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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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und zu Boden gefallen war.
    »Mama?« sagte sie. Sie machte die Nachttischlampe nicht an, da sie fürchtete, ihre Mutter dadurch nur zu erschrecken. Sie legte ihr leicht die Hand auf den Kopf. Ihr Haar war sehr trocken, aber es war weich wie Flaum. Ich könnte mit ihr zum Friseur gehen und ihr eine Dauerwelle machen lassen, dachte Barbara. Da würde sie sich bestimmt freuen. Wenn sie nicht mitten in der Behandlung plötzlich vergaß, wo sie war, und beim Anblick ihres Kopfes mit Lockenwicklern aus dem Frisiersalon zu flüchten versuchte.
    Doris Havers machte eine kleine Bewegung mit den Schultern, als wollte sie sich von einer Last befreien. »Pearl und ich haben heute den ganzen Nachmittag zusammen gespielt«, sagte sie. »Erst haben wir uns gestritten, weil sie unbedingt Puppen spielen wollte und ich lieber Flohhüpfer. Aber dann haben wir einfach beides gemacht.«
    Pearl war die ältere Schwester ihrer Mutter gewesen. Sie war als junges Mädchen gestorben, während des Krieges, jedoch nicht als Opfer eines Bombenangriffes.
    Unendliche Male hatte Barbara die Geschichte als Kind gehört. Du mußt alles vierzigmal kauen, hatte ihre Mutter immer gesagt, sonst verschluckst du dich und stirbst dran wie deine Tante Pearl.
    »Eigentlich hätte ich Hausaufgaben machen müssen, aber ich hab keine Lust gehabt«, fuhr Barbaras Mutter fort. »Ich wollte lieber spielen. Mama wird bestimmt schimpfen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wenn sie mich fragt.«
    Barbara neigte sich zu ihr hinunter. »Mama«, sagte sie. »Ich bin's, Barbara. Ich bin wieder da. Ich mache jetzt Licht. Also erschrick nicht.«
    »Aber die Verdunkelung. Wir müssen vorsichtig sein. Hast du die Vorhänge zugezogen?«
    »Keine Sorge, Mama.« Sie knipste die Lampe an und setzte sich neben ihre Mutter auf das Bett. Sie legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte leicht. »Gut so, Mama?«
    Doris Havers' Blick wanderte vom Fenster zu Barbara. Sie kniff die wäßrigen blauen Augen zusammen. Barbara hob die Brille auf, putzte einen Fettfleck vom Glas und setzte ihrer Mutter die Brille wieder auf.
    »Sie hat eine Schlange«, sagte Doris Havers. »Barbie, ich hab Angst vor Schlangen, und sie hat eine mitgebracht. Sie holt sie raus und hält sie mir hin, und dann sagte sie mir, was ich tun soll. Sie hat gesagt, Schlangen kriechen an einem hoch. Und sie kriechen in einen rein. Aber die ist so riesengroß. Wenn die in mich 'reinkriecht, dann...«
    Barbara nahm ihre Mutter in den Arm. »Das ist keine Schlange, Mama. Das ist der Schlauch vom Staubsauger. Sie will dir angst machen. Aber weißt du, das würde sie nicht tun, wenn du ein bißchen besser auf sie hören würdest. Dann würde sie so was nicht machen. Kannst du nicht versuchen, dich nach ihr zu richten?«
    Doris Havers' Gesicht umwölkte sich. »Der Schlauch vom Staubsauger? Nein, Barbie, das war eine Schlange.«
    »Aber woher soll Mrs. Gustafson denn eine Schlange haben?«
    »Das weiß ich auch nicht, Kind. Aber sie hat eine. Ich hab sie selbst gesehen. Sie hält sie in der Hand und wedelt damit rum.«
    »Es ist der Schlauch vom Staubsauger, Mama. Komm, gehen wir zusammen runter und sehen uns das mal an.«
    »Nein!« Barbara fühlte, wie ihre Mutter erstarrte. Ihre Stimme wurde schrill. »Ich hab Angst vor Schlangen, Barbie.«
    »Ist ja gut, Mama. Ist schon gut.«
    Sie sah ein, daß mit Vernunft nichts zu erreichen war. Darum sagte sie gar nichts. Sie zog ihre Mutter nur näher an sich und dachte mit Sehnsucht und Trauer an die kleine Wohnung in Chalk Farm, wo sie unter der Akazie gestanden und einen Moment von Hoffnung und Unabhängigkeit geträumt hatte.
    »Kind? Bist du noch auf?«
    Barbara wandte sich vom Fenster ab. Das Mondlicht fiel auf ihr Bett und die alte Kommode mit den Klauenfüßen. Der Ankleidespiegel an der Tür des Einbauschranks reflektierte das Licht und warf es weiß an die gegenüberliegende Wand. Dort hatte sie mit dreizehn ein Korkbrett aufgehängt. Für alle Andenken ihrer Jungmädchenzeit: Theaterprogramme, Einladungen zu Partys, Kinokarten, Erinnerungen an Schulfeste, vielleicht auch ein paar getrocknete Blumen. Nach drei Jahren hing noch immer nicht ein Stück daran, und ihr war langsam klar geworden, daß niemals etwas seinen Weg dorthin finden würde, wenn sie nicht aufhörte, sich Illusionen zu machen. Also fing sie an, Zeitungsartikel auszuschneiden und an das Brett zu pinnen; zuerst mehr oder weniger rührselige Geschichten über Kinder und Tiere, dann faszinierende

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