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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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die, daß alle Menschen gleich sind? Und gelangt nicht jeder König in jedem Drama an jenen Punkt, an dem seine Interessen sich mit denen der Menschheit im allgemeinen decken und nicht mehr mit denen des Königstums? ›Ich denke, der König ist nur ein Mensch, wie ich einer bin.‹ Wie -ich - einer - bin. Dies ist der Punkt, den wir zu untersuchen haben. Gleichheit. Der König und ich sind gleich. Wir sind nur Menschen. Es gibt keine annehmbare gesellschaftliche Hierarchie, weder hier noch sonstwo. Wir sind uns also einig, daß es Shakespeare, dem phantasiebegabten Künstler, möglich war, Gedanken aufzunehmen und sich mit ihnen zu beschäftigen, über die erst Jahrhunderte später gesprochen werden sollte, indem er sich in eine Zukunft dachte, die er nicht kannte. Und das ist der Grund dafür, daß seine Werke heute noch Gültigkeit haben - wir stehen heute erst am Anfang einer Auseinandersetzung mit seinen Gedanken.«
    Thorsson trat zum Pult, ergriff ein Heft und klappte es knallend zu. »Bis zur nächsten Woche. Heinrich IV. Guten Morgen.«
    Einen Moment lang rührte sich niemand. Papier knisterte. Ein Stift fiel zu Boden. Dann erwachten die Zuhörer, widerwillig, wie es schien, mit einem kollektiven Seufzer aus der Versunkenheit. Gespräche wurden laut, als die Leute zu den Türen drängten, während Thorsson seine Bücher in einem Beutel verstaute. Er legte seine schwarze Robe ab schob sie zusammengeknüllt zu den Büchern in den Beutel. Dabei sprach er kurz mit einer jungen Frau, die noch in der ersten Reihe saß, berührte einmal leicht und kurz mit einem Finger ihre Wange, lachte über eine Bemerkung von ihr und ging dann durch den Gang zur Tür.
    »Ah«, sagte Havers mit gesenkter Stimme. »Der Fürst der Finsternis persönlich.«
    Es war eine sehr passende Bemerkung. Thorsson schien eine Leidenschaft für die Farbe Schwarz zu haben. Pullover, Hose, Tweedjackett, Mantel und Schal - alles schwarz. Selbst seine Stiefel waren schwarz, spitz und mit hohen Absätzen. Wenn er es darauf anlegte, die Rolle des jugendlichen Rebellen zu spielen, hätte er kein besseres Kostüm wählen können. Aber so jung war er gar nicht mehr, bemerkte Lynley, als Thorsson sie erreichte und mit einem kurzen Nicken an ihnen vorüber wollte. Seine Augen waren von einem Netz feiner Fältchen umgeben, und in das volle Haar mischte sich das erste Grau. Mitte Dreißig, schätzte Lynley. Er und Thorsson waren im selben Alter.
    »Mr. Thorsson?« Er zeigte seinen Ausweis. »New Scotland Yard. Haben Sie einen Moment Zeit?«
    Thorsson blickte von Lynley zu Barbara Havers und wieder zu Lynley und sagte: »Es geht um Elena Weaver, nehme ich an.«
    »Richtig.«
    Er schwang seinen Beutel über die Schulter und fuhr sich seufzend durch das Haar. »Hier haben wir keine Ruhe zu einem Gespräch. Sind Sie mit dem Wagen hier?« Als Lynley nickte, sagte er: »Gut, dann fahren wir doch zum College.« Mit einer brüsken Bewegung drehte er sich herum und eilte zur Tür hinaus, wobei er schwungvoll seinen langen Schal über die Schulter warf.
    »Prima Abgang«, bemerkte Havers.
    »Scheint eine Spezialität von ihm zu sein.«
    Sie folgten Thorsson in den offenen Innenhof hinunter, von einem wohlmeinenden modernen Architekten geschaffen, der das dreiflügelige Fakultätsgebäude auf Stahlbetonsäulen rund um ein Rasenrechteck hatte erbauen lassen. Der über dem Boden schwebende Bau wirkte labil und bot keinen Schutz vor dem Wind, der in diesem Moment zwischen den Säulen hindurchpfiff.
    »Ich habe in einer Stunde ein Tutorium«, teilte Thorsson ihnen mit.
    Lynley lächelte freundlich. »Ich hoffe sehr, daß wir bis dahin fertig sind.« Er winkte Thorsson zu seinem Wagen, den er verbotswidrig am Nordosteingang zum Selwyn College geparkt hatte.
    »Oho«, sagte Thorsson, als er den Bentley sah, »in solchen Karossen kutschiert also die englische Polizei herum? Kein Wunder, daß das Land zum Teufel geht.«
    »Moment mal, mein Wagen schafft den Ausgleich«, mischte sich Barbara ein. »Nehmen Sie den Durchschnitt von einem zehn Jahre alten Mini und einem vier Jahre alten Bentley, und Sie kommen auf sieben Jahre Gleichheit, stimmt's?«
    Lynley lachte. Doch Thorsson verzog keine Miene. Lynley fuhr zur Grange Road hinauf, um in die Stadtmitte zurückzugelangen. Am Ende der Straße, während sie warteten, um nach rechts in die Madingley Road einbiegen zu können, kreuzte ein einsamer Radfahrer ihren Weg. Lynley erkannte ihn erst, als er schon vorbei war, Helens

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