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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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schrie sie und schüttelte seinen Arm. »Sie kommt nie wieder durch diese Tür. Sie ist tot. Tot! Und du hättest es verhindern können.«
    »Wenn sie ein Kind gehabt hätte, dann hätte sie vielleicht verstanden, was es für mich bedeutete, Elena hier zu haben.
    Dann hätte sie vielleicht verstanden, warum ich nicht einmal daran denken konnte, etwas zu tun, das sie womöglich wieder von mir fortgetrieben hätte. Ich hatte sie doch schon einmal verloren. Wir hätte ich diese Qual ein zweites Mal ertragen können? Wie konnte sie so etwas von mir erwarten?«
    Glyn erkannte, daß er im Grunde gar nicht mit ihr sprach, gar nicht auf sie reagierte. Er verfolgte nur seine eigenen Gedankengänge. Er sprach mit sich selbst. Hinter einer Wand, die ihn vor der schlimmsten Wahrheit schützte, schrie er in einen Tunnel, aber das Echo schickte ganz andere Worte zurück. Plötzlich packte sie der gleiche Zorn gegen ihn wie in den schlimmsten Zeiten ihrer Ehe, als sie seiner blinden Jagd nach Ansehen und Karriere auf ihre Weise begegnet war und täglich darauf gewartet hatte, daß ihm auffallen würde, wie spät sie nachts nach Hause kam, daß er Verdacht schöpfen würde; daß er es endlich ansprechen und ihr ein Zeichen geben würde, daß ihm etwas an ihr und ihrer Ehe lag.
    »Dir geht's wieder mal nur um dich, stimmt's?« sagte sie. »So war es immer. Selbst Elena wolltest du nur aus Egoismus hier in Cambridge haben, nicht, um etwas für sie zu tun. Dir lag gar nichts daran, ihr eine gute Ausbildung zu geben. Du wolltest nur dein schlechtes Gewissen beruhigen und dir nichts mehr vorwerfen müssen.«
    »Ich wollte ihr alle Möglichkeiten geben. Ich wollte die Trennung zwischen uns überbrücken.«
    »Wie hättest du das tun können? Du hast sie doch nicht geliebt, Anthony. Du hast immer nur dich selbst geliebt. Dein Image, deinen Ruf, deine großartigen Leistungen. Du wolltest immer nur geliebt werden. Aber du hast sie nie geliebt. Und sogar jetzt kannst du noch dastehen und den Tod deiner Tochter betrachten und darüber sinnieren, wie du ihn verursacht hast, wie tief getroffen du bist und was das alles über dich sagt. Aber du bist nicht bereit, irgend etwas zu tun. Denn was würde das für ein Licht auf dich werfen!«
    Endlich sah er sie an. Die Ränder seiner Augen waren rot und wund. »Du weißt überhaupt nicht, was war. Du verstehst nichts.«
    »Ich verstehe sehr genau. Du beabsichtigst, die Toten zu begraben, deine Wunden zu lecken und weiterzumachen, als wäre nichts geschehen. Da bist noch genau derselbe Feigling wie vor fünfzehn Jahren. Da hast du dich mitten in der Nacht davongeschlichen und sie im Stich gelassen. Und jetzt tust du's wieder. Weil es das einfachste ist.«
    »Ich habe sie nicht im Stich gelassen«, sagte er. »Diesmal habe ich zu ihr gestanden, Glyn. Darum ist sie gestorben.«
    »Für dich? Deinetwegen?«
    »Ja. Meinetwegen.«
    »Natürlich. Du bist der Nabel der Welt.«

21
    Lynley lenkte den Bentley in eine Parklücke an der Südwestecke der Polizeidienststelle Cambridge, schaltete den Motor aus und blieb reglos sitzen. Er fühlte sich wie ausgehöhlt. Barbara, die neben ihm saß, begann unruhig zu werden. Sie blätterte in ihrem Heft. Er wußte, sie las, was sie soeben bei dem Gespräch mit Rosalyn Simpson aufgeschrieben hatte.
    »Es war eine Frau«, hatte das junge Mädchen gesagt.
    Sie hatte ihnen den Weg gezeigt, den sie am Montag früh gelaufen war. Sie gingen durch den dichten, weißlich grauen Nebel in der Laundress Lane, wo aus der offenen Tür des Instituts für Asienstudien fahles Licht fiel. Irgend jemand schlug die Tür zu, und sofort wurde der Nebel undurchdringlich. Die Welt schien auf die fünf Quadratmeter ihres Blickfelds begrenzt.
    »Laufen Sie jeden Morgen?« fragte Lynley das Mädchen, als sie die Mill Lane überquerten und um die Eisenpfosten herumgingen, die den Verkehr von der Fußgängerbrücke abhielten. Die Anlagen des Laundress Green zu ihrer Rechten lagen in dichtem Nebel. Jenseits, am anderen Ufer des Teichs, blinkte schwach ein Licht.
    »Fast jeden Morgen«, antwortete sie.
    »Immer um die gleiche Zeit?«
    »Möglichst um Viertel nach sechs. Manchmal ein bißchen später.«
    »Und am Montag?«
    »Montags habe ich immer ein bißchen Mühe mit dem Aufstehen. Es war vielleicht fünf vor halb sieben, als ich am Montag losgelaufen bin.«
    »Und auf der Insel waren Sie...«
    »Nicht später als halb sieben.«
    »Sie sind sicher? Es kann nicht später gewesen sein?«
    »Ich war

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