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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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eine echte Kämpfernatur. Ganz gleich, was man von seinem Werk hält - und es war ja schon zu seiner Zeit umstritten genug -, man muß ihn bewundern, ob man will oder nicht.«
    Sie ging zum Sofa, drückte den Wäschehaufen zu einem Nest zurecht und legte das Baby hinein, das vergnügt krähend mit Armen und Beinen strampelte. Sie zog eines der Bücher aus dem Stapel und sagte: »Hier ist ein Teil des Protokolls abgedruckt. Er hat tatsächlich gewagt, einen der einflußreichsten Kunstkritiker seiner Zeit wegen Verleumdung zu verklagen. Ich wüßte heute niemanden, der die Courage besäße, so etwas zu tun. Hör dir diese Beurteilung Ruskins an.« Sie nahm das Buch und fuhr mit dem Finger die Seite hinunter. »Ah, da ist es schon. ›Ich habe gegen Kritik nicht nur etwas einzuwenden, wenn sie feindselig ist, sondern auch wenn sie inkompetent ist. Ich behaupte, daß nur ein Künstler ein kompetenter Kritiker sein kann.‹« Sie lachte und strich sich mit einer raschen Bewegung das Haar aus dem Gesicht. Es war eine Geste, die ihn sehr an Helen erinnerte. »Und so etwas sagt dieser Bursche über John Ruskin. Er hatte wirklich überhaupt keinen Respekt.«
    »Und stimmt es denn, was er sagt?«
    »Ich denke, das trifft auf alle Kritik zu, Tommy. Bei einem Gemälde gründet ein Künstler seine Beurteilung eines Werks auf ein Wissen, das sich aus Bildung und Erfahrung zusammensetzt. Die Beurteilung des Kritikers fußt auf einem historischen Kontext - wie hat man es früher gemacht - und auf der Theorie - wie sollte es heute gemacht werden. Das ist alles gut und schön: Theorie, Technik und geschichtlicher Hintergrund. Aber im Grunde muß man doch Künstler sein, um einen anderen Künstler und sein Werk wahrhaftig zu verstehen.«
    Lynley trat zu ihr ans Sofa. Eines der Bücher war bei einem Gemälde Whistlers mit dem Titel Nocturno in Schwarz und Gold aufgeschlagen. »Ich kenne kaum etwas von ihm«, sagte er. »Eigentlich nur das Bildnis seiner Mutter.«
    Sie schnitt ein Gesicht. »Ich kann nicht behaupten, daß das zu meinen Lieblingsbildern gehört, obwohl es eine hervorragende Farbstudie ist. Aber schau dir seine Flußbilder an. Sie sind großartig, findest du nicht? Diese Kühnheit, die Dunkelheit zu malen, im Schatten Substanz zu sehen.«
    »Oder im Nebel?« meinte Lynley.
    Penelope sah von ihrem Buch auf. »Wie meinst du das?« »Ich spreche von Sarah Gordon«, erklärte er. »Sie wollte den Nebel malen, als sie am Montag morgen Elena Weaver fand. Und dieser Punkt irritiert mich, wenn ich versuche, ihre Rolle bei den Ereignissen zu beurteilen. Wäre so ein Versuch, den Nebel zu malen, mit Whistlers Versuchen, die Dunkelheit zu malen, vergleichbar?«
    »Ich denke schon.«
    »Aber das wäre - wie bei Whistler - ein völlig neuer Stil.«
    »Na und? Stiländerungen sind bei Künstlern nichts Ungewöhnliches. Schau dir Picasso an. Blaue Periode. Kubismus. Immer suchte er das Neue.«
    »Und was treibt den Künstler deiner Ansicht nach dazu?«
    Sie zog ein anderes Buch heraus. Es war bei Nocturno in Blau und Silber aufgeschlagen, Whistlers Darstellung der nächtlichen Themse und der Battersea Brücke. »Das kann alles mögliche sein. Die Herausforderung, der Wille zur Weiterentwicklung, Langeweile, der Reiz des Neuen, eine flüchtige Idee, die zum tiefen Engagement wird. Maler ändern ihren Stil aus den unterschiedlichsten Gründen, vermute ich.«
    »Und Whistler?«
    »Ich denke, er hat gesehen, wo andere nicht gesehen haben.« Sie blätterte in ihrem Buch.
    Draußen fuhr ein Wagen vor. Eine Tür wurde geöffnet und zugeschlagen. Sie hob den Kopf.
    »Und wie ist es Whistler ergangen?« fragte Lynley. »Hat er seinen Prozeß gegen Ruskin gewonnen? Ich kann mich nicht mehr erinnern.«
    Ihr Blick ruhte auf den geschlossenen Vorhängen. Er wanderte in Richtung Eingangstür, als sich draußen, im Kies knirschend, Schritte näherten.
    Sie sagte: »Er hat gewonnen und verloren. Das Gericht hat ihm eine lächerliche Entschädigung zugesprochen, aber er mußte die Gerichtskosten tragen und war am Ende blank.«
    »Und dann?«
    »Dann ist er eine Weile nach Venedig gegangen, hat nichts gemalt und versucht, sich durch ein äußerst zügelloses Leben selbst zu zerstören. Danach ist er nach London zurückgekehrt und hat dort die Selbstzerstörung weiterbetrieben.«
    »Aber gelungen ist sie ihm nicht?«
    »Nein.« Sie lächelte. »Statt dessen hat er sich verliebt. In eine Frau, die sich auch in ihn verliebte. Und darüber vergißt man im

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