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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Lynleys Arm.
    Über sich hörten sie Christian, der auf seinem Steckenpferd durch den Korridor galoppierte und »Mami!« schrie.
    »Du hast ihr Arbeit mitgebracht, wie ich sehe«, sagte Rodger höflich und kühl.
    »Ich möchte, daß sie sich dieses Bild ansieht, Harry. Ich brauche ihr Expertenurteil.«
    Rodger lächelte flüchtig und sagte: »Entschuldige mich bitte.« Dann ging er in die Küche und schloß die Tür hinter sich.
    Einen Augenblick später galoppierte Christian seiner Mutter und seiner Tante voraus ins Wohnzimmer. Irgendwo unterwegs hatte er eine Spielzeugpistole gefunden, die er jetzt auf Lynley richtete. »Ich schieß dich gleich tot«, rief er.
    »So was solltest du zu einem Polizeibeamten lieber nicht sagen, Chris«, meinte Helen und drückte ihn an sich.
    Er lachte und rief: »Peng-peng, ich schieß dich tot, Mister.« Dann rannte er zum Sofa und schlug mit seiner Pistole auf die Polster ein.
    »Na, er hat auf jeden Fall eine große Zukunft in der Unterwelt«, bemerkte Lynley.
    Penelope hob hilflos die Hände. »Er braucht seinen Mittagsschlaf. Wenn er müde wird, dreht er immer durch.«
    »Peng, peng!« brüllte Christian und warf sich auf den Boden, um in Richtung zum Flur zu robben.
    Penelope sah ihm kopfschüttelnd zu. »Ich habe mir schon überlegt, ob ich ihn nicht bis zu seinem achtzehnten Geburtstag einmotten soll, aber dann gäbe es hier gar nichts mehr zu lachen.« Während Christian eine Attacke auf die Treppe startete, sagte sie mit einer Kopfbewegung zu der Leinwand: »Was hast du da mitgebracht?«
    Lynley rollte das Gemälde aus, ließ ihr Zeit, es aus angemessener Entfernung zu studieren und sagte dann: »Was kannst du damit machen?«
    »Machen?«
    »Du denkst doch nicht an eine Restaurierung, Tommy«, sagte Helen zweifelnd.
    Penelope blickte von dem Gemälde auf. »Moment mal, das kann doch nur ein Scherz sein.«
    »Wieso?«
    »Tommy, es ist total hinüber.«
    »Ich will es ja nicht restauriert haben. Ich möchte nur wissen, was sich unter dem Geschmier befindet.«
    »Woher willst du wissen, daß überhaupt etwas darunter ist?«
    »Schau's dir genauer an. Es muß etwas darunter sein. Man kann es sehen. Außerdem ist es die einzige Erklärung.«
    Penelope stellte keine Fragen mehr. Sie ging durch das Zimmer, um sich das Gemälde aus der Nähe anzusehen und berührte mit den Fingern leicht die Oberfläche der Leinwand. »Es würde Wochen brauchen, das zu entfernen«, sagte sie. »Du hast keine Ahnung, was da an Arbeit dazugehört. Das wird Zentimeter um Zentimeter gemacht, eine Schicht nach der anderen. Man kippt nicht einfach eine Flasche Terpentin darüber und wischt die Farben weg wie den Schmutz von einer Fensterscheibe.«
    »Ach, verdammt«, murmelte Lynley.
    »Peng, peng!« schrie Christian aus seinem Hinterhalt unter der Treppe.
    »Aber warte mal...« Penelope legte den Zeigefinger an den Mund. »Komm, gehen wir in die Küche, da ist das Licht besser.«
    Rodger stand am Herd und sah die Post durch, Perdita lehnte an ihm, einen Arm um seinen Oberschenkel geschlungen. »Mami«, sagte sie schläfrig, und Rodger hob den Kopf von dem Brief, den er gerade las. Mit ausdrucklosem Gesichtsausdruck warf er einen Blick auf das Gemälde, das Penelope in den Händen hielt.
    Penelope sagte: »Wenn ihr mal schnell die Arbeitsplatte freimacht«, und wartete mit dem Gemälde in den Händen, während Lynley und Helen Geschirr und Töpfe, Bilderbücher und Besteck wegräumten. Dann legte sie die Leinwand nieder und betrachtete sie konzentriert.
    »Pen«, sagte Rodger.
    »Augenblick«, antwortete sie. Sie ging zu einer Schublade und holte ein Vergrößerungsglas heraus. Zärtlich fuhr sie ihrer kleinen Tochter durch das Haar, als sie an ihr vorüberkam.
    »Wo ist die Kleine?« fragte Rodger.
    Penelope beugte sich über das Gemälde und musterte unter dem Vergrößerungsglas zuerst die einzelnen Farbkleckse, dann die Schnitte in der Leinwand. »Ultraviolett«, sagte sie. »Vielleicht Infrarot.« Sie sah Lynley an. »Brauchst du das Gemälde selbst? Oder würde dir eine Fotografie reichen?«
    »Eine Fotografie?«
    »Pen, ich habe dich...«
    »Wir haben drei Möglichkeiten. Eine Röntgenaufnahme würde uns das gesamte Skelett des Gemäldes zeigen - alles, was auf die Leinwand gemalt worden ist, ganz gleich, wieviel Farbschichten. Mit ultraviolettem Licht würden wir feststellen können, was auf den Firnis aufgetragen worden ist - bei einer Übermalung zum Beispiel. Und eine Infrarotaufnahme würde

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