte mit den Schultern und zog sich in den geräumigen Fond des Rolls-Royce zurück. Er war nicht gewillt, noch länger als nötig mit dem Mann aus der Vergangenheit zu diskutieren.
    Er war froh, daß er künftig Ruhe vor den beiden haben würde. Die eineinhalb Meilen zwischen den beiden Burgen würden des Gnomen Zauberkräfte ja wohl nicht überbrücken.
    ***
    Der geflügelte Tod kam. Die Teufel kamen in großen Schwärmen