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05 - Denn bitter ist der Tod

05 - Denn bitter ist der Tod

Titel: 05 - Denn bitter ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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»Machen wir hier vielleicht den großen Quantensprung, Inspector, indem wir von A nach Z gehen, ohne die restlichen zweiundzwanzig Buchstaben zu berücksichtigen?«
    »Bei wem sonst soll sie gewesen sein?«
    »Kommt da nicht praktisch jeder am College in Frage? Oder noch besser - ist es nicht möglich, daß die Frau gar nicht Sarah Gordon war? Sondern eben nur jemand mit dunklem Haar. Es könnte auch Lennart Thorsson gewesen sein, wenn er nicht ins Licht getreten ist. Die Farbe stimmt zwar nicht, aber Haar hat er genug für zwei Frauen.«
    »Aber es war eindeutig jemand, der nicht gesehen werden wollte. Angenommen, es wäre tatsächlich Thorsson gewesen, weshalb hätte er sich verstecken sollen?«
    »Und warum hätte sie sich verstecken sollen?« Barbara wandte sich wieder ihrem Fisch zu. Sie spießte ein Stück auf, schob es in den Mund, schwenkte die Gabel in seine Richtung. »Okay, ich will nicht stur sein. Spielen wir's mal nach Ihrer Weise durch. Nehmen wir an, Anthony Weavers Arbeitsräume sind dort. Nehmen wir weiter an, Sarah Gordon wollte zu ihm. Sie hat uns erzählt, daß er ihr Schüler war. Wir wissen also, daß sie ihn kannte. Sie nannte ihn Tony, wahrscheinlich also kannte sie ihn ziemlich gut. Das hat sie ja auch selbst zugegeben. Also, was kommt dabei heraus? Sarah Gordon sucht ihren ehemaligen Schüler auf - einen Freund -, um ihm ihre Teilnahme über den Tod seiner Tochter auszudrücken.« Sie senkte die Gabel, legte sie auf den Tellerrand und lieferte gleich selbst das Gegenargument zu ihrer Theorie. »Nur wußte sie ja gar nicht, daß seine Tochter tot war. Sie hatte keine Ahnung, daß die Leiche, die sie gefunden hatte, die von Elena Weavers war. Das erfuhr sie erst heute morgen von uns.«
    »Und selbst wenn sie uns belogen haben sollte und sehr wohl wußte, wer die Tote war - warum hat sie Weavers nicht zu Hause aufgesucht, wenn sie ihm ihre Teilnahme aussprechen wollte?«
    »Also gut, ändern wir unsere Geschichte. Vielleicht hatten Sarah Gordon und Anthony - Tony - Weaver ein festes Verhältnis miteinander. Sie wissen ja, wie so was läuft. Beiderseitige Kunstleidenschaft führt zu beiderseitiger Leidenschaft weit fleischlicherer Art. Am Montag abend waren sie verabredet. Da haben Sie den Grund für die Heimlichkeit. Sie wußte nicht, daß die Tote, die sie gefunden hatte, Elena Weavers war, und erschien wie vereinbart zum Stelldichein. In Anbetracht der Umstände wird Weavers nicht daran gedacht haben, sie anzurufen und abzusagen. Sie kam also zu ihm - immer vorausgesetzt, das sind tatsächlich seine Räume dort -, und mußte feststellen, daß er nicht da war.«
    »Wenn sie wirklich verabredet gewesen wären, hätte sie dann nicht wenigstens ein paar Minuten gewartet? Hätte sie, wenn die beiden ein festes Verhältnis hatten, nicht den Schlüssel zu seinen Räumen gehabt?«
    »Woher wissen Sie, daß sie ihn nicht hat?«
    »Sie kam nach weniger als fünf Minuten wieder heraus, Sergeant. Ich würde sagen, sie war höchstens zwei Minuten im Haus. Legt das nahe, daß sie irgendwo eine Tür aufgesperrt und auf ihren Liebhaber gewartet hat? Im übrigen frage ich mich sowieso, wieso die beiden sich in seinen Arbeitsräumen treffen sollten. Er hat einen Doktoranden, der dort arbeitet. Das wissen wir von ihm. Außerdem ist er für einen hochangesehenen Posten vorgeschlagen, und ich kann mir nicht vorstellen, daß er es sich unter diesen Umständen erlauben würde, sich mit seiner heimlichen Geliebten im College zu treffen. Wenn der Nominierungsausschuß davon Wind bekäme, täte das seiner Kandidatur sicher nicht gut. Wenn die beiden wirklich ein Liebesverhältnis verbindet, warum hat Weaver sich dann nicht einfach in ihrem Haus in Grantchester mit ihr getroffen?«
    »Wovon reden wir hier eigentlich, Inspector?«
    Lynley schob seinen Teller zur Seite. »Wie häufig kommt es vor, daß der Entdecker der Leiche sich als der Mörder entpuppt, der seine Spuren verwischen wollte?«
    »Ungefähr so häufig, wie sich herausstellt, daß der Mörder ein Familienmitglied ist.« Barbara warf ihm einen scharfen Blick zu. »Wie war's, wenn Sie mir genau sagen würden, worauf Sie hinaus wollen. Die Nachbarn haben ihr nämlich ein klares Alibi gegeben, und ich krieg allmählich dieses ungute Westerbrae-Gefühl, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Er wußte es sehr wohl. Sie hatte guten Grund, an seiner Fähigkeit, objektiv zu bleiben, zu zweifeln. Er versuchte, seine Skepsis der Malerin gegenüber zu verteidigen.

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