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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dafür draufgingen. Sie hat nie was gesagt.«
    »Du meinst, du weißt nichts mit Sicherheit«, bemerkte Lynley. »Du weißt keine Tatsachen. Aber du hast mit ihr zusammengewohnt, Randie. Du hast sie weit besser gekannt, als du glaubst. Erzähl mir, was Elena so getrieben hat. Das sind reine Tatsachen, sonst nichts. Ich werde dann auf ihnen aufbauen.«
    Miranda zögerte lange, ehe sie sagte: »Sie ist abends oft allein ausgegangen.«
    »Und über Nacht weggeblieben?«
    »Nein. Das wäre gar nicht gegangen, weil sie sich seit Dezember beim Pförtner ab- und anmelden mußte. Aber sie ist immer sehr spät heimgekommen, wenn sie ausgegangen ist - ich meine, wenn's einer von diesen geheimnisvollen Ausgängen war. Da war sie immer noch weg, wenn ich zu Bett gegangen bin.«
    »Heimliche Ausgänge?«
    Miranda nickte. »Sie ist immer allein gegangen. Sie hat sich parfümiert. Sie hat nie Bücher mitgenommen. Ich hatte immer den Verdacht, daß sie sich mit jemandem trifft.«
    »Aber sie hat dir nie Näheres gesagt?«
    »Nein. Und ich wollte nicht neugierig sein. Ich hatte das Gefühl, sie wollte es geheimhalten.«
    »Dann wird es wohl kaum ein Kommilitone gewesen sein, hm?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Thorsson vielleicht?« Ihr Blick fiel auf den Kalender. »Was weißt du über seine Beziehung zu Elena? Da steckt doch was dahinter, Randie. Ich seh's dir am Gesicht an. Und er war am Donnerstag abend hier.«
    »Ich weiß nur...« Randie stockte, seufzte. »Ich weiß nur, was sie zu mir gesagt hat, Inspector. Nur gesagt.«
    »Ja, gut. Verstanden.«
    »Sie hat gesagt, er sei hinter ihr her«, erklärte Miranda. »Er habe schon im letzten Semester versucht, sich an sie ranzumachen, und dieses Semester sei es das gleiche. Sie fand es widerlich. Sie sagte, er sei schleimig. Und sie hat gesagt, sie würde ihn Dr. Cuff wegen sexueller Belästigung melden.«
    »Und hat sie das getan?«
    »Ich weiß nicht.« Miranda drehte einen Knopf an ihrer Jacke. »Ich weiß nicht, ob sie noch dazu gekommen ist.«
    Lennart Thorsson war noch in der Vorlesung im Gebäude, der englischen Fakultät in der Sidgewick Avenue, als Lynley und Havers ihn endlich aufstöberten. Daß sowohl sein Thema als auch die Art seines Vortrags sich unter den Studenten großer Beliebtheit erfreuten, bezeugte die Zahl der Hörer in dem großen Saal. Es waren mindestens hundert, größtenteils Frauen. Sie hingen förmlich an seinen Lippen.
    Er ging beim Sprechen auf dem Podium auf und ab. Er benutzte kein Manuskript. Wenn er überlegte, fuhr er sich mit der rechten Hand durch die rotblonde Mähne, die ihm lockig bis auf die Schultern fiel.
    »In den Königsdramen befassen wir uns also mit den Fragen, mit denen Shakespeare selbst sich so eingehend befaßt hat«, sagte Thorsson. »Monarchie. Macht. Hierarchie. Autorität. Herrschaft. Und bei unserer Untersuchung dieser Fragen können wir nicht umhin, auch die Frage des Status quo genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie weit schreibt Shakespeare aus einer Perspektive, die der Erhaltung des Status quo dient? Wie macht er das, wenn er es tut? Und wenn er ganz geschickt die Illusion aufbaut, er halte sich im Rahmen der sozialen Beschränkungen seiner Zeit, während er in Wirklichkeit hinterhältig für den Umsturz der gesellschaftlichen Ordnung wirbt, wie bewerkstelligt er das?«
    Thorsson machte eine Pause, um den eifrigen Mitschreibern Zeit zu geben, sich seins Gedanken zu notieren. Dann machte er eine rasche Kehrtwendung auf dem Absatz und begann wieder zu marschieren. »Unterziehen wir diese Position einer Untersuchung. Fragen wir, bis zu welchem Grad Shakespeare die existierenden gesellschaftlichen Hierarchien offen in Frage stellt. Von welchem Standpunkt aus er sie in Frage stellt. Bietet er alternative Werte - subversive Werte -, und wenn ja, was sind das für Werte? Oder -« Thorsson neigte sich mit erhobenem Zeigefinger seinen Zuhörern zu, und seine Stimme wurde noch eindringlicher - »tut Shakespeare vielleicht etwas noch Komplexeres? Stellt er vielleicht die Grundlagen dieses, seines Landes, nämlich Autorität, Macht und Hierarchie in Frage und rüttelt damit an den Prämissen, auf denen diese Gesellschaft insgesamt basiert? Entwirft er andere Lebensweisen, indem er argumentiert, daß der Mensch keinen Fortschritt macht und keine Veränderung bewirkt, wenn das Mögliche einzig durch die existierenden Verhältnisse definiert wird? Denn ist nicht Shakespeares wahre Grundvoraussetzung - in jedem seiner Stücke -

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