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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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er so etwas nicht noch einmal erleben wollte. Er hat unheimlich lange gebraucht, um den Schmerz zu verwinden und Frauen wieder zu vertrauen.«
    »Hat er Sie gebeten, mit uns zu sprechen?« fragte Lynley.
    Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Sie glauben mir wohl nicht? Sie denken, ich hätte mir das alles ausgedacht.« »Durchaus nicht. Ich würde nur gern wissen, ob und wann er Sie gebeten hat, mit uns zu sprechen.«
    »Er hat mich nicht gebeten, mit Ihnen zu sprechen. Das würde er nie tun. Er hat mir nur heute morgen erzählt, daß Sie bei ihm waren und einen Teil seiner Kleider mitgenommen haben und allen Ernstes zu glauben scheinen...« Ihre Stimme schwankte plötzlich, und sie griff zu ihrer Teetasse und trank. Dann sagte sie, die Tasse auf der offenen Hand haltend, »Lenny hat mit Elena nichts zu tun gehabt. Er liebt mich.«
    Barbara hüstelte. Catherine warf ihr einen scharfen Blick zu.
    »Ich weiß schon, was Sie denken. Daß ich für ihn nichts weiter bin als eine dumme Gans, die leicht ins Bett zu kriegen war. Aber so ist es nicht. Wir wollen heiraten.«
    »Ah ja.«
    »Sobald ich mein Studium abgeschlossen habe.«
    Lynley fragte: »Wann ist Mr. Thorsson am Montag morgen bei Ihnen weggegangen?«
    »Um dreiviertel sieben.«
    »Von Ihrem Zimmer im St. Stephen's?«
    »Ich wohne nicht im College. Ich habe mit drei Freundinnen zusammen ein kleines Haus in der Nähe der Mill Road. In Richtung Ramsey Town.«
    Und nicht, dachte Lynley, in Richtung Crusoe's Island.
    Catherine stand auf. »Lenny hat mir gleich gesagt, daß Sie mir nicht glauben würden.« Sie setzte ihre Mütze auf und legte den Schal um. »Und jetzt sehe ich es, ja. Er ist ein wunderbarer Mensch. Er ist zärtlich. Er ist klug und liebevoll und hat schon viel durchgemacht, weil er zu gefühlvoll ist. Er hat Elena Weaver helfen wollen, aber sie hat es falsch aufgefaßt. Und als er dann nicht mit ihr schlafen wollte, ist sie mit ihrer gemeinen Lüge zu Dr. Cuff gelaufen... Wenn Sie die Wahrheit nicht erkennen können...«
    »War er gestern nacht mit Ihnen zusammen?« fragte Barbara.
    Catherine richtete sich auf, zögerte. »Wie?«
    »Hat er die Nacht wieder mit Ihnen verbracht?«
    »Ich - nein. Er mußte an einem Vortrag arbeiten. Und an einem Artikel.« Ihre Stimme wurde ruhiger und sicherer. »Er arbeitet an einer Abhandlung über Shakespeares Tragödien, über die tragischen Helden. Sie sind Opfer ihrer Zeit, behauptet er. Nicht ihre eigenen tragischen Mängel sind ihnen zum Verhängnis geworden, sondern die gesellschaftlichen Bedingungen. Es ist eine absolut radikale Auffassung, genial. Er hat gestern abend daran geschrieben und -«
    »Wo?« wiederholte Barbara.
    »Er war zu Hause.«
    »Er hat Ihnen gesagt, er sei die ganze Nacht zu Hause gewesen?«
    Sie drückte die Handschuhe zusammen, die sie in den Händen hielt. »Ja.«
    »Es kann nicht sein, daß er irgendwann weggegangen ist? Vielleicht, um jemanden zu besuchen?«
    »Um jemanden zu besuchen? Wen denn? Ich war auf einer Versammlung. Ich bin ziemlich spät nach Hause gekommen. Er war nicht da gewesen und hatte auch nicht angerufen. Als ich bei ihm anrief, hat er sich nicht gemeldet, aber ich nahm einfach an - ich bin die einzige. Die einzige...« Sie senkte den Blick und zog hastig ihre Handschuhe über. »Ich bin die einzige...« Sie wandte sich zur Tür, drehte sich noch einmal um, als wollte sie etwas sagen, dann ging sie hinaus. Die Tür blieb hinter ihr offen. Ein Windstoß fuhr herein. Er war kalt und feucht.
    Barbara ergriff ihre Teetasse und hob sie, als wollte sie dem Mädchen nachträglich zuprosten. »Ein toller Bursche, unser Lenny.«
    »Er ist nicht der Mörder«, sagte Lynley.
    »Nein. Das ist er nicht. Jedenfalls nicht Elenas Mörder.«

18
    Penelope öffnete Lynley, als er abends um halb acht an dem Haus in Bulstrode Gardens läutete. Sie hatte den Säugling auf dem Arm und war immer noch in Morgenrock und Hausschuhen. Aber ihr Haar war frisch gewaschen und fiel ihr in seidigen Locken auf die Schultern. Ein leichter blumiger Duft umgab sie.
    »Hallo, Tommy«, sagte sie und führte ihn ins Wohnzimmer, wo auf dem Sofa neben einer Spielzeugpistole und einem Berg Wäsche, der größtenteils aus Schlafanzügen und Windeln zu bestehen schien, mehrere aufgeschlagene Bücher lagen.
    »Du hast gestern abend mein Interesse an Whistler und Ruskin geweckt«, sagte Penelope mit einem Blick auf die Bücher. »Ich habe den Disput zwischen den beiden noch einmal nachgelesen. Whistler war

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