0499 - Garingas Fluch
die mächtigen Kronen der Bäume aus.
Links lag das Gelände offen. Dort befand sich auch mein Ziel. Ich mußte nur bin Stück in das Feld hineinschreiten, um es zu erreichen. Schon jetzt sah ich die Umrisse. Sie wirkten kompakt, noch schälten sich keine Einzelheiten hervor. Hinter dem Ziel sah die Luft aus, wie mit einem dünnen Nebel gefüllt.
Kaum ein Geräusch begleitete mich. Da es windstill war, hörte ich nur meine eigenen Schritte.
Der Weg knickte ab. Auf ihm verlor sich der Kies. Ich schritt über einen normalen Boden.
Das Gras wuchs kniehoch. Aus diesem Dschungel vernahm ich das Summen zahlreicher Insekten.
Glühwürmchen durchstreiften die Luft, als wollten sie mir durch ihr Leuchten Grüße bestellen.
Mein Ziel sah ich jetzt besser. Zwar lag es noch immer dunkel vor mir, mittlerweile konnte ich erkennen, daß es sich dabei um bin Gebäude handelte.
Darum ging es mir auch.
Es war eine alte Kirche.
Die Templer-Kirche von Garway!
Garway liegt in der Provinz Herefordshire, südwestlich von Birmingham und an der Grenze zu Wales. Ein kleines, verschlafenes Nest, vergessen von der übrigen Welt, aber nicht von mir, denn mir ging es um die Kirche.
Eine alte Templer-Kirche, wie ich sie auch von Soho her kannte und wo ich manch hartes Abenteuer erlebt hatte. Die Kirche von Garway war mir neu, aber sie mußte bin Geheimnis in sich bergen, das unmittelbar mit mir zu tun hatte.
Man hatte mich geschickt. Nicht mündlich, sondern schriftlich. Der Brief hatte mich aus Alet-les-Bains erreicht, aus Südfrankreich also, und war von meinem Freund, dem Abbé Bloch, geschrieben worden. Sehr viel Inhalt oder Information hatte er nicht enthalten, aber das Wenige war brisant gewesen. Der Abbé hatte davon berichtet, daß die Zeit reif war, um den Gral zu erwecken.
Der Dunkle Gral also!
Noch immer gehörte er zu den großen Geheimnissen dieser Welt. Geschichten und Legenden rankten sich um ihn. Niemand wußte so recht, ob er überhaupt existierte. Zahlreiche Personen waren hinter ihm her, unter anderem auch ich. Er hatte in der Templer-Mystik eine große Rolle gespielt.
Ob er aber mit dem Gral eines Wolfram von Eschenbach identisch war, mußte ich dahingestellt sein lassen.
Vorerst jedenfalls.
Ich hätte gern mehr Informationen gehabt, aber der Abbé war nicht bereit gewesen, sie mir zu geben. Nur eine Spur besaß ich, sie führte zu dieser Templer-Kirche, die jetzt vor mir lag.
Zum Glück war es noch nicht so dunkel. Ich konnte die Kirche gut erkennen.
Sie bestand praktisch aus zwei Bauten. Rechts stand der Turm. Sehr breit gebaut, auch nicht so hoch wie ein normaler Kirchturm. Dafür wuchtig, fast wie eine Festung aussehend. Er konnte seine romanische Bauweise wahrlich nicht verleugnen. Schießscharten waren zu erkennen.
Der zweite Teil der Kirche bestand aus einem breiten Bauwerk. Es bildete zum Turm hin einen schrägen Winkel. Beide Bauten waren durch ein niedriges Zwischenstück miteinander verbunden.
Man konnte sicherlich vom Turm aus in den anderen Teil gehen.
Die schrägwinklige Bauweise ließ vom Ansatz oder Versuch her auf einen Rundbau schließen, und da hatte ich wieder die Parallele zu der Templer-Kirche in Soho. Sie war als Rundbau angelegt worden.
Der Weg mündete in das Gelände hinein. Kurz danach stand ich schon vor einer alten Mauer, die den Kirchhof umgab. Sie bestand aus Bruchsteinen, die allesamt schief aufeinander lagen, so daß die Mauer wirkte, als würde sie jeden Moment einstürzen.
An ihrer Außenseite rankten Klettergewächse in die Höhe. Sie bildeten einen dichten Busch, ideal für Vögel, um ihre Nester zu bauen. Ich wunderte mich darüber, daß ich noch ein altes, verrostetes Eingangstor entdeckte. Es bestand aus einem normalen Gitter und einem halbkreisförmigen Gebilde, das dem anderen gegenüberstand. Zwischen beiden war genügend Platz, damit sich ein Mensch hindurchschieben konnte.
Ich blieb vor dem Eingang stehen. Manchmal ist es gut, wenn man sich von einer gewissen Atmosphäre überzeugt. Und diese alte Kirche inmitten der Landschaft besaß eine Atmosphäre. Sie kam mir düster vor, ähnlich wie ein Tuch, das ein großes Geheimnis verdeckte.
Menschen sah ich nicht. Ich entdeckte auch keinerlei Spuren, die auf Besucher oder Neugierige hingedeutet hätten. Ich war der einzige Mensch in dieser anbrechenden Nacht.
Meine Füße knickten das hohe Gras, als ich mich durch den Eingang schob und das Gelände der Templer-Kirche betrat.
Ein unebener Boden breitete sich vor
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