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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Artikel über kleine Verbrechen und schließlich Sensationsberichte über Morde.
    »Das ist doch nichts für ein junges Mädchen«, hatte ihre Mutter naserümpfend gesagt. Nein, in der Tat nicht.
    »Barbie? Kind?«
    Ihre Tür war angelehnt. Barbara hörte das Kratzen der Fingernägel ihrer Mutter am Holz. Sie wußte, wenn sie jetzt mucksmäuschenstill blieb, bestand eine Chance, daß ihre Mutter wieder gehen würde. Aber das schien ihr nach dem, was sie an diesem Tag durchgemacht hatte, unnötig grausam zu sein. Darum sagte sie: »Ich bin noch wach, Mama. Ich bin noch nicht im Bett.«
    Die Tür wurde aufgestoßen. Im Licht des Flurs erschien dünn und ausgemergelt Doris Havers. Ihr Nachthemd war zu kurz, ihr Morgenrock war verdreht.
    »Heut war ich wohl schlimm, Barbie?« sagte sie. »Mrs. Gustafson wollte doch eigentlich hier schlafen. Ich weiß, daß du das heute morgen gesagt hast. Du bist nach Cambridge gefahren. Wenn du jetzt wieder da bist, muß ich was Schlimmes angestellt haben.«
    Barbara war froh um diesen Moment seltener Klarheit. Sie sagte: »Du warst ein bißchen verwirrt.«
    Ihre Mutter blieb ein paar Schritte vor ihr stehen. Sie hatte es geschafft, allein ein Bad zu nehmen - Barbara hatte nur zweimal kurz nach ihr gesehen -, aber hinterher hatte sie sich mit Eau de Cologne übergossen.
    »Haben wir nicht bald Weihnachten, Kind?« fragte sie.
    »Es ist November, Mama. Die zweite Novemberwoche. Weihnachten ist nicht mehr allzu weit.«
    Ihre Mutter lächelte, offensichtlich erleichtert. »Dann hab ich doch recht gehabt. Um Weihnachten herum wird's immer kalt, nicht, und die letzten Tage war's ja wirklich kalt. Drum hab ich mir gedacht, daß Weihnachten vor der Tür steht.«
    »Und du hast recht gehabt«, sagte Barbara. Sie war todmüde. Sie konnte kaum die Augen offenhalten. Sie sagte: »Wollen wir jetzt nicht in unsere Betten kriechen, Mama?«
    »Morgen«, sagte ihre Mutter und nickte wie befriedigt über ihren Entschluß. »Wir erledigen das morgen, Schatz.«
    »Was denn?«
    »Den Wunschzettel. Du mußt dem Christkind doch schreiben, was du dir wünschst.«
    »Ich bin ein bißchen alt fürs Christkind. Und außerdem muß ich gleich morgen früh wieder nach Cambridge. Inspector Lynley ist noch dort, und ich kann ihn nicht einfach allein lassen. Aber das weißt du ja, nicht wahr? Wir haben einen Fall in Cambridge. Daran erinnerst du dich doch, Mama?«
    »Und wir müssen die Einladungen durchsehen und überlegen, wem wir was schenken. Wir haben morgen schrecklich viel zu tun.«
    Barbara faßte ihre Mutter bei den knochigen Schultern und führte sie aus dem Zimmer.
    »Am schwierigsten ist es, ein Geschenk für Daddy zu finden, nicht?« plapperte ihr Mutter weiter. »Mama ist kein Problem. Die freut sich immer über ihre Lieblingspralinen. Aber Dad - das ist wirklich schwierig. Weißt du schon was für Dad, Pearl?«
    »Nein, Mama«, antwortete Barbara. »Ich weiß nichts.«
    Sie gingen durch den Flur in das Zimmer ihrer Mutter, wo auf dem Nachttisch die kleine Nachtlampe in Form einer Ente brannte, die sie so gern hatte. Doris Havers plapperte weiter von Weihnachten, Partys und Geschenken, aber Barbara ging nicht mehr auf ihr Worte ein. Sie wurde immer deprimierter. Sie versuchte, sich damit zu trösten, daß dieser Tag, wenn schon nichts sonst, sie gelehrt hatte, daß sie ihre Mutter nicht über Nacht mit Mrs. Gustafson allein lassen konnte.
    »Vielleicht«, sagte Doris Havers, als Barbara die Bettdecke hochzog und rechts und links unter die Matratze schob, weniger um ihre Mutter warmzuhalten, als um sie möglichst im Bett festzuhalten, »vielleicht sollten wir Weihnachten einfach wegfahren und uns überhaupt keine Gedanken machen. Was meinst du dazu?«
    »Das ist eine gute Idee. Schau doch morgen mit Mrs. Gustafson zusammen gleich mal deine Prospekte durch.«
    Doris Havers' Gesicht zeigte Verwirrung. »Mrs. Gustafson?« sagte sie. »Barbie, wer ist denn das?«

14
    Es war zwanzig vor acht, als Lynley am nächsten Morgen Barbara Havers' Mini durch die Trinity Lane flitzen sah. Er war gerade auf dem Weg zu seinem Wagen, den er in der Trinity Passage abgestellt hatte, als die vertraute alte Rostlaube unter Ausstoß giftiger Abgaswolken ratternd um die Ecke bog. Barbara hupte einmal kurz, als sie ihn sah. Er hob grüßend die Hand und blieb stehen. Sobald sie neben ihm angehalten hatte, öffnete er die Tür auf der Beifahrerseite und kroch geschickt in das kleine Auto.
    Die Heizung des Mini kämpfte

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